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Das sag ich dir

Das sag ich dir

Titel: Das sag ich dir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanif Kureishi
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die Frau, die ich sein möchte. Weise, gebildet, geduldig, erfahren. Eine Frau, die sich mit jedem Menschen unterhalten kann. Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass sie Sex hat. Aber das kann ich mir für mich auch nicht mehr vorstellen.«
    »Immerhin hast du jetzt einen Alltag«, sagte ich.
    »Ja, ich stehe früh auf, um zu ihr zu fahren, und dann halte ich alles im Tagebuch fest. Nachmittags kann ich in Museen oder Galerien gehen oder lesen. Ich komme mir immer so dumm vor, und ich habe nie begriffen, warum mir überhaupt jemand zuhören sollte.«
    »Wolf hat dir zugehört.«
    »Ja, er war verrückt nach mir. Ich habe ihn fasziniert, und er hat mir immer zugehört, nichts war ihm zu langweilig. Alles war so gut, und jetzt ist es vorbei.«
    Anfangs trank Ajita den ganzen Tag über Weißwein, bis sie abends schließlich einschlief, doch bei ihren morgendlichen Sitzungen war sie stets nüchtern. Im betrunkenen Zustand war sie liebenswert -keineswegs mürrisch, sondern redselig und sogar aufs Küssen aus.
    Ich besuchte sie oft und setzte mich zu ihr aufs Bett. Sie trug einen schwarzen Seidenpyjama, und während ich döste, trank sie Wein und hörte Musik. Sie war sehr an der Geschichte der Psychoanalyse interessiert. Sie stellte mir viele Fragen, und ich musste ihr sogar Gesellschaft leisten, wenn sie las. »Ich habe nie eine richtige Bildung erhalten«, sagte sie. »Weißt du das nicht mehr? Und jetzt erzähl mir, was man unter der >zornigen Brust< versteht.« Diese Besuche erinnerten mich an früher, wenn ich bei ihr zu Hause gewesen war, und ich genoss sie genau wie damals.
    Vielleicht hätten wir wieder miteinander schlafen können. Gut möglich, dass ihr das gefallen hätte. Ich wäre zwar kein gleichwertiger Ersatz für Wolf, dessen körperliche Stärke ihr, wie sie mir erzählte, so gut gefallen hatte, aber vielleicht war ich besser als nichts.
    Doch ich war zu gehemmt, um die Initiative zu ergreifen, und außerdem musste ich die ganze Zeit an einen Menschen denken, der mich nicht losließ.
    SIEBENUNDVIERZIG
    »Du hast einmal behauptet, das Leben sei eine Reihe von Verlusten«, sagte Karen. »Um es zu wiederholen: Der Tod kommt schnell, er schießt auf uns zu wie eine Rakete, und bevor man ihn sehen kann - Bang! -, ist man weg.«
    Dieses Mal fuhr ich; Bromley, die zweite. Ich hatte die Pläne von Mustaqs Architekten an Mum und Billie weitergegeben, und nun war auch ihr Gartenatelier fertig. Heute sollte, wie Billie es formulierte, »die offizielle Eröffnung« stattfinden, mit Mustaq als Überraschungsgast. Rafi saß mit gesenktem Kopf hinten im Auto, hörte Musik auf dem iPod und spielte mit seiner Playstation Portable. Man konnte nur mit ihm kommunizieren, indem man ihm einen Stoß gab, und das war gefährlich.
    Karen, die eine Chemotherapie machte und deren Töchter bei Ruby, der neuen Liebe ihres Mannes, und den Zwillingen waren, wollte reden, sprach aber so leise, als würde sie hinter einer Mauer stehen. Da sie fror, trug sie einen dicken Mantel mit Pelzkragen von Nicole Farhi, und mit der Perücke aus langen, glänzenden, statisch aufgeladenen Haaren wirkte sie so exzentrisch wie eine Frau, die vergeblich einem Filmstar aus den Vierzigern nachzueifern versuchte - es war fast eine Veralberung der Weiblichkeit.
    »Früher fand ich es immer idiotisch, zu Fuß zu gehen, aber jetzt reihe ich mich gern in den Strom der anderen trägen Leute ein. Sie machen auch alle eine Chemo, sind total erschöpft von den Bestrahlungen oder völlig von der Rolle wegen des Vicodins. Danach trinke ich Kaffee und stopfe bis zum Anschlag Cremetörtchen und Croissants in mich hinein.
    Du hattest recht: Ich bin vor mir selbst davongerannt. Und das war keine Verleugnung, sondern Selbstzerstörung. Du hast mir geraten, zum Onkologen zu gehen, aber ich habe die Vorstellung gehasst, plötzlich in diesem System oder dieser Maschinerie zu stecken. Du hast die ganze Zeit gesagt, dass es der einzige gangbare Weg sei.
    Nun sitze ich gemeinsam mit dem Arzt im Krankenhaus-Cafe und liebe ihn wie verrückt, und er zeigt mir Fotos von seiner Frau und seiner Familie. Du hast mir geraten, direkt mit den Ärzten zu reden, als Ebenbürtige, und gesagt, dass sie keine Angst vor meiner Verzweiflung hätten, wenn sie feststellen würden, dass ich dem Tod ins Auge geblickt habe.
    Aber der Realität ins Gesicht zu sehen - das ist eine Form von Kunst. Als ich geglaubt habe, ich müsste sterben, hätte ich am liebsten alle Bekannten angerufen und

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