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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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zurück.“
    Auch nachdem Joanna, Ian und Galad schon längst zwischen den Bäumen verschwunden waren, verharrte Jake noch auf der Stelle und blickte zum Waldrand. Er hatte immer gehofft, dass Joanna eines Tages einen Mann finden würde, den sie heiraten wollte. Doch jetzt, da es soweit war, stimmte ihn diese Tatsache traurig. Seine Schwester und er hatten seit der Kindheit eine sehr innige Beziehung zueinander, die sich nach dem Tod ihrer Eltern noch verstärkt hatte. Joanna hatte zu ihm aufgesehen, sich um ihn gesorgt und seinen Rat geschätzt. Aber jetzt war Ian der Mann an ihrer Seite. Ian besaß fraglos viele gute Eigenschaften, und er würde Joanna mit seinem Leben verteidigen, wenn es sein müsste, aber …
    Jake spürte einen Stich in seinem Herzen. Wenn seine Schwester nun Ian hatte, brauchte sie ihn überhaupt noch? Würde er weiter eine Rolle in ihrem Leben spielen, oder würde sie ihn vergessen? Jake trat gegen einen Stein, der vor seinen Füßen lag. Sein Verhältnis zu Ian war kompliziert, und vielleicht würde Ian Joanna sogar dahingehend beeinflussen, dass sie sich ganz von ihm abwandte. Jake ballte die Fäuste. Er hing mit einer zärtlichen Liebe an seiner kleinen Schwester, und wenn Ian meinte, sie ihm entfremden zu müssen, dann würde er seinen ganzen Zorn zu spüren bekommen!
    Jake drehte sich um und ging mit großen Schritten zur Burg zurück. Für die nächsten Wochen musste er den Gedanken an Joanna und Ian beiseiteschieben und sich auf die Angelegenheit mit dem Viscount of Adcoque konzentrieren. Der Viscount hasste ihn, seit er ihn vor Jahren bei einem Duell vor aller Augen besiegt hatte. Doch Jake wusste, dass hinter Adcoques Banketteinladung mehr steckte als persönliche Rachegelüste. Adcoque verfolgte ein weit größeres Ziel, und nun schien dem Viscount die Gelegenheit wohl günstig, es endlich zu erreichen. Vor dem Burgportal blieb Jake stehen und seine Hand fuhr über die mächtige Steinmauer. Niemals würde er zulassen, dass Adcoques Plan gelang – egal, welche Opfer er selbst dafür erbringen musste!
     

4
     
    Greystone, Juli
     
    „Ich wage kaum zu fragen, aber es interessiert mich doch: Was habt ihr beiden die ganze Zeit im Jagdhaus gemacht?“ Neugierig sah Jake seine Schwester an. Joanna, Galad und Ian waren am späten Nachmittag gemeinsam nach Greystone zurückgekehrt, und nun saßen sie zu viert in der großen Halle beim Abendessen.
    Joanna überging den süffisanten Unterton ihres Bruders. „Ian hat mir das Schwimmen beigebracht, wir haben mein Kampftraining fortgeführt, und er hat mich zur Jagd mitgenommen.“
    Ihr Bruder grinste. „Oh, dann hattet ihr eure Kleider auch manchmal an!“
    Joannas Wangen färbten sich rot. Natürlich hatte es gewisse Unterbrechungen gegeben, vor allem beim Schwimmunterricht. Ganz abgesehen von den Tagen, die sie ausschließlich im Bett verbracht hatten. Sie hätte nie gedacht, dass es so viele Varianten gab, wie ein Mann und eine Frau ihre Leidenschaft füreinander zum Ausdruck bringen konnten.
    Jake, der ihre Gedanken erraten haben musste, lachte laut. „Hauptsache, du bist nicht schwanger!“
    „Ich bin die Kräuterkundige der Burg, ich sollte wissen, wie ich es verhindern kann!“, erwiderte Joanna beleidigt, während Ian sich darauf beschränkte, Jake einen finsteren Blick wegen seiner indiskreten Fragen zuzuwerfen.
    „Wie weit bist du mit den Planungen für das kommende Ausbildungsjahr, Jake?“, fragte Galad und lenkte das Gespräch damit in eine andere Richtung. Es musste nicht bereits am Tag ihrer Rückkehr zu Verstimmungen zwischen Ian und Jake kommen. „Sind alle Anmeldungen eingegangen?“
    „Gestern kam die letzte.“ Jake reichte Galad ein Papier. „Das ist die Liste der zukünftigen Studenten.“
    Galad studierte das Blatt einen Moment, und auf seiner Stirn bildeten sich Falten. „Und diese fünfzehn jungen Männer willst du zusammen bewaffnet in eine Waffenhalle stecken, Jake?“, fragte er schließlich. „Joanna wird mit dem Versorgen von Wunden und dem Anlegen von Verbänden nicht nachkommen.“ Mit einem Kopfschütteln reichte er die Liste an Ian weiter.
    Ian nahm das Blatt, überflog die Namen und schob es ratlos zu Joanna hinüber. „Ich kenne keinen von ihnen“, bekannte er.
    „Es sind dieses Jahr außergewöhnlich viele Erstgeborene sowie Söhne aus dem Hochadel dabei“, erklärte Joanna ihm. Da Ian die ersten fünfundzwanzig Jahre seines Lebens abgeschottet in Darkwood verbracht hatte, verfügte er

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