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Das Sakrament

Das Sakrament

Titel: Das Sakrament Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tim Willocks
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sich niederließ, setzte ihm Dana bereits einen Krug und seinen eigenen Becher vor.
    Dieser Becher war kunstvoll aus einem menschlichen Schädel gefertigt worden. Bors füllte den Schädel, trank ihn aus undschenkte ihn wieder voll, ehe er in einem reichlich verspäteten Anfall guter Manieren den kleinen verbliebenen Rest in Tannhäusers Becher schüttete. Er schob Dana den Krug hin, die daraufhin ging, um Nachschub zu holen. Bors hatte eisengraues Haar, und zu seinem Glück wogen buschige Augenbrauen und ein üppiger Bart den beginnenden Kahlkopf mehr als auf. Er nickte Sabato Svi zu und wandte sich an Tannhäuser.
    »Ein rotes Schiff hat im Hafen festgemacht«, sagte Bors, »an der Werft des Hospitalerordens.«
    »Siehst du?« meinte Tannhäuser zu Sabato. »Das Eisen des Ordens ist noch heiß. Das Gold rollt nur so herein.«
    Bors fuhr fort. »Ich habe Gasparo angewiesen, die Wagen zu beladen und unsere Reitpferde zu satteln.« Er schaute zu Sabato Svi. »Soll er auch deines satteln lassen?«
    Sabato schüttelte den Kopf. »Das Geld des Ordens ist mir willkommen, aber die Ritter halten mich für einen Christusmörder.«
    »Sie sind heilige Männer vom Orden Johannes’ des Täufers«, bemerkte Bors und bekreuzigte sich.
    »In den Sklavenpferchen des Ordens stöhnen unzählige levantinische Juden, die für einen Sieg der Türken beten – genau wie ich auch«, erwiderte Sabato Svi. »Es gehen Gerüchte um, daß die Juden von Istanbul diese Invasion finanzieren. Das stimmt zwar nicht, aber ich wünschte, es wäre so. Wenn Malta fällt, wird jeder Jude, der am Leben ist, den Herrn lobpreisen.«
    »Da sie ohnehin alle zur ewigen Hölle verdammt sind, sollen sie preisen, wen sie wollen.«
    Sabato schaute Tannhäuser an. »Ich habe selbst das Lösegeld für zwei gefangene Juden aus Alexandria aufgebracht, daher ist uns Mosche Mosseri so wohlgesonnen.«
    »Du warst es aber zufrieden, Waffen für das Gold der Ritter einzutauschen«, erwiderte Bors.
    »Ich bin es mehr als zufrieden, mit ihnen meinen Gewinn zu machen, ehe sie ausgelöscht werden«, sagte Sabato. »Was sind das nur für Fanatiker, die bereit sind, für einen sonnenverbrannten Felsen zu sterben?«
    »Sie sind dort zusammengekommen, um im Kampf den Willen Gottes festzustellen«, verbesserte ihn Bors. »Und wenn wir in Malta nicht gegen die Moslems kämpfen, dann müssen wir eines schönen Tages in Paris gegen sie kämpfen, denn ihr großer Plan ist, die ganze Welt zu erobern.«
    »Wir?« fragte Sabato Svi.
    »Auch deine Zeit wird schon noch kommen«, antwortete Bors. »Außerdem haben die Ritter die unerschrockenste Schar von Totschlägern um sich versammelt, die man je auf einem Haufen gesehen hat.« Er blickte zu Tannhäuser. »Die werden auf der Insel einen Höllenkampf liefern – und du und ich, wir sind nicht dabei, um unsere Kraft zu erproben.« Ärgerlich ballte er seine Riesenfaust zusammen. »Das geht mir gegen die Natur!«
    »Mattias hat allem Töten und allem Krieg Lebewohl gesagt. Ich dachte, du auch.«
    Bors ignorierte Sabato und schaute finster drein, ein verärgerter Riesensäugling. »Im Vergleich zu dieser Streiterei war Sankt Quentin das reinste Spielchen.«
    »Nein«, erwiderte Tannhäuser, »eher wie zwei alte Damen, die in der Kirche Votivkerzen anzünden.«
    »Dann denkst du das also auch!« rief Bors, in dessen Brust sich Hoffnung regte. »Und das rote Schiff hier ist unsere letzte Gelegenheit, noch unsere Rolle in diesem Stück zu übernehmen. Komm, wir packen gleich unsere Kriegskisten und laden sie auf den Karren. Das Schicksal ruft. Sag nicht, daß du es nicht hören kannst!«
    Tannhäuser rutschte unruhig hin und her. Auch ihm war das Blut in Wallung geraten, und er konnte Bors kaum in die vorwurfsvollen Augen schauen. In Sabatos Blick dagegen konnte er den Schrecken darüber ablesen, daß nun all ihre Pläne zerfallen könnten. Tannhäuser drehte spielerisch an seinem Ring, einem Würfel aus russischem Gold, durch dessen Mitte ein Loch getrieben war.
    »Bors«, erwiderte er, »du bist mein ältester und treuster Begleiter, aber wir drei haben uns doch geschworen, daß wir miteinanderreich werden wollten, und das haben wir gemacht, und das tun wir noch weiter. Ob wir gewinnen oder verlieren, wir kämpfen jetzt auf einem anderen Schlachtfeld. Denk doch an das Motto, das du für uns aufgestellt hast: Usque ad finem . Bis zum Ende. Bis zum bitteren Ende.«
    Bors schwieg hinter dem erhobenen, mit Wein gefüllten Schädel.
    »Aber«,

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