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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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hat eine Frau wie sie mit Daisy zu tun?«
    »Sie sind also ganz sicher, dass sie keiner dieser Frauen je begegnet sind?«
    »Das habe ich den Polizisten schon gesagt.«
    »Vielen Dank, wir wollten bloß ganz sichergehen.«
    »Es ist nicht leicht, eine Pflegemutter zu sein, müssen Sie wissen. Sie glauben wahrscheinlich, dass Daisy mir nicht genug am Herzen lag, aber ich habe wirklich mein Bestes gegeben. Es hat mir sehr Leid getan, als ich hörte, was mit ihr passiert ist. ›Das arme kleine Dings habe ich gesagt, nicht wahr, Ken? Aber überrascht hat es mich nicht.«
    »Warum nicht?«

    Sie zuckte mit den Schultern. »Sie war ein zorniges, unglückliches Mädchen. Kratzbürstig und unhöflich. Sie ging wegen jeder Kleinigkeit in die Luft, rannte oft heulend in ihr Zimmer, warf vor lauter Wut Sachen durch die Gegend. Manchmal hat sie sogar nach den Katzen getreten. Ich habe sie mehrmals dabei erwischt. Sie war am Ende, und irgendwas muss das Fass zum Überlaufen gebracht haben. Sie glaubte, die ganze Welt wäre gegen sie. Es kam einfach alles zu spät.«
    »Was kam zu spät?«
    »Wir. Alles, nehme ich an.«
    »Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben«, sagte ich und stand auf. Ich wollte raus aus dieser überheizten Küche, weg von den anhänglichen Katzen.
    »Wir haben unser Bestes getan.«
    »Da bin ich sicher.«
    »Aber manchen Menschen kann man nicht helfen.«
    »Ich finde schon hinaus.«
    »Sie war selbst ihr größter Feind.«

    »In gewisser Weise gebe ich mir die Schuld«, erklärte Carol Harman.
    »Wer hat sie gefunden?«
    »Ich. Meine Leute haben mich gerufen, weil ihre Tür abgesperrt war und sie auf ihr Klopfen nicht reagierte.
    Also habe ich mit meinem Hauptschlüssel aufgesperrt und sie gefunden. Sie hatte sich erhängt – aber das wussten Sie ja schon, oder?«
    »Ja.«
    »Wir wussten, dass sie gefährdet war. Sie hatte sich schon mehrmals mit einem Messer selbst verletzt und zeitweise die Nahrungsaufnahme verweigert. Sie wurde im Heim entsprechend behandelt, bekam Einzelgespräche mit Thera-peuten, solche Sachen. Es hätte nicht passieren dürfen.«
    »Sie muss fest entschlossen gewesen sein«, sagte ich.
    Ich mochte diese Frau, die nicht versuchte, sich zu rechtfertigen.
    »Es war kein Hilferuf.«

»Wenn es ihr nicht auf Anhieb gelungen wäre, hätte sie es bestimmt wieder versucht. Sie war ein schwieriges Mädchen, sehr starrsinnig, sehr bedürftig. Sie hatte eine schreckliche Kindheit hinter sich. Einmal meinte sie mir gegenüber: ›Zu mir hat noch nie ein Mensch gesagt, dass er mich lieb hat.‹«
    »Was haben Sie geantwortet?«
    »Dass ich sie lieb hätte, natürlich – aber das klingt nicht sehr glaubhaft, wenn es von einer Frau kommt, die man erst ein paar Wochen kennt und die dafür bezahlt wird, dass sie auf einen aufpasst.«
    »Wenigstens haben Sie es gesagt.«
    »Hmmm. Wie auch immer, Sie wollen von mir wissen, ob ich jemals eine von diesen Frauen gesehen habe. Ihr bin ich mal begegnet.« Sie legte eine Fingerspitze auf Liannes Gesicht. »Sie hat Daisy besucht. Sie sind zusammen in Daisys Zimmer gegangen. Das ist alles.«
    »Keine von den anderen beiden?«
    »Nein.«
    »Warum, glauben Sie, hat sie es getan?«
    »Sich umgebracht? Keine Ahnung. Sie hatte ein trauriges Leben hinter sich. Ich weiß von keinem besonderen Anlass, aber das heißt nicht, dass es keinen gegeben hat. Wahrscheinlich, weil es letztendlich einfacher war, als am Leben zu bleiben.«

    36. KAPITEL
    Am nächsten Tag fuhr ich in die Klinik, ließ eine Versammlung zum Thema Personalstrukturen über mich ergehen und tat anschließend so, als würde ich meinen Papierkram erledigen. In Wirklichkeit ließen mir die Ereignisse der letzten vierundzwanzig Stunden keine Ruhe. Ich dachte an die Liste der Namen, an Bryonys erschüttertes Gesicht, an Jeremys Tränen unter dem Apfelbaum.
    Und ich wusste nicht, was ich wegen Will unternehmen sollte.
    Würde er böse auf mich sein und mich nicht mehr sehen wollen? Wollte ich ihn überhaupt Wiedersehen? Um Viertel nach sechs rief ich ihn an. Gegen zehn vor neun warf ich einen raschen Blick auf meine Armbanduhr, ehe Will sie mir abnahm und auf den Boden neben seinem Bett legte. Als ich sie wieder überstreifte, kam ich gerade aus der Dusche. Inzwischen war es kurz nach zehn. Er lag im Bett. Ich legte mich neben ihn. Ich war noch feucht von der Dusche, er vom Schweiß und vom Sex. Ich roch nach seiner Seife, und er roch am ganzen Körper nach mir.
    »Das war wundervoll«, erklärte

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