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Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman

Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman

Titel: Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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morgen.«
    »Habt ihr eine Kontaktadresse angegeben oder wenigstens eine Telefonnummer?«, erkundigte ich mich.
    »Nein, wir sind doch nicht lebensmüde.«
    »Dann wird gar nichts passieren.«
    Sein Lächeln wurde unsicher. »Wieso nicht?«
    »Glaubst du, die Nachrichtenagenturen bringen eine solche Meldung ungeprüft? Also rufen sie bei Arilson an, und wenn Arilson behauptet, dass ihnen keine Affen fehlen, ist die Story gestorben.«
    Er dachte darüber nach.
    »Ihr hättet zumindest Fotos von den Kapuzinern beilegen sollen«, sinnierte ich, »oder, besser noch, ihr nehmt Kontakt zu einem Magazin der Privatsender auf, Taff , Blitz oder wie die heißen. Ist auch völlig wurscht welches. Die stehen alle auf rührselige Geschichten mit Tieren.«
    »Das fällt Ihnen reichlich spät ein«, meckerte der Chefideologe.
    »He, ich dachte, ich wäre der Gefangene der Bewegung. Außerdem habt ihr mich nicht gefragt, oder?«
    Wir guckten uns an. »Okay, Sie sind gar nicht so übel«, gestand er ein. »Für einen Aasfresser.«
    »Freut mich. Mein Name ist übrigens Georg Wilsberg. Du kannst ruhig du zu mir sagen.«
    »Ich heiße Markus.«
    Wenn ich nicht gefesselt gewesen wäre, hätten wir uns beinahe die Hände gereicht. Kannst du deinen Gegner nicht schlagen, verbünde dich mit ihm. War das nicht ein Satz von Mao?
    Eine Fliege, die mich bereits seit einiger Zeit nervte, landete ein paar Zentimeter vor meiner Schuhspitze. Ich hob schon den Fuß, überlegte es mir dann aber anders.
    Markus lachte: »Du lernst schnell dazu.«
    Die Fliege nutzte ihre Chance und krabbelte über meinem Kopf.
    Ich schüttelte mich. »Wie weit geht eigentlich eure Tierliebe, Entschuldigung, euer Einsatz für die Rechte der Tiere? Auch Bakterien und Viren sind ja irgendwie Lebewesen.«
    »Und als Nächstes erzählst du mir, dass ein Salat Schmerzen empfindet.«
    »Ich hab mal so was gelesen.«
    »Fleischfressermärchen«, sagte er. »Dass Pflanzen auf Berührung reagieren, bedeutet nicht, dass sie Empfindungen haben. Wir setzen uns für Lebewesen ein, die Gefühle wie Schmerz, Liebe und Angst entwickeln können. Das sind im Wesentlichen die Wirbeltiere. Wir behaupten nicht, dass alle Lebewesen die gleichen Rechte haben. Ich persönlich vermeide es, Fliegen oder Spinnen zu töten. Wenn sie mich nerven, fange ich sie ein und setze sie draußen wieder aus. Aber natürlich darf ich mich wehren, wenn ich angegriffen werde. Das gilt auch für Insekten. Eine Mücke, die mich stechen will, Läuse oder Flöhe, die mich überfallen, Ameisen, die meine Lebensmittel rauben, bringe ich notfalls um. Und gegen Viren nehme ich wie jeder andere Mensch Antibiotika, wenn es nicht anders geht. Aber das ist Ansichtssache. Die meisten von uns schwören auf Naturheilmittel. Und tatsächlich kann man mit gesunder Ernährung und der Vermeidung von Giften die eigenen Immunkräfte stärken, sodass die Aasfressermedizin größtenteils überflüssig wird. Trotzdem, wir sind keine Sektierer wie die Zeugen Jehovas, die lieber sterben, als sich eine Bluttransfusion geben zu lassen.«
    Ich versicherte ihm, dass ich das außerordentlich beruhigend fände, und da ich unsere neu gewonnene Freundschaft noch ein wenig festigen wollte, fragte ich ihn, wie sein eigener Weg zu den Veganern verlaufen sei.
    »Über den Antifaschismus. Ich komme aus Nottuln, und da laufen eine Menge Faschos herum. Nicht nur diese Hohlköpfe von Skinheads, die unter ihrem Bürstenhaarschnitt eine Luftblase haben und deren Geisteshaltung sich darin erschöpft, blöde Lieder zu grölen und Türken zu schlitzen. Nein, auch so tiefbraune alte Säcke, die Debattierzirkel veranstalten, bei denen sie behaupten, dass die Gaskammern in Auschwitz zu klein waren, um sieben Millionen Juden zu vergasen. Es könnten höchstens zwei Millionen gewesen sein, als wäre das weniger grauenhaft – all diese elende Kacke.
    Zuerst bin ich rein emotional drangegangen, hab mich über den ganzen Quatsch empört, bei Demos mitgemacht, Flugblätter verteilt und so. Und dann habe ich mich theoretisch damit beschäftigt. Wie kommen diese Arschlöcher zu der Annahme, dass blonde und blauäugige Menschen besser sind als andere? Ich habe über die Ursachen von Rassismus und Antisemitismus nachgedacht. Und irgendwann ist mir ein Licht aufgegangen, dass das mit dem verkorksten Verhältnis der Menschen zur Natur zu tun hat, mit der Vorstellung, der Mensch sei die Krone der Schöpfung und dürfe sich gegenüber den anderen Lebewesen alles erlauben.

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