Das Salz im See 1: Ein teuflischer Plan (German Edition)
nicht! Zumindest sprechen die Ergebnisse nicht dafür. Da muß man sich fragen: Ist eine Nation, die Raumfahrzeuge ins All schickt, Milliarden in die Forschung steckt, jährlich Nobelpreisträger produziert, tatsächlich so unterdurchschnittlich begabt, nicht aus ihren Fehlern der zurückliegenden Jahrzehnte gelernt zu haben? Oder steckt hinter dem stoischen Festhalten an ungeeigneten Rezepturen System, ein spezielles Interesse, zum Beispiel solcher Syndikate, mit denen wir es in diesem Moment hautnah zu tun haben?“ Er sah Bassett herausfordernd an.
Dessen Gesichtsausdruck verriet, daß ihm die Wendung des Gesprächs keinesfalls behagte. „Willst du etwa sagen, daß solche Ganoven im Oval Office beratschlagen, wie die Ressourcen der Welt aufzuteilen sind?“
Der General erkannte sofort, daß Bassetts Verteidigungsposition angeschlagen war. Er trank ein, zwei Schlucke Eistee, als wollte er seine Stimme für die bevorstehende Schlacht der Argumente ölen. „Natürlich behaupte ich nicht, daß derartige Kreaturen bereits das Oval Office bevölkern! Ich will dir die Augen öffnen, ich will dich provozieren, auch einmal bei euch hinter den Vorhang zu schauen, nicht immer das zu glauben, was man dir als intellektuelles Korsett mit auf den Weg gibt!“ Er nahm einen Schluck, um mit noch größerem Engagement fortzufahren. „Ihr seid hier, um euch angesichts knapper werdender Energieressourcen den Zugriff auf dieselben zu sichern. Du bist hier, um eurer TAP-Pipeline den Weg zu ebnen. Das ist dein konkreter Auftrag! Alle Investitionen, alle Maßnahmen, die die Realisierung der TAP-Pipeline in Frage stellen, müssen von dir bekämpft werden. Du kämpfst an der zivilen Front, eure Truppen an der militärischen, früher gegen Al Ghadaffi, später gegen Saddam Hussein, aktuell gegen Al Qaida und die Taliban – in aller Welt gegen alles, was eine Kalaschnikow trägt. Morgen sind Syrien und der Iran an der Reihe. Das wahre Motiv ist überall dasselbe – die Erkämpfung und Verteidigung der Energiehoheit! Natürlich ist euch klar, daß euch die TAP-Pipeline täglich um die Ohren flöge, sollte es nicht gelingen, Al Qaida und die Taliban in die Knie zu zwingen …“
Bassett konnte sich ein dünnes Lächeln nicht verkneifen. Er fiel seinem Freund ins Wort, um ihn aus dem Konzept zu bringen. „Muhammad, ich sehe, du bist bestens informiert.“
Der General stutzte einen Moment. „Dick, das ist meine Aufgabe! Aber laß‘ mich fortfahren! Um die Sache komplizierter zu gestalten, planen die Iraner ihrerseits die sogenannte Friedenspipeline über Pakistan nach Indien und die Chinesen die abenteuerliche Gwadar-Pipeline von der arabischen See nach Westchina. Die iranische Pipeline erhält Bestandsschutz durch die Taliban, die chinesische durch Punjabis, Belutschen und andere Ethnien, doch wer garantiert den Bestand eurer Pipeline? Niemand! Also bleibt euch nur die militärische Präsenz. Es geht nicht um Freiheit und Demokratie, es geht um Energie, die Basis eures Wohlstands! Hört auf, euch und der Welt etwas vorzugaukeln!“
Bassett hatte, trotz erkennbaren Widerwillens, ihm aufmerksam zugehört. Der General war sich dessen bewußt, daß die Gegenattacke des Amerikaners nicht lange ausbliebe. Um so überraschter war er, daß sich Bassett nur zu einem halbherzigen Einwand bewegen ließ. „Gut, nennen wir es klassische Hegemonialpolitik, so, wie es die Griechen, Perser, Türken, Spanier, Portugiesen, Briten, Russen und wer sonst noch alles machten. Ich will dies gar nicht bewerten, aber sage mir, was hat das mit den angeblichen Syndikaten zu tun? Wo werden von diesen in den USA auf politischer Ebene die Fäden gezogen? Bitte keine Allgemeinplätze, Muhammad! Überzeugende Fakten, wenn ich bitten darf!“ Während Bassett die nächste Zigarette in Angriff nahm, schien der General einen Moment nachzudenken. Bassett interpretierte das, wie er gleich merken sollte, vorschnell als Zeichen der Ratlosigkeit. „Nun, Muhammad? Probleme mit den Fakten?“
Die Antwort kam abgeklärt, scheinbar emotionslos. So antwortet jemand, der sich intensiv mit der Materie auseinandergesetzt hat, der seiner Sache absolut sicher war. „Keineswegs, Dick. Ich habe nach einem Beispiel gesucht, das selbst einen Amerikaner überzeugen sollte.“ Sie waren Kampfgefährten, gemeinsam überstandene Gefahren auf dem schmalen Überlebensgrat eines mit gnadenloser Härte geführten Partisanenkrieges gegen die sowjetischen Okkupanten hatten sie
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