Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman
ihm gelang, das Rauschen zu dezimieren. Und plötzlich hörten wir Solos Stimme.
»… ja, sag ich doch, diese beiden Schläger sind hinter euch her … im Auftrag von Frankas Vater nehme ich an … ich musste, nein, Marcel, hör mir doch zu, ich musste ihnen etwas anbieten, sonst hätten sie meine Frau mit Sonne zerstört … also, auf keinen Fall ins Solambo … ja, das Café Regenbogen ist auch gut, warum nicht …«
Der blonde Hüne grinste. »Siehst du?«
»Warum unterschätze ich dich bloß immer?«, fragte ich mich laut.
»Weil du eingebildet bist, Wilsberg«, sagte Koslowski. »Aber das macht nichts. Ich habe mich daran gewöhnt.«
VIII
Das Café Regenbogen befand sich in der Schüppen-Straße, einem Teil der etwa fünfhundert Meter langen Coesfelder Fußgängerzone. Das machte die Observation nicht einfacher, denn wir mussten die sichere Deckung des Autos verlassen. Koslowski und ich versteckten uns am Markt hinter der Lamberti-Kirche, mit Blick nicht nur auf das Café, sondern auch auf eine kleine Skulpturenausstellung. Neben einem Brunnen mit mehreren Kugeln, für die wohl Claes Oldenburgs Aaseekugeln Pate gelegen hatten, gab es einen überdimensionalen Wetterhahn mit menschlichem Kopf und eine verendende Wildsau aus Bronze. Desmond Solo musste bei der Vergabe leer ausgegangen sein, er arbeitete weniger realistisch.
Das Coesfelder Sec Check -Team, das die sinnlos gewordene Überwachung des Solambo aufgegeben hatte, postierte sich auf der anderen Seite des Cafés, in der Kupferpassage. Zu viert nahmen wir die Gäste des Regenbogen ins Kreuzfeuer unserer Teleobjektive, die Fotos, so hofften wir, würden zur Identifizierung einiger Veganer und diese uns anschließend zu den Affen führen. Nur Rentner und Kinder unter acht Jahren fotografierten wir nicht, aber da es sich beim Café Regenbogen um eine Szenekneipe handelte, waren diese Personengruppen ohnehin selten.
Gegen sieben zog ein Gewitter mit heftigem Regenschauer auf, und ich rannte zum Auto, um den im Kofferraum verstauten Regenschirm zu holen, den ich anschließend, völlig selbstlos, über Koslowskis Kopf hielt, weil der gerade mit Fotografieren dran war.
Um halb neun, ich war inzwischen nass, müde und übellaunig, wurde der bis dahin tröpfelnde Publikumsstrom reger. Immer mehr junge Menschen, deren Habitus zu Tierbefreiern passte, betraten einzeln oder in Gruppen das Regenbogen . Koslowski verschoss einen Film nach dem anderen.
Ich entdeckte ein dünnes blondes Mädchen.
»Gib mir mal den Apparat!«, verlangte ich.
Bevor sie im Eingang verschwinden konnte, erwischte ich ihren Kopf im Zoom. Tatsächlich hatte ich das schmale, unschuldige Gesicht heute schon einmal gesehen. »Das war Yvonne Holtgreve«, meldete ich meinem Partner.
»Scheiß mich an«, knurrte Koslowski, »ich denke, die ist krank.«
»Heute Morgen war sie es noch. Eine Wunderheilung, nehme ich an.«
»Die Kleine hat euch gelinkt. Die steckt weit tiefer drin, als ihrer Mutter im Traum einfallen würde.«
»Sieht ganz so aus. Und dabei tat sie mir richtig leid.«
»Trau keiner unter zwanzig«, schloss Koslowski das Thema ab.
Und dann kam der größte lebende Bildhauer Coesfelds, Desmond Solo alias Harald Gausepohl.
Koslowski schmatzte und leckte seine Lippen. »Wir sollten reingehen und die ganze Bande aufmischen. Wetten, dass ich nur fünf Minuten brauche, um das Versteck der Affen zu erfahren.«
»Auf gar keinen Fall«, sagte eine Stimme hinter uns.
»Aber Chef!«, protestierte der blonde Kleiderschrank. »Da drin sitzen einige, die genau wissen, wo die Affen stecken. Ich schnapp mir einen oder zwei von denen, geb ihnen ein paar Klapse, und schon ist unser Job erledigt.«
»Ich will keine Kneipenschlägerei, ist das klar?«, sagte Sigi.
»Aber warum denn nicht?«
»Weil ich Holtgreve gegenüber im Wort stehe. Unsere Aufgabe ist eindeutig definiert: jedes Aufsehen vermeiden. Ihr verfolgt Desmond Solo, Kerstin und Viktor nehmen Yvonne. Haben wir uns verstanden?«
»Ja, Chef«, murmelte Koslowski.
Desmond Solo kam um elf wieder heraus, allein. Coesfelder Nachtschwärmer waren eine eher seltene Spezies, und so ließen wir ihm reichlich Vorsprung. Solo ging geradewegs zum Parkplatz an der Ritter-Straße, wo er seinen verrosteten Toyota abgestellt hatte. Das bedeutete, dass wir einen lang gezogenen Sprint quer durch einen kleinen Park zu unserem eigenen Auto hinlegen mussten, das vor dem St.-Vincenz-Hospital stand. Nachdem wir einige Verkehrsregeln
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