Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
du auch nicht, Frijaþwæ, Liebe meines Lebens.“
Rudger küsste ihre Wange. Seine Zuversicht erfüllte sie mit einem ti e fen Frieden. Der Schmerz dämmerte in weiter Ferne durch ihren Körper. Sie war längst zu schwach, ihn zu fühlen. Eine Bewegung über Ru d gers Kopf lenkte ihren Blick zum Himmel.
„Sieh nur, sie können fli e gen.“
Wie nächtliche Vögel glitten zwei große Schatten über sie hinweg und schienen aus dem Schattenreich zu kommen, um sie zu h o len. Sie ve r suchte ihnen mit den Augen zu folgen, doch dazu fehlte ihr die Kraft. Ihre Lider schlossen sich wie von allein.
*
Mit gebleckten Fängen brüllte Rudger seinen Schmerz in die Nacht hinaus, als Leylas Kopf leblos zur Seite fiel. Ihre sonst so stra h lenden Augen hatten unnatürlich dunkel gewirkt. Nun waren ihre Lider geschlo s sen und zurück blieb ein dumpfer Schmerz in seiner Brust. Sie drohte, in seinen Armen zu sterben. Niemals würde er das zula s sen. Sie war es, die sein Dasein erfüllte. Wie sinnlos erschien ihm seine rastlose Jagd nach den Kostbarkeiten der Welt, hielt er doch den wahren Schatz gerade in seinen Armen. Ein Gefühl der Verzwei f lung überkam ihn.
Gleichzeitig zog der Zorn wie eine Feuerwalze durch seinen Kö r per. Er verfluchte sich dafür, nicht rechtzeitig bei ihr gewesen zu sein. Wer auch immer sie angeschossen hatte, er würde den Täter finden und in der Luft zerfetzen. Das längst vergessene Gefühl von hilfl o ser Panik drohte ihm den Verstand zu rauben. Er musste handeln. Ihr Herz schlug schwach unter seiner Hand wie ein kleines, flatterndes Vögelchen. Ihr Blut sickerte unau f hörlich durch seine Finger, dennoch erhöhte er den Druck auf ihre Wunde. Er hatte ihr vor sehr langer Zeit die Fähigkeit verliehen, ihre Wunden schnell heilen zu lassen. Doch die Kugel steckte tief und zu nahe an ihrem Herz. Er brauchte nur die Augen zu schließen, um das Ausmaß ihrer inneren Verletzungen zu sehen. Die Wunde konnte sich nicht schließen. Sie brauchte ärztliche Hilfe. Er richtete sich auf und blickte zum Himmel. Dabei drückte er den ze r brechlichen Körper seiner Geliebten fest an sich, während Wind in sein Gesicht peitsc h te.
Wie zwei übergroße Adler waren Bragi und Iduna über ihn hinweg geglitten. Die umli e genden Baumgipfel bogen sich unter ihren Flugwirbeln. Sein Schrei hatte sie innehalten lassen. Im Standschwebeflug verharrten sie unmittelbar über ihm und blickten ihn abwa r tend an.
Er verständigte sich stumm mit den beiden Gottvampiren, indem er seinen Geist öffn e te. Sie erwiderten seinen Blick.
„Wünschst du, dass wir sie mitnehmen in die heiligen Hallen?“
Sanft und mitfühlend trug der Wind die geistige Stimme der Göttin in seinen Verstand. Um ihn herum lehnten Baumgipfel mit raschelnden Blättern gegen den Dachsims und übertönten die Kampfgeräusche von unten. Nur lan g sam sickerte die Bedeutung ihrer Worte zu ihm durch. Er verstand die Ehre, die Iduna Leyla zuteil kommen lassen wollte. Es war nicht die Regel, dass jeder Verstorbene nach Asgard aufstieg. Dieses Privileg oblag ausschließlich den Helden im Sinne Wodans Gesetzes. In Walhalla würde Leyla weiterleben, als Einherier, eine auserwählte Einzelkämpferin, aber in einer ihm unerreichbaren Daseinsform. Fer n ab von ihm.
„Nein, das wünsche ich nicht. Sie ist nicht tot!“
Der inbrünstige Ruf drohte, seinen Kopf zu sprengen und ließ eine Welle der Verzwei f lung über ihn schwappen. Ein trockenes Schluchzen entkam seiner Kehle, während in seinen Augen Tränen brannten. Übermannt von der Kraft verzehrender Trauer glau b te er, zu ersticken. Gleichzeitig strömte vampirische Energie bis in den letzten Winkel se i nes Körpers und trieb ihn an, zu handeln.
Idunas Flugwind streifte seine Wange, als sie einen Bogen über seinen Kopf flog, um kurz vor seinem Gesicht innezuhalten. E i nen Moment glaubte er, Federn gespürt zu haben. Einer Geistererscheinung gleich schien ihr Antlitz eins zu sein mit dem nächtl i chen Himmel. Eingehend musterte sie ihn, als überrasche sie sein Gefühlsausbruch. Mit einem ku r zen Nicken entfernte sie sich ein Stück.
„Dann we r den wir das dort unten jetzt beenden.“
Sie hatten verstanden und schossen im Sinkflug auf die Wiese hi n ab. Im selben Moment lief Rudger über die Dachgiebel bis zur Vorderseite des Gebäudes und landete mit einem federnden Satz auf dem Kiesweg vor dem Haupteingang. Zwei leere Streifenw a gen standen in der Ei n fahrt. Aus dem Innern des
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