Das rote Zimmer
– ein derartiger psychopathischer Mord kann eine Art Bestrafung dafür sein, dass sich der Täter durch die Frau sexuell herausgefordert fühlt, aber in solchen Fällen richtet sich seine schreckliche Wut in erster Linie gegen Brüste und Genitalien seines Opfers. Nicht so in diesem Fall. Die Stichverletzungen befanden sich alle oberhalb der Taille und sparten die Brüste gänzlich aus.
Diese relativ moderate Art der Verstümmelung kommt sehr selten vor. Trotzdem wurde die Leiche mit dem Gesicht nach unten abgelegt.«
»Das reicht einfach nicht aus, Kit.« Oban verlor allmählich die Geduld. »Wo soll da die Verbindung liegen? Zwei Leichen, die mit dem Gesicht nach unten lagen?«
»Ich kenne eine Reihe von Fällen, die mit dem Mord an Philippa Burton vergleichbar sind. Sie zeichnen sich alle durch große Brutalität aus. Außerdem scheint die Anwesenheit eines Kindes auf manche Täter einen zusätzlichen Reiz auszuüben, sei es, als eine Art Publikum oder als weiteres Opfer. In diesem Fall aber wollte der Mörder das Kind nicht dabei haben. Als ich mir Philippa Burtons Leichnam ansah, hatte ich das Gefühl, dass auch bei ihr jemand mit relativer Zurückhaltung zu Werke gegangen war. Ich meine, stellen Sie sich die Situation doch mal vor: Sie hassen Frauen, Sie haben gerade eine Frau umgebracht, und Sie halten so was wie einen Hammer in der Hand. Warum nicht ganze Arbeit leisten?«
Oban beugte sich vor und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Kit, Sie liefern uns keine Fakten. Okay, Sie haben da so ein Gefühl. Das mag ja sein, aber ich weiß verdammt noch mal nicht, was ich damit anfangen soll.
Tut mir Leid, meine Damen.« Die Damen blickten hoch, aber hauptsächlich, weil er sie Damen genannt hatte. »Ich brauche Fakten, Kit. Meine Leute sind der Meinung, dass Sie unsere Zeit verschwenden. Was soll ich denen sagen, wenn ich nichts Konkretes in der Hand habe?«
Erschöpft rieb ich mir die Augen. Ich war alles losgeworden, was ich zu sagen gehabt hatte, und nun fühlte sich mein Kopf völlig leer an. Oban hatte Recht.
Was blieb von all meinen Argumenten letztendlich übrig?
Was war zu tun? Ich wollte nicht mehr nachdenken, ich wollte nur noch davonkriechen, aber unter Aufbietung meiner letzten Kraftreserven gelang es mir, noch einen winzigen Gedanken aus meinem Hinterkopf hervorzuzerren.
»Also gut«, sagte ich mit matter Stimme. »Ich bin am Ende. Ich möchte aber noch eines sagen. Wir wissen, dass Liannes Leiche im Kofferraum eines Wagens zu dem Treidelpfad am Kanal gebracht worden ist.«
»Das wissen wir keineswegs«, gab Oban gereizt zurück.
»Und Philippa Burtons Leiche hat man etwa zwei Kilometer von der Stelle entfernt gefunden, wo sie zuletzt lebend gesehen wurde. Was bedeutet, dass sie aller Wahrscheinlichkeit nach ebenfalls in einem Auto an die Fundstelle transportiert worden ist. Haben Sie die beiden Fälle verglichen, was Fasern oder sonstige Spuren betrifft?«
»Nein, das haben wir nicht, wie Sie selbst sehr genau wissen«, antwortete Oban trotzig. »Wir haben sie auch nicht mit den Jack-the-Ripper-Fällen verglichen. Dafür fehlt uns die Zeit.«
»Das ist mein letzter Vorschlag. Werden Sie es tun?«
»Warum sollten wir –«
»Bitte«, sagte ich. Am liebsten hätte ich auf der Stelle losgeheult. »Bitte.«
18. KAPITEL
In meinem Kopf explodierte ein Feuerwerk aus roten und violetten Raketen. Ich weiß nicht, wie es mir gelang, mit hoch erhobenem Haupt das Revier zu verlassen, ohne dass meine Beine unter mir nachgaben. Ich schaffte es sogar noch, der diensthabenden Beamtin am Eingang freundlich zuzunicken, aber als ich meinen Wagen erreichte, zitterten meine Hände so, dass ich den Schlüssel fallen ließ und am Boden danach suchen musste. Meine Augen brannten, als wären sie voller Sand. Ich musste so schnell wie möglich hier weg, irgendwohin, wo ich allein war. Ich wollte nicht, dass mich jemand mit diesem schrecklichen Mitleid im Blick ansah. Ich selbst hatte auch schon Leute auf diese Weise betrachtet. Früher, in einem anderen Leben. Das erschien mir inzwischen so unglaublich weit weg, als würde ich durch das falsche Ende eines Fernrohrs auf meine Vergangenheit blicken.
Ich schaffte es in den Wagen. Eine Minute lang lehnte ich den Kopf gegen die Nackenstütze und schloss die Augen. Ein scheußlicher Kopfschmerz bohrte sich seinen Weg in meine linke Schläfe. Ich ließ den Motor an und fuhr vorsichtig aus dem Parkplatz, den Blick starr geradeaus gerichtet. Ich stellte mir
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