Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
Tee?«
    Leicht irritiert begrüßte ich Oban. »Lassen Sie sich durch mich nicht aus der Ruhe bringen«, erklärte er. »Ich wollte nur kurz vorbeischauen.«
    »Danke, für mich nichts«, antwortete ich auf Furths Frage, während ich mich auf einem der orangefarbenen Plastikstühle niederließ und meinen Bericht, der in einem unbeschrifteten weißen Umschlag steckte, vor mich hinlegte. »Sie haben mich gebeten, das hier persönlich vorbeizubringen. Hier ist es.«
    »Sehr freundlich von Ihnen«, antwortete Furth mit einem Augenzwinkern. Dann wandte er sich an Oban. »Sie macht einen sanften Eindruck, aber man muss sich vor ihr in Acht nehmen.«
    Ich schob einen Finger unter die zugeklebte Klappe des Umschlags und riss ihn auf. »Wollen Sie es gleich lesen?«

    »Bevor wir anfangen, dürfte es Sie vielleicht interessieren, dass wir Doll verhaftet haben.«
    »Wie bitte?«
    »Unabhängig von Ihrem Bericht machen wir mit unseren Ermittlungen gute Fortschritte. Während wir uns hier unterhalten, sind gerade ein paar Taucher im Kanal unterwegs. Doll hat selbst ausgesagt, dass er zu der betreffenden Zeit in der Gegend war. Hinzu kommt sein verdächtiges Verhalten vorher und nachher, und natürlich sein aufgezeichnetes Geständnis. Da fügt sich eins zum anderen. Keine Sorge, es geht alles seinen offiziellen Gang. Selbstverständlich bekommt er einen Rechtsbeistand. John Coates. Er ist bereits unterwegs.
    Bestimmt kennen Sie ihn.«
    Ich hatte ihn einmal getroffen, als ich mit Francis hier war. Ein netter Typ, der häufig lächelte und den man sich eher als Finanzberater wünschte, nicht so sehr als Anwalt.
    Ich warf einen Blick zu Jasmine Drake hinüber, aber sie kritzelte etwas in ihr Notizbuch und blickte nicht auf. Als mein Blick zu Oban weiterwanderte, stellte ich fest, dass er mich mit seinen hellen Augen unverwandt musterte, was mich ziemlich nervös machte. Ich zog das einzelne Blatt Papier aus dem Umschlag und legte es auf den Tisch.
    »Ist es das?«, fragte Furth.
    »Fassen Sie es bitte für uns zusammen, Dr. Quinn«, forderte Oban mich auf.
    »Lassen Sie ihn laufen.«
    Im Raum herrschte plötzlich angespanntes Schweigen.
    Ich konnte meinen Herzschlag hören. Nun, da ich die Grenze überschritten und es ausgesprochen hatte, fühlte ich mich besser.
    »Wie bitte?«

    »Falls Sie über keine anderen Beweise verfügen als die, von denen Sie mir berichtet haben, sehe ich keine entsprechende Beweislage. Noch nicht.«
    Furths Gesicht lief rot an. Das war der schlimmste Moment. Ich sollte eigentlich auf seiner Seite stehen, und nun sah es ganz danach aus, als wäre dem nicht so. »Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie da reden«, erklärte er, ohne mich anzusehen.
    Ich holte tief Luft. »Dann hätten Sie mich nicht um eine Stellungnahme bitten sollen.«
    »Genau von Ihrer Stellungnahme spreche ich.« Aus Furths Stimme klang plötzlich eine wütende Heiterkeit, als ließe sich die ganze Sache einfach weglachen. »Sie wurden lediglich gebeten, Doll zu beurteilen. Nicht mehr.
    Eine ganz einfache Sache. Der Typ ist pervers. Das ist er doch, oder? Mehr brauchen Sie gar nicht zu sagen.
    Anthony Michael Doll ist pervers.«
    »Er ist ein gestörter junger Mann mit blutrünstigen Fantasien.«
    »Wieso sagen Sie dann –«
    » Fantasien. Es besteht ein Unterschied zwischen der Fantasie und der Tat.«
    »Er hat gestanden, und er wird es noch einmal gestehen.
    Sie werden schon sehen.«
    »Nein. Er hat nur seine Fantasien ausgesprochen, während er mit Ihrer Kollegin Dawes sexuelle Handlungen ausführte.« Ich warf einen Blick in die Runde. Das hatte gesessen. Keiner sagte ein Wort. »Haben Sie das gewusst? Haben Sie gewusst, dass sie ihm, während sie ihn zum Reden ermutigte – so hat sie es mir gegenüber formuliert –, einen runterholte und ihm gleichzeitig gestattete, an ihr herumzufummeln? Haben Sie sie dazu ermutigt, ohne es direkt auszusprechen? Der Zweck heiligt die Mittel, so in der Art? Hat sie anfangs keine zufrieden stellenden Ergebnisse erzielt? Wie auch immer, es spielt sowieso keine Rolle. Das Ganze ist kein Geständnis, sondern Pornographie.«
    »Hören Sie, Kit.« Sein Gesicht war knallrot angelaufen.
    »Ich hätte Sie gar nicht erst zu Rate ziehen sollen. Mein Fehler. Ich hätte wissen müssen, dass Ihr Urteilsvermögen nach diesem Unfall beeinträchtigt sein würde. Fakt ist, dass Sie sich irgendwie mit Mickey Doll identifizieren, ihn auf eine mir unverständliche Weise zu schützen versuchen. Genau wie in diesen

Weitere Kostenlose Bücher