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Das rote Zimmer

Titel: Das rote Zimmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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stehen nach wie vor tief in Ihrer Schuld.
    Dann – und ich gebe zu, dass das allein meine Schuld war
    – habe ich Sie gebeten, intensiver in den Fall einzusteigen.
    Aber seit kurzem … nun ja, mir sind da ein paar Dinge zu Ohren gekommen …«
    »Bella?«, fragte ich und wandte mich zu ihr um.
    Ruhig erwiderte Bella meinen Blick. »Ich habe mich nicht über Sie beschwert, Kit, aber nachdem Sie weg waren, habe ich mit Jeremy Burton und der Mutter gesprochen und sah mich leider gezwungen, DCI Renborn zu berichten, dass mir Ihre Gespräche mit den beiden nicht sehr zielgerichtet erschienen. Ich würde Ihre Vorgehensweise als eine Art Fischen im Trüben bezeichnen, konnte aber nicht mal erkennen, ob Sie dabei wirklich nach etwas Konkretem fischten. Es handelt sich hierbei um einen sehr heiklen Fall, dem von allen Seiten große Aufmerksamkeit zuteil wird.«
    »Ich weiß«, entgegnete ich. »Ich wollte doch nur –«
    »Ich möchte es mit den Worten von Dr. Deitch sagen«, unterbrach mich Oban. »Die Schuld daran, dass Sie in diese belastende Situation gedrängt worden sind, schreibe ich allein mir zu.«

    »Sie wollen nicht, dass ich weiter für Sie arbeite?«
    Einen Moment lang schwiegen alle. »Wir sind der Meinung, dass es zu früh für dich war«, meldete sich Rosa zu Wort. »Und dass dieser spezielle Fall bei dir einen wunden Punkt berührt hat.«
    »Wie meinst du das?«
    »Rosa hat mir ein wenig von Ihrer Kindheit erzählt«, erklärte Oban. Ich starrte Rosa an.
    »Kit, ich habe zu Dan lediglich gesagt, dass persönliche Umstände – der frühe Verlust der Mutter – vielleicht in mancher Hinsicht …«, ihr Gesicht lief rot an, »… nun ja, bis zu einem gewissen Grad dein Urteilsvermögen beeinträchtigt haben könnten.«
    »Oh.« Ein paar Minuten lang saß ich sprachlos da, nun ebenfalls mit brennenden Wangen. Dann schluckte ich heftig, was mir ziemliche Qualen bereitete. »Vielleicht hast du Recht. Vielleicht habe ich mich zu sehr engagiert.
    Die Sache liegt mir tatsächlich am Herzen, und ich weiß nicht, inwieweit das richtig oder falsch ist, aber das bedeutet nicht, dass ich Unrecht habe. Und ich habe die Ermittlungen nicht behindert. Ich habe mir nicht angemaßt, anderen Leuten zu sagen, was sie zu tun haben.
    Ich habe nur versucht, von einem anderen Blickwinkel an die Dinge heranzugehen.«
    »Das mag sein«, antwortete Oban, »aber es handelt sich hier nicht um eine Ihrer akademischen Recherchen. Sie reden, als ob es uns möglich wäre, jedermann die Gelegenheit zu bieten, sich nach Lust und Laune in die Ermittlungen in einem Mordfall einzuklinken und dabei eigene Ziele zu verfolgen. Dem ist aber nicht so. Ich sage das nur ungern, aber in gewisser Weise laufen Sie sehr wohl Gefahr, die Ermittlungen zu behindern. Sie verärgern meine Männer, trampeln auf anderer Leute Terrain herum, und wie es scheint, Sie müssen wirklich entschuldigen, aber wie es scheint, tun Sie das auch noch ohne erkennbaren Grund. Ich kann ja verstehen, dass Sie wegen dieser Morde verstört sind. Das sind wir alle. Wir wollen alle, dass die Täter gefasst werden. Sie haben uns auch sehr geholfen«, fügte er in etwas sanfterem Tonfall hinzu,
    »aber nun sind wir der Meinung, dass es an der Zeit ist, auf Ihre Hilfe zu verzichten.«
    »Darf ich vorher noch etwas sagen? Bevor ich gehe, meine ich?«
    Oban lehnte sich in seinem Sessel zurück. »Natürlich.«
    »Als Allererstes«, begann ich, »möchte ich Sie bitten, ganz kurz, nur mit einem Satz, den Mordfall Lianne zu charakterisieren.«
    »Standardfall. Ermordung eines leicht zugänglichen Opfers durch einen Psychopathen«, antwortete er. »Das Verbrechen wurde von jemandem begangen, der Frauen gegenüber pathologische Hass- und Angstgefühle hat.
    Daher auch die brutalen Stichverletzungen.«
    »Und der Mord an Philippa Burton?«
    »Völlig anders gelagert. Da weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Ihr wurden schwere Verletzungen mit einem stumpfen Gegenstand zugefügt. Sie stellte für den Täter ein Opfer mit hohem Risiko dar. Sie wurde an einem öffentlichen Ort entführt, wo sie sich in Begleitung eines Kindes aufhielt. Ein anderer Typ von Täter, eine andere Methode, ein anderer Tatort, ein anderer Grad der Brutalität. Aber Sie sind offenbar nicht meiner Meinung.«
    Ich stand auf. Ich musste wenigstens so tun, als besäße ich so etwas wie Autorität. Ich trat ans Fenster und sah hinaus. Hinter dem Polizeirevier erstreckte sich praktisch Ödland. Neben drei

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