Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
Gnadenloser Terror, auch gegen Kinder, Kranke, Greise gerichtet, die landesweite Verbreitung der steter Angst sind die Vehikel ihrer Duldung! Wovon aber wollen sie Waffen und Selbstmordattentäter bezahlen, wenn ihnen das Geld ausgeht? Zugleich würden die War Lords die Seite wechseln, wie sie es immer taten! Sie würden euch die Taliban vom Halse halten, denn ihr wäret die Garanten ihres Wohlstands, würdet – im Gegensatz zu Al Qaida und den Taliban – keine Zwangsabgabe erheben! Ihr müßtet nicht länger einen aussichtslosen Kampf führen, könntet endlich das tun, was ihr euch auf die Fahnen geschrieben habt: dem Land Frieden, Freiheit, Ausbildung und Wohlstand bringen! Ohne Blutzoll, mit weit geringerem finanziellen Aufwand! Vor allem aber erfolgreich! Ist das so abwegig gedacht?“
Bassett wußte sich nicht besser zu helfen, als umständlich eine weitere Zigarette aus der Packung zu fummeln und diese nicht minder umständlich anzuzünden. „Danke, Aamir!“ Der General ergriff das Glas, um sogleich seine Schlußfolgerungen fortzusetzen. Offensichtlich wollte er Bassett zu diesem Zeitpunkt eine Stellungnahme ersparen. „Ich stelle also fest, daß der Krieg in Afghanistan verhältnismäßig rasch zu beenden wäre, würde eure Regierung nur einen Teil des Enduring Freedom-Budgets dafür verwenden, den Afghanis das gesamte Opium abzukaufen, um es noch vor Ort zu vernichten oder – ich sagte es eben – industriell zu nutzen, zum Beispiel in der Pharmaindustrie. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß eine solche Aktion in Afghanistan wesentlich billiger käme als in Europa! Dort beträgt der Marktwert eines Kilogramms Opium rund 30.000 bis 40.000 Euro, in Skandinavien gar das Vierfache! 95 Prozent des in Europa konsumierten Opiums kommen aus Afghanistan! Man stelle sich allein den volkswirtschaftlichen Effekt einer solchen Maßnahme vor! Jahr für Jahr wird dem Wirtschaftskreislauf Europas ein gewaltiger dreistelliger Milliardenbetrag zur Finanzierung der Suchtmittel afghanischen Ursprungs entzogen! Ärgert das die Amerikaner? Sicherlich nicht, schließlich steht man im Wettbewerb. Aber die Europäer sollte dies ärgern! Ginge es mit rechten Dingen zu, würden sie sich an den Kosten der Opiumvernichtung finanziell angemessen beteiligen. Statt dessen stecken sie Geld in die Ausbildung von ein paar Hundert Polizisten und Juristen mit der Maßgabe, diese mögen sich später – warum später, wenn der Effekt sofort erzielbar ist? – in eigener Regie des Opiumproblems annehmen. Welche Regierung ist wirklich so naiv zu glauben, daß lausig bezahlte afghanische Polizisten und eine Handvoll Richter jemals den bis an die Zähne bewaffneten Truppen der War Lords die Stirn böten und den Drogenhandel nachhaltig unterbinden könnten?“
Er sah Bassett herausfordernd an, doch der schwieg. Der General nutzte die Gelegenheit, seine Abrechnung fortzusetzen. Das waren keine spontan sich entwickelnden Gedanken, sondern das Resultat einer intensiven Auseinandersetzung mit der Situation in Afghanistan. „Würde das Opium den War Lords abgekauft, zu wesentlich geringeren Kosten als denjenigen der Kriegsführung, gäbe es außer Al Qaida, den Taliban, der pakistanischen Schmugglermafia und den internationalen Drogenkartellen nur Gewinner! Dennoch passiert das nicht! Über die Gründe sollte man nachdenken dürfen, laut und vernehmlich, denn es stellt sich schlicht und einfach die Frage: Wer hindert die westlichen Regierungen daran, das zwingend Logische zu tun? Warum nehmen sie statt dessen den zunehmend größer werdenden Blutzoll in Kauf? Spätestens jetzt ist doch der Schluß gestattet, daß es offensichtlich Kräfte gibt, die die westlichen Regierungen, allen voran die US-amerikanische, daran hindern, das Naheliegende zu tun! Also erlaube ich mir die Schlußfolgerung, daß bereits Syndikate am Werk sind und diese ihre Netzwerke längst bis in höchste Entscheidungsebenen ausgedehnt haben! Nicht nur in Pakistan, Rußland, China, nein, auch bei euch! Und nun wirst du verstehen, wenn ich Waffen- und Rauschgiftlobby – zumindest in diesem speziellen Konflikt – auf ein und dasselbe Niveau stelle.“
Bassett wog den Kopf hin und her, gab damit zu erkennen, daß diese Schlußfolgerung aus seiner Sicht doch um einige Nuancen zu kraß ausgefallen sei. „Sorry, Muhammad, du machst es dir zu leicht. Wenn Lockheed-Martin der US Air Force eine F 16 liefert, dann kann man damit zwar Menschen umbringen, aber ich sehe darin eine
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