Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman
dazu.«
»Und was hat deine Schwester Yvonne bei Aldi gekauft? Soweit ich weiß, ist das kein Bioladen.«
»Das waren alles Sachen für die Kapuziner. Wir können uns nicht leisten, auch die Kapus biodynamisch zu ernähren.«
Ich ergab mich in mein Schicksal und bestellte Möhren, Fenchel und Bananen. Als sie mein Abendessen brachte, bat ich Franka, mir noch ein wenig Gesellschaft zu leisten.
»Fühlen Sie sich schon einsam?«, fragte sie spöttisch, setzte sich aber mir gegenüber. Hinter der coolen Fassade kämpfte sie mit ihrem schlechten Gewissen. Redete ich mir ein.
»Ja, ich sitze nicht gern allein in finsteren Höhlen«, schlug ich voll in die Kerbe. Und setzte noch eins obendrauf: »Und außerdem wartet meine kleine Tochter auf mich.«
»Wie alt ist denn Ihre Tochter?«
»Drei Jahre.«
»Und die lassen Sie allein zu Hause?«
Ein klassisches Eigentor. Ich biss in eine knackige Möhre und erklärte kurz mein kompliziertes Beziehungsgeflecht.
»Dann geht’s Ihrer Tochter ja gut.«
»Das hoffe ich.« Ich riss ein Stück Fenchel ab. »Dass ihr kein Fleisch esst, verstehe ich ja. Aber warum lehnt ihr Milchprodukte ab? Eine Kuh, die man melkt, bringt man schließlich nicht um.«
»Aber sie wird ausgebeutet. Die Milchkuh lebt einzig und allein zu dem Zweck, den Menschen Milch zu geben. Und später Leder«, sagte sie mit einem Blick auf meine Lederschuhe.
Ich zog die Füße unter die Beine. »Und wenn die Kühe nicht in engen Ställen, sondern glücklich und zufrieden auf saftigen Weiden leben würden?«
»Auch dann nicht. Die nicht menschlichen Tiere sollen ihr eigenes Leben leben, nicht ein von menschlichen Herrenwesen definiertes.«
»Aber was wollt ihr mit den ganzen Kühen und Schweinen machen? Sie in eine nicht vorhandene Wildnis jagen? Die heutigen Haustiere sind so hochgezüchtet, dass sie elendig krepieren würden.«
»Das ist richtig«, sagte Franka. »Es gibt wohl nur die Möglichkeit, sie aussterben zu lassen.«
Ich überlegte. »Verstehe ich das richtig, ihr wollt alle Haustiere abschaffen?«
Sie nickte. »Wir sind keine Tierfreunde im herkömmlichen Sinn, die Tiere zum Streicheln brauchen.«
»Dann würde es allerdings viel weniger Tiere geben.«
»Keine Zuchttiere mehr, ja. Dafür hätten die Tiere in der Natur mehr Raum zum Leben.«
»Ist ein nicht gelebtes Leben besser als ein elendes?«
Sie zog die Nase kraus. »Das ist philosophische Haarspalterei.«
Ich hatte den Fenchel vertilgt und verspürte ein unbefriedigendes Völlegefühl. »Schon möglich«, murmelte ich. Ich schnappte mir eine Banane.
»Schmeckt Ihnen das Essen etwa nicht?«
»Ich dachte gerade, dass etwas, das so gut schmeckt wie ein mariniertes Lammsteak, keine Sünde sein kann.«
Sie zuckte zurück, als hätte ich ihr eine Ohrfeige gegeben. »Sie sind ein beschissener Aasfresser. Warum rede ich überhaupt mit Ihnen?«
Und dann war ich wieder allein.
Für die dringendsten Bedürfnisse hatten sie mir einen Eimer in die Höhle gestellt, außerdem die Hand- und Fußfesseln gelockert, sodass ich mich einigermaßen bewegen konnte. An den Geräuschen, die aus dem verzweigten Höhlensystem hereindrangen, hörte ich, dass mindestens zwei von ihnen ständig Wache hielten. Zusätzlich hatten sie eine schwere Holzplatte vor den Eingang meiner Privatgrotte geschoben. Deshalb verschwendete ich keine Gedanken an Flucht, sondern machte es mir auf den Matratzen so gemütlich wie möglich.
Der Erfolg war bescheiden, zumal die Rohkost in meinen Eingeweiden rumorte. Später hatte ich wieder Hunger, und köstlich gedeckte Tische mit warmem und kaltem Büfett erschienen vor meinem geistigen Auge. Selbst ein simpler Joghurt mit Früchten ließ mir das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Irgendwann rüttelte mich jemand an der Schulter. Anscheinend war ich doch noch eingeschlafen.
»Es ist neun Uhr«, sagte Franka.
»Abends oder morgens?« Ich hatte einen sauren Geschmack im Mund.
»Morgens natürlich. Sie haben geschlafen wie ein Bär.«
»So fühle ich mich auch. Ich brauche dringend einen Kaffee.«
»So was führen wir nicht. Wir trinken weder Kaffee, schwarzen Tee noch Alkohol. Und wir rauchen auch nicht.«
»Mein Gott, von welchem Stern kommt ihr eigentlich?«
»Sie glauben gar nicht, wie viele Menschen auf der Erde sich gesund ernähren.«
»Ich hoffe, dass ich mit dem Flugzeug nie in einer solchen Gegend abstürzen werde.«
»Und sie leben länger und haben seltener Ernährungskrankheiten wie Gicht, Rheuma und
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