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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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langsam ausbreiteten, konnten einige Tage Vorsprung sehr wertvoll sein.
    So hatten auch seine Handelsbeziehungen mit den Rittern von Malta begonnen, als er mit eigenen Augen vom Unkapani-Kai am Ufer von Stambul aus die rohen Holzkiele von Suleimans Flotte erblickt und begriffen hatte, daß dieses Wissen ihn und Sabato Svi zu reichen Männern machen konnte.
    Noch in dieser Nacht waren sie von Stambul in See gestochen, Sabato nach Venedig, um Waffen und Schießpulver einzukaufen, und Tannhäuser nach Messina, wo er ein Lagerhaus mietete, unddann nach Malta, um mit dem Orden in Verhandlung zu treten. Die unschätzbare Warnung vor Suleimans Flotte gab er ihnen kostenlos, um sich als aufrichtiger Handelspartner einzuführen und um sich einen einträglichen Vertrag über die Lieferung von Waffen zu sichern. »Der Krieg ist ein goldener Fluß«, hatte er Sabato versprochen, »und wir werden mit Eimern am Ufer stehen.« So kam es auch, denn der Hunger des Ordens nach Schießpulver, Kanonen und Kugeln erwies sich als unersättlich, und da der Hospitalerorden in ganz Europa reiche Ländereien besaß, waren seine Taschen niemals leer.
    »Ich weiß gewiß«, meinte Tannhäuser zu Sabato Svi, »daß wir reicher und reicher werden, ob nun die Franzosen Pfeffer in ihre Suppe schütten oder ihn als Mittel gegen die Spanische Krankheit auf ihre Weichteile streuen.«
    Sabato lachte jenes keckernde Lachen, mit dem er diejenigen, die er überlistet hatte, so oft wütend machte. Dana strich an Tannhäusers Schulter vorbei, aber die Freuden ihres Rocks waren ihm nun vergällt. Mit einer Handbewegung schickte er sie fort. Im Gehen warf sie Sabato Svi noch einen giftigen Blick zu. Tannhäuser blickte ihren schwingenden Hüften nach, wandte sich dann um und klopfte mit dem Zeigefinger auf den Tisch.
    »Du verlangst also von mir, daß ich zwei Monate auf hoher See verbringe, wenn hier vor unserer Tür der blutigste Waffengang seit Menschengedenken unmittelbar bevorsteht.«
    »Jetzt kommen wir endlich zum Kern der Sache. Anstatt unseren Reichtum zu vermehren, würdest du lieber hier sitzen und mit den Säufern tratschen und den Klatsch vom Dock durchhecheln.« Sabato deutete mit einer Kopfbewegung auf die räudige Gesellschaft, die sich auf den Bierbänken lümmelte. »Du hast schon so viel Zeit mit diesen schweinischen Säufern verbracht, daß du sogar ihre Gewohnheiten übernimmst.«
    »Friede!« versuchte Tannhäuser ihn zu beruhigen.
    »Der Waffenhandel ist gut gelaufen, aber die Kanonen werden nicht ewig donnern. Wir haben nur wenig Besitz. Wir besitzen kein Land. Wir haben keine eigenen Schiffe.« Sabato wedelte verächtlichin Richtung der Deckenbalken. »Das hier heißt nicht reich sein. Es ist nur eine Gelegenheit, einmal reich zu werden.«
    »Ich halte nichts von Träumen«, antwortete Tannhäuser. Sein letzter Traum war gewesen, eine Klinge zu schmieden, auf die sein Vater stolz sein würde. »Wir reden nicht mehr über Pfeffer, zumindest heute nicht.«
    Sabato bemerkte seinen Stimmungsumschwung und legte Tannhäuser eine Hand auf den Unterarm. »Melancholie paßt nicht zu dir, und sie ist auch schlecht für die Leber – genau wie die Luft in diesem Dreckloch. Laß uns nach Palermo reiten und sehen, was wir dort an einträglichen Streichen anstellen könnten.«
    Tannhäuser legte seine Hand über Sabatos Finger und grinste. »Du verdammter Jude«, sagte er, »wenn es nach dir ginge, würde ich schon nächste Woche auf dem Schiff des Griechen schwitzen.«
    Tannhäuser blickte auf. Eine riesige Gestalt verdunkelte die Türöffnung. Es war Bors von Carlisle, der eigentliche Betreiber der Taverne und der dritte in der unheiligen Dreifaltigkeit, die das »Orakel« in Gang hielt. Am Morgen hatte ihn Tannhäuser bei ihrem alltäglichen Drill mit dem Knauf seines Schwertes am Wangenknochen erwischt. Bors hatte nicht geklagt, aber sein eigener Fehler hatte ihn nicht gerade sanft gestimmt. Der tiefblaue Bluterguß unter dem Auge war weithin deutlich zu sehen. Sein Gesicht machte den Eindruck, als hätte es einmal als Amboß gedient, daher schien der blaue Fleck nicht unangebracht. Während er in die Taverne stürmte, hörte Bors von irgendwo eine spitze Bemerkung über seine Verunstaltung. Ohne seinen Schritt zu verlangsamen, schwang er zu seinem Beleidiger herum und hieb ihm seine ungeheure Faust in den Nacken. Sein Opfer taumelte zu seinen Saufkumpanen, derweil Bors zu seinem gewöhnlichen Platz zu Tannhäusers linker Hand ging. Während er

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