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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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Ordnung?«
    Er runzelte die Stirn. Mit einem Seufzer schob er die Hände in die Hosentaschen. »Ich werde sehen, was ich tun kann.«
    Die Frau, die durch die Tür kam, trug ein Klemmbrett und einen Packen Kuverts. Mir war sofort klar, wieso Doll ihr vertraut hatte. Sie besaß gelbblondes Haar und ein glattes, weich konturiertes Gesicht, in dem es keine Kanten zu geben schien, keine Knochen. Ihre helle Haut schimmerte rosig, und sie wirkte sehr jung. Wir gaben uns die Hand.
    »Hat Ihnen Furth gesagt, wer ich bin?«
    »Nicht wirklich«, antwortete sie. »Sie sind Ärztin oder so was.«
    »Ja. Furth wollte von mir einen Rat im Fall Michael Doll. Ich habe mir seine Akte angeschaut und einen Teil der Aufnahmen gehört.«
    »Und?«
    »Ich wollte kurz mit Ihnen reden.«
    »Ja, das hat DI Furth schon gesagt. Ich hab nicht viel Zeit, bin gerade dabei, Aktenschränke auszuräumen.«
    »Eine Viertelstunde, länger werde ich Sie nicht beanspruchen. Sollen wir ein Stück gehen?«
    Sie wirkte misstrauisch, schob aber das Klemmbrett und die Kuverts über den Tisch des diensthabenden Beamten und murmelte ihm etwas zu, das ich nicht verstand.
    Schweigend gingen wir hintereinander die Treppe hinunter und auf die Straße. Das Polizeirevier Stretton Green liegt in einer ruhigen Nebenstraße, aber man braucht zu Fuß nur eine Minute bis zur Stretton Green Road. Dort gibt es einen Naturkostladen, in dem auch ein paar Kaffeetische stehen. Wir ließen uns in einer Ecke nieder, und ich bestellte bei einer jungen Frau, die mit einer Zeitung neben der Kasse saß, zwei Tassen schwarzen Kaffee.
    »Zehn«, sagte ich, nachdem uns die Frau unsere Tassen gebracht hatte.
    »Was?«, fragte Colette Dawes.
    »Piercings«, antwortete ich. »Im einen Ohr drei, im anderen vier, zwei in der Nase und eins in der Unterlippe.
    Und wer weiß, wo sie sonst noch welche hat.«
    Sie nahm einen Schluck von ihrem Kaffee, gab mir aber keine Antwort.
    »Colette. Ist es in Ordnung, wenn ich Sie Colette nenne?«
    »Klar.«
    »Also, Colette, es ist wirklich erstaunlich, was Sie aus Doll alles herausbekommen haben.« Sie zuckte mit den Schultern.
    »War es schwierig?«
    Erneutes Schulterzucken.
    »Wo haben die Gespräche stattgefunden?«
    »An verschiedenen Orten.«
    »Mich interessiert vor allem das, in dem er den Mord so detailliert beschreibt.«
    »Da waren wir in seiner Wohnung.«
    »War er Ihnen sympathisch?«
    Sie hob den Kopf und musterte mich einen Moment lang scharf, dann wandte sie den Blick wieder ab. Durch ihre bleiche Haut leuchteten plötzlich rote Flecken. »Natürlich nicht.«
    »Oder haben Sie ein wenig Mitgefühl für ihn empfunden?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Nein, Doktor.«
    »Kit.«
    »Kit. Hören Sie.« Ihre Stimme klang, als würde sie langsam wütend. »Haben Sie den Bericht des Pathologen nicht gelesen?«, fuhr sie fort.
    »Nein, das ist nicht mein Aufgabenbereich. Mir geht es nur um Michael Doll.«
    »Er ist ein gefährlicher Mann. Wissen Sie das nicht?«
    »O doch, das weiß ich.«
    »Was wollen Sie dann? Wollen Sie den nächsten Mord abwarten, in der Hoffnung, dass wir ihn dann kriegen können? Vielleicht schlägt das nächste Opfer ja zurück und fängt ihn für uns – ist es das, worauf Sie warten?«
    Als ich mich zurücklehnte, ohne auf ihre Frage zu antworten, sprach sie weiter.
    »Furth und die anderen haben in diesem Fall gute altmodische Polizeiarbeit geleistet. Sie waren Tag und Nacht damit beschäftigt, alle zu überprüfen, die sich in der betreffenden Gegend aufgehalten haben. Irgendwann ist Furth dann auf das Material über Doll gestoßen. Hat er Ihnen das erzählt?«
    »Nein.«
    »Daraufhin habe ich mich mit Doll angefreundet, ihn zum Reden gebracht. Das war alles andere als nett. Ich weiß also nicht, worauf Sie hinauswollen.«
    Ich nahm einen Schluck von meinem Kaffee, wobei ich bewusst darauf achtete, die Tasse nicht ganz auszutrinken.
    Ich wollte nicht, dass sie schon ging. »Ich möchte nur alle Informationen über Doll, die ich kriegen kann. Okay?«
    Als Antwort nickte sie nur ganz leicht.
    »Also, Colette, was war Ihr Plan, nachdem Sie sich mit ihm angefreundet hatten?«
    »Ich wollte ihn bloß zum Reden bringen.«
    »Über den Mord?«
    »Ja, genau.«
    »Aber das ist sehr schwierig, oder nicht? Können Sie mir ein bisschen was über Ihre Gespräche erzählen?«
    Eine Haarsträhne fiel ihr in die Stirn, und sie schob sie zurück. »Doll hat nicht gerade viele Freunde. Ich glaube, er brauchte ganz dringend jemanden

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