Das scharze Decameron
heimkommen. Er sandte eine Botschaft an jede und ließ ihr sagen, sie solle sogleich zu ihm zurückkommen. Alle drei Frauen antworteten aber dasselbe, nämlich: »Ich kenne dich doch. Tu doch nicht so, als wüßtest du nicht, daß ich dich kenne! Du bist so geizig und gierig, daß ich nicht wieder zu dir komme.« Ansige starb frauen- und kinderlos. Noch heute mögen die Habbefrauen die Geizigen und Gierigen nicht leiden.
Sagate Singo
Sahel
Dio Dama war ein raublustiger Mann. Er stammte aus Massina, wurde jedoch in Kalla erzogen und lernte dieses Land daher sehr genau kennen. Als er erwachsen war, kehrte er nach Massina zurück, warb einige Spießgesellen an und unternahm Raubzüge nach Kalla.
Eines Tages kam er auch auf solche Weise nach Kalla, um in einem Dorf alle Schafe zu rauben und heimzutreiben nach Massina. Mit einigen Gehilfen gelang es, Schafe zusammenzutreiben. Die Leute sagten: »So ist es gut! Nun wollen wir heimkehren.« Dio Dama aber sagte: »Hier, gleich neben dem Ort ist ein angenehmer Platz an einem Gewässer. Da wollen wir uns lagern. Ich verlasse die Gegend nicht, ehe ich nicht einige Bleikugeln gefrühstückt habe.« Also lagerte Dio Dama mit den Spießgenossen und mit den Hammeln an dem Wasser.
Bis gegen Mitternacht wälzte sich die Frau Sagate Singos auf ihrem Lager hin und her. Um Mitternacht fragte Sagate Singo: »Was hast du eigentlich? Du wirfst dich immer hin und her?« Die Frau antwortete: »Ich höre, daß mein kleiner Hammel unten am Wasser schreit. O, ich habe keinen tapferen Mann, der mir den Hammel zurücktreibt.« Sagate Singo sagte: »Ach, wenn es weiter nichts ist. Schlaf nur. Morgen früh werde ich ihn hertreiben. Ich höre, er ist nicht allein, die anderen Hammel des Dorfes sind auch dabei. Es werden sich wohl einige fremde Hirten ihrer angenommen haben, die bis morgen früh auf die Belohnung für den unerbetenen Hirtendienst warten.« Sagate Singo drehte sich um und schlief weiter. Nach einiger Zeit wachte er wieder auf, denn seine Frau weinte neben ihm laut und schluchzte: »Ach, ich bin eine arme Frau, die keinen tapferen Mann hat, der ihr ihren kleinen Hammel zurücktreiben kann. Ich habe keinen tapferen Mann.«
Da stand Sagate Singo von seinem Lager auf und sagte: »So will ich denn einen ›Arbeiter‹ mitnehmen, der mit mir den Hammel heimtreibt.« Er nahm sein Gewehr (der Dialli erklärt, das sei sein »Arbeiter«), einige Kugeln und das Pulverhorn. – Es war in der Nacht sehr kalt und deshalb hatten sich die Räuber am Wasser ein Feuer angezündet, über dem sie die Hände wärmten. Sagate Singo sah einen Mann, der die Hände über das Feuer hielt. Er schoß. Der Mann fiel tot um. Ein anderer sagte: »Diesem Genossen war kalt; nun wird er aber noch kälter werden. Es muß hier viel Wild und gute Jäger geben.« Als er das gesagt hatte, pfiff die zweite Kugel Sagate Singos in seinen Kopf. Dio Dama erhob sich und sah um sich. Er fiel auch todwund hin.
Sagate Singo trieb die Hammel zurück. Alle Leute sagten: »Sagate Singo, Sagate Singo – ach, das ist der Tapferste von allen.« Alle Leute sagten so. Nur Sagate Singos Frau meinte: »Was wollt ihr? Mein Mann soll tapferer sein als andere? Ich habe das nicht gesehen. Ich glaube es nicht. Mein Mann hat nichts Sonderliches vor meinen Augen getan.« Die Frau sagte das, wenn Sagate Singo daneben stand. Sagate Singo sagte: »Entweder du wirst es selbst sagen, daß ich der Tapferste von allen bin, oder es nimmt noch ein schlimmes Ende mit mir vor deinen Augen. Ich werde dir zeigen, was ich kann, und du wirst mir zugeben, daß ich der Tapferste bin.«
Eines Tages sagte die Frau: »Ich will heute nach Sansanding zum Markt gehen.« Sagate Singo fragte: »Was willst du denn dort?« Die Frau sagte: »Ich will auf dem Markt ein Fenkalang (einen Lendenschurz aus gestreiftem Baumwollstoff) kaufen.« Sagate Singo sagte: »Gut, das sollst du haben.« Sagate Singo ging und kaufte mehrere Fenkalang. Er brachte sie seiner Frau und sagte: »Hier hast du sie.« Die Frau sagte: »Ach, die du da gekauft hast, will ich nicht. Ich will die Reise nach Sansanding machen und einen Fenkalang kaufen – das ist es.« Sagate Singo sagte: »Es ist gut.«
Sagate Singo zog einen Tragochsen heran und setzte seine Frau darauf. Er übergab das Reisegerät seiner Frau einem Sklaven, daß er es vor ihr hertrage. Er nahm sein Gewehr, stieg auf sein Pferd und sagte: »Nun können wir reisen.« Er ritt hinter seiner Frau her, um sie zu schützen. – Sie
Weitere Kostenlose Bücher