Das sag ich dir
wollte, sollte er das gefälligst selbst erledigen.
Dann hat er die Hände von meinen Brüsten genommen, den weißen Papierumhang hochgezogen und gesagt: >Oben und unten alles paletti, eine Gebärmutter der ansehnlicheren Art, bis zum nächsten Mal.< Ich war frei. Ich hatte es überstanden. >Sie meinem, sagte ich, >dass Sie nichts gefunden haben?<
Das hätte ich nicht sagen sollen. Er hat aufgehört, sich die Hände zu waschen, sich umgedreht und mich noch einmal gemustert. Dann hat er gesagt: Vielleicht sollte ich Sie zur Sicherheit ein zweites Mal durchchecken. Sie haben etwas entdeckt, richtig? Wo? Rechts oder links ?<
Als er >links< sagt, werde ich rot und habe das Gefühl, dass meine Augen so groß werden wie eine Leinwand im Sony-Imax-Kino. Seine Hände liegen sofort auf der linken Brust. Er beobachtet mich, behält meine Augen im Blick. >Komme ich der Sache näher? Geben Sie mir einen Tipp?<
Ich schweige und denke: Du hast Medizin studiert, das musst du schon selbst machen, Kumpel.
Dann findet er es. >Aah!< Er streicht mit den Fingern beider Hände immer wieder über das Ding, bewegt es, isoliert es, greift danach.
Jetzt schaut er mich nicht mehr an. Er ist nicht mehr mein heiterer, älterer, attraktiver, cooler, flirtender Arzt, sondern der Spürhund eines Krebsbekämpfungs-Teams, und er wird mich in das System stecken, das die Frauen erledigt. Sobald man darin ist, ist man draußen. Dann zählt man als Frau nichts mehr auf der Welt.
Wie sollte ich das ertragen - die Verheerung, Hässlichkeit und Zerstörung, wenn ich weder Haare noch Brüste mehr hätte? Ich war bei verschiedenen Ärzten, und alle klangen beruhigend. Könnte eine Zyste sein, ein blockierter Gang, ein gutartiger Tumor. Ich habe jedem geglaubt. Ich kann ja nicht einmal meinen Mann halten. Wer würde sich um mich kümmern? Ich könnte nicht mehr arbeiten. Wer würde für die Kinder sorgen?
Ich habe mich mit den Ärzten gestritten. Ich habe versucht, die Chirurgin umzustimmen, die auf der Entnahme einer Gewebeprobe bestand. Sie war so nett, mir rasch einen Termin zu geben. Aber ich hatte das Gefühl, in die Todesfalle des Krankenhauses zu geraten. Dort bin ich einer Frau begegnet, der ebenfalls eine Gewebeprobe entnommen werden sollte. Sie war heilfroh. Sie wollte nicht mit der Ungewissheit leben.
Ich war unehrlicher. Und ich begriff erst, was Sache war, als man mir im Krankenhaus mitteilte, dass ich einen Tumor von beachtlicher Größe hätte.«
Das war der Anfang. Meine Generation begann auszusterben. Wir würden einer nach dem anderen weggepflückt werden - erst die Krankheit, dann der Tod. Mehr Beerdigungen als Hochzeiten. Wer wäre als Nächster an der Reihe?, fragte ich mich.
Der nächste Tod kam schneller und plötzlicher, als ich erwartet hatte. Nach dem Essen half ich Karen in ein Taxi. Ich wanderte eine Weile umher, schaute mir die Stadt an und registrierte alle Personen mit Tasche. Jede Fahrt in der U-Bahn konnte den Tod bedeuten. Wird es jetzt passieren? Ist es ein Selbstmordattentäter? Werde ich umkommen? Würde ich es bedauern, oder wäre es eine gute Art, sich von der Welt zu verabschieden? Ich dachte an die Eltern der Pantoffel-Frau. Was, wenn es Rafi gewesen wäre?
Nachdem mir Karen erzählt hatte, was mit ihr los war, rief ich sie fast täglich an. Sogar Henry war auf seine Art in Sorge. Er begann, mehr Material für den Dokumentarfilm über Schauspieler zu drehen, denn auf die Nachricht von Karens Krankheit hin hatte er beschlossen, ihn endlich fertigzustellen.
In den Riverside Studios, unweit seiner Wohnung, arbeitete er mit Miriam an den Tschechow-Szenen. Trotz ihrer Ängstlichkeit, die sie veranlasste, mich ständig anzurufen, war Miriam ekstatisch. Bei den Proben nahm Henry sie so ernst wie jeden Schauspieler, hörte ihr zu, beobachtete sie, nutzte das, was vorhanden war. »Rein intuitiv, im tiefsten Inneren, bin ich schon immer eine Schauspielerin gewesen«, erzählte sie mir. »Natürlich unentdeckt - bis vor kurzem.«
Henry drehte die Szene in unterschiedlichen Stilen und mit verschiedenen Schauspielern, bis er das Material schließlich zusammenschnitt. Er kam mit seinem Computer vorbei, um sie mir zu zeigen. Er hatte geglaubt, »am Ende« zu sein, aber er strotzte nur so vor Energie, und die Arbeit war gut. Auch was Lisa betraf, verstanden wir uns wieder besser.
Ich hatte ihre Gedichte an einen jungen libyschen Bekannten weitergereicht mit dem ich mich manchmal in einem nahen Pub traf. Er war sehr
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