Das Schapdetten-Virus - Kriminalroman
vergessen.«
Die fünf lachten höhnisch im Chor.
»Moment, das ist noch nicht alles. Papa Holtgreve legt eine größere Summe obendrauf, für den guten Zweck des Tierschutzes oder was auch immer. Er hätte sicher nichts dagegen, wenn ihr euch das Geld in die Tasche steckt und damit in die Karibik abdüst. Einzige Bedingung ist, dass ihr die Kapuzineraffen zurückgebt und in Zukunft einen Bogen um Arilson macht.«
»Das ist doch nichts Neues«, sagte der Motorradheini geringschätzig. »Das hat uns Yvonne schon erzählt.«
»Aber es ist ein Super-Angebot. Ein besseres könnt ihr in nächster Zeit nicht kriegen.«
»Die Karibik interessiert mich nicht«, sagte das schwarze T-Shirt. »Ich fliege nicht mit einem Jet, der die Erdatmosphäre kaputt macht.«
»Es geht uns nicht um Geld«, erklärte Franka ernsthaft. »Wir wollen, dass alle Affen freikommen. Arilson hat bis heute Abend Zeit, auf unser Ultimatum einzugehen.«
»Das wird dein Vater nicht tun.«
»Und warum nicht?«
»Weil er sich damit praktisch selbst arbeitslos macht. Das Unternehmen, das sich freiwillig vom Markt schießt, gibt es nicht. Jedenfalls nicht im real existierenden Kapitalismus.«
»Dann gehen wir eben an die Öffentlichkeit«, sagte das schwarze T-Shirt. »Das wird Arilson auch nicht schmecken.«
»Außerdem haben wir jetzt nicht nur die Kapuziner, sondern auch Sie«, drohte der Motorradheini.
Ich spürte, wie sich ein unangenehmer Druck in meiner Magengegend verstärkte. Die Aussicht, einige Tage in gebückter Haltung und gefesselt in dieser Grotte zu verbringen, war alles andere als verlockend.
»Mal was anderes, Leute«, wechselte ich das Thema. »Wie geht’s eigentlich den Affen?«
Die Veganer guckten sich an.
»Warum?«, fragte Franka.
»Könnte es sein, dass einige Tiere krank sind?«
»Woher wissen Sie das?«, schnappte das schwarze T-Shirt.
»Weil im Affenhaus von Schapdetten eine Epidemie ausgebrochen ist. Noch ist unklar, um welche Krankheit es sich handelt, aber im Interesse der Tiere, die ihr entführt habt, wäre es das Beste, wenn sie in die Behandlung eines Tierarztes kämen.«
»Das ist doch nur ein Trick«, stieß der pummelige Bursche, der bis jetzt den Mund gehalten hatte, atemlos hervor. »Oder, noch schlimmer, die fangen mit ihren Experimenten schon in Schapdetten an, infizieren die Kapuziner mit irgendeinem Scheiß, um Medikamente zu testen.«
»Blödsinn«, würgte ich ihn ab. »Ich mache mir keine Illusionen darüber, was später mit den Affen geschieht. Aber eines ist klar: Arilson führt keine Experimente durch. Arilson ist eine Importfirma, die Affen weiterverkauft.«
Das schwarze T-Shirt grinste ironisch. »Und wer soll unsere Kapuziner behandeln? Etwa der Tierarzt von Arilson ? Das ist doch so, als ob die Juden in Auschwitz den SS-Arzt Mengele um Hilfe gebeten hätten.«
Ich wusste, dass man als Geisel tunlichst vermeiden sollte, seinen Geiselnehmern zu widersprechen, doch seitdem ich, spät genug in meinem Leben, erfahren hatte, was in Auschwitz geschehen war, konnte ich billige Vergleiche nicht ausstehen. Und so blieb ich auch diesmal bei meiner Linie.
Der Träger des schwarzen T-Shirts ließ meine Zurechtweisung lächelnd von sich abprallen. Er schien der Chefideologe der Gruppe zu sein, und mit genüsslich zuckenden Mundwinkeln bereitete er seinen Gegenangriff vor.
»Ich kann mir gut vorstellen, wer Sie sind: So ein Altlinker, der sich für liberal und tolerant hält, der gegen Rassismus und die Diskriminierung der Homosexuellen eintritt und für die Gleichberechtigung der Frauen ist, Antifaschist und selbstverständlich entschiedener Gegner des Antisemitismus.«
»Na und? Was ist daran auszusetzen?«, maulte ich.
»Nichts. Das sind wir auch. Aber darüber hinaus sind wir gegen die Diskriminierung artverwandter Wesen, die Sie überheblich als Tiere bezeichnen. Ungerechtigkeit unter Menschen finden Sie übel, der Massenmord an Kühen und Schweinen interessiert Sie nicht. Dass Millionen von denkenden und fühlenden Wesen nur zu dem einzigen Zweck leben, um in den Mägen der Menschen zu verschwinden, ringt Ihnen nicht einen Funken von Mitleid ab. Oder essen Sie etwa kein Fleisch?«
»Doch«, gab ich zu.
»Dachte ich mir doch, dass Sie ein Aasfresser sind, ein Kannibale, der Seinesgleichen verschlingt.«
»Nun mach aber mal einen Punkt!«, protestierte ich. »Nur weil ich gelegentlich einen Dönerburger verspeise, bin ich noch kein Unmensch.«
»Haben Sie schon einmal in einem
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