Das Rote Palais - Die Totenwächterin / Der Gottvampir / Die Schattenpforte: Special-eBook-Edition Trilogie (German Edition)
Stoff riss im Rückenbereich. Sie fingen an Jarno im Kreis herumzuschubsen. Er taumelte von einem Händepaar in das andere und hinterließ jedes Mal ein Stück Stoff. Messerscharfe Finge r nägel rissen die H o senbeine auf, die bald wie Fahnen an seinen Beinen flatterten. Er blutete aus zahlreichen Kratzwunden.
Leyla stellte sich vor Fjodora. „Sagen Sie ihnen sofort, dass sie damit aufhören sollen o der ich lege den Auftrag nieder.“
„Ach, tun Sie das?“ Fjodoras Blick war drohend und randvoll mit Macht.
Leyla taumelte ein Stück zurück und bemerkte das blasse Gesicht von Antonio Carrara, der hinter dem Felsen hervor lugte.
„Wie mir scheint, trägt unsere Zusammenarbeit bislang keine Früc h te. Stattdessen wurde eine meiner Nannys ermordet und Sie waren damit beschäftigt, eines meiner Geschöpfe aus dem Fluss zu ziehen.“ Fjodora beobachtete eine Weile das Treiben ihrer Nannys, als hätte sie Leylas Anw e senheit vergessen. Schlagartig ruckte ihr Kopf in Leylas Richtung. „Seit wann retten Menschen Vampire?“
Leyla schluckte hart. Fjodora erwartete keine Antwort auf ihre Frage. Jarno lag inzw i schen reglos auf dem Boden. Die grausamen Nannys hatten von ihm abgelassen und n ä herten sich ihr im Gleichschritt, wie geisterhafte Models auf dem Laufsteg. Statt weicher Hüftschwünge ruckten ihre Gliedmaßen auf groteske Weise, wie bei Pu p pen, die nicht richtig aufgezogen worden waren.
„Ich arbeite an der Sache“, sagte Leyla.
„Es war Ihnen nicht erlaubt Rudger von Hallen zu helfen, Walakuzjæ .“ Fjodoras Stimme klang wie Glöckchen, doch eine Spur zu heiser. Sie glitt von dem Findling und landete lautlos im Gras. Sie lächelte ihr hübsches Mädchenlächeln. Irgendetwas stimmte nicht. Sie war größer als zuvor und passte nicht mehr in ihr Kleid. Es spannte sich über ihren Leib und war zu kurz. Über ihre zarten Arme zogen sich grüne und gelbe Gebilde, die beim näheren Hinsehen wie Schuppen aussahen. „Sie starren mich an, Leyla. Sie starren, als hätten Sie etwas gesehen, das Sie nicht ve r stehen.“
Leyla blickte in ihr zartes, freundliches Gesicht und stockte bei dem Anblick einer grünl i chen Wucherung, die sich an der Seite ihres Halses über das Ohr gezogen hatte. Ihre A u gen waren nicht mehr braun, sondern schimmerten giftgrün. Leyla hielt den Atem an und versuc h te gegen die Wellen der Angst anzukämpfen.
„Ich will nicht, dass Jarno verletzt wird“, presste Leyla hervor.
„Er ist ein Süchtiger und nichts wert“, erwiderte Fjodora. Ihre Stimme klang liebevoll wie die einer Mutter deren Kind sich s o eben einen Streich erlaubt hatte. „Sie wollen doch nur spielen.“
Mit einer geschmeidigen Bewegung drehte sie sich um und breitete einladend die Arme aus, um ihre gespenstische Nannygarde in Em p fang zu nehmen.
„Er ist ein Freund“, sagte Leyla fordernd.
„Sie sind nicht in der Position, Forderungen zu stellen. Im Gege n satz zu meinen Nannys haben Sie noch nichts getan, um mich zufri e denzustellen.“
Während sie sprach, hatte sich ihre verlockende Stimme zu einem tiefen verzerrten Grollen erhoben. Sie hatte sich vor Leyla au f gebaut und war mit ihr auf gleicher Augenhöhe. Leyla zuckte zusammen, als Fjodoras Macht über sie hinwegfegte.
„Bitte“, stieß sie hervor.
„Warum ist er wichtig für Sie?“
„Es ist eben so“, antwortete sie mit einem Achselzucken. Was sollte sie erklären? Jarno der Süchtige war ein Mensch.
„Was bekomme ich dafür?“ Das verwöhnte Kind war noch da und blickte sie erwa r tungsvoll an.
„Ich verstehe nicht …“
„Doch, du verstehst, Leyla Barth!“
Angst kroch an Leylas Wirbelsäule empor. Die Nannys hatten sich hinter Fjodora fo r miert und bewegten ihre Köpfe in einem sanften Rhythmus, wie Sonnenblumen im Wind. Sie lächelten abwesend und richteten ihre irren Blicke auf Leyla.
„Tun Sie das nicht, Leyla“, rief Antonio.
„Schweig, du Wurm“, zischte Fjodora. „Oder soll ich dich wieder einsperren?“
Antonio zog den Kopf ein wie ein geprügelter Hund und entfernte sich rückwärts mit zögernden Schritten. Leyla sah, wie er sich über Jarnos leblosen Körper beugte und versuchte, ihn we g zuziehen.
Sie lachte ein perlenhelles Lachen. „Lass mich von dir kosten, T o tenwächterin“, zischelte sie plötzlich.
Leyla wich zurück. Fjodora Gesicht folgte ihr mit einer unmerklichen Bewegung. „Ich kann Ihnen nicht mehr helfen, wenn Sie mich aussaugen.“
„Ich habe nicht vor, dich auszusaugen.
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