Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
Vom Netzwerk:
Manne genommen hatte, denn die Leute wußten das nicht. Die Leute erzählten nicht, daß das Mädchen dem Kaffeewirt gesagt habe, daß sie ihn nur nähme, um zu sehen, was an einem Mann dran sei, daß sie ihn aber wieder aus ihrem Hause und der Ehegemeinschaft ausweisen würde, wenn ein Mann käme, der sich klüger und tapferer als er, der Kaffeewirt, und sie, die Tochter des Agellid, erwiese. Die Leute erzählten es nicht, denn die Leute wußten es nicht. Sie erzählten dem Burschen nur immer von der Klugheit und Schönheit der Tochter des Agellid. Der Bursche sagte: »Diese Tochter des Agellid ist anscheinend die Frau, die ich suche.« Der Bursche machte sich wieder auf den Weg und begab sich in den Ort, in dem die kluge Tochter des Agellid wohnen sollte.
    Der Bursche kam in den Ort. Der Bursche legte seine Sachen bei einem Kaffeewirt nieder. Der Bursche wußte nicht, daß dieser Kaffeewirt gerade derjenige war, den die kluge Agellidtochter ausgewählt hatte, um kennenzulernen, was an einem Mann dran sei. Der Bursche lebte nun in dem Kaffeehaus und unternahm nichts. Der Bursche sagte: »Ich will nichts fragen und nichts tun. Es wird alles ganz allein so gehen, wie es gehen muß. Ich werde warten, bis man mir den Weg zu meiner zukünftigen Frau zeigt.«
    Einen Monat lang war der Bursche in dem Kaffeehaus. Er tat nichts und sagte wenig. Der Kaffeewirt sagte bei sich: »Ich muß herausbekommen, was dieser Bursche hier will. Ich will das wissen, denn die Leute fragen mich danach, und ich kann ihnen keinen Bescheid geben.« Der Kaffeewirt kam eines Tages zu dem Burschen, begrüßte ihn, setzte sich zu ihm und sagte: »Du bist nun schon einen Monat lang hier bei mir.« Der Bursche sagte: »So ist es. Ich hoffe, daß ich immer mein Lager, mein Essen und mein Getränk bezahlt habe.« Der Kaffeewirt sagte: »Gewiß hast du stets alles bezahlt. Du mußt wohlhabend sein, daß du stets alles immer bezahlen kannst, ohne einen Beruf zu haben. Denn anscheinend arbeitest du nicht.« Der Bursche sagte: »Nein, ich arbeite nicht. Gott hat mich so klug, so schön und so stark gemacht, daß mir immer das, was ich brauche, zuteil wird.« Der Kaffeewirt sagte: »Glaubst du, daß du hier am Ort auch alles bekommen wirst, was du brauchst?« Der Bursche sagte: »Das glaube ich, wenn es hier nämlich kluge Frauen gibt. Ich glaube aber nicht, daß es hier kluge Frauen gibt.« Der Kaffeewirt sagte: »Du irrst dich sehr. Es gibt hier sogar sehr kluge Frauen. Ja, man sagt, in diesem Orte gäbe es die klügste Frau des ganzen Landes. Dort drüben in jenem Hause lebt z. B. eine junge Frau, die Tochter unseres Agellid, die ist klüger als alle Frauen. Sie hat sich vor einiger Zeit einen Mann genommen, der tagsüber beschäftigt ist. Damit sie nun ganz sicher ist, daß in der Zeit seiner Abwesenheit kein Mann zu ihr eindringen kann, hat sie ihr Haus mit sieben Türen verschlossen und nur einen Schlüssel machen lassen, den hat sie ihrem Mann gegeben, der ihn immer bei sich trägt. Die kluge Frau hat nun ihrem Mann geschworen, daß nur der in das Haus hineinkommen dürfe und von ihr empfangen würde, der den Schlüssel hat, der zu den sieben Schlössern paßt. Sie empfängt nicht einmal mehr ihre eigenen Verwandten. Diese Frau ist sehr klug.«
    Der Bursche sagte bei sich: »Das Mädchen des Agellid hat also einen Mann genommen. Sie hat gesagt, daß sie nur den empfängt, der den Schlüssel zu ihrem Haus hat. Ich werde mir den Schlüssel zu ihrem Haus machen lassen. Ich werde zu ihr gehen und werde sehen, ob sie wirklich so klug ist, wie alle Leute sagen. Wenn sie so klug ist, dann werde ich ihr zeigen, daß ich ihr und ihrem Mann an Klugheit überlegen bin, und ich werde sie dann heiraten. Ihr Haus hat der Kaffeewirt mir ja nun gezeigt.« Als es Abend war, ging der Bursche zu dem Haus der Tochter des Agellid. Er nahm einen Klumpen Wachs mit sich und drückte auf einen Teil des Wachses die Form der Öffnung der Schlösser ab. Dann drückte er einen zweiten Teil Wachs innen in das Schloß. Der Bursche ging wieder heim. Als es Nacht war, ging der Kaffeewirt hinüber zu dem Haus seiner Frau. Er steckte einen Schlüssel in die Öffnung und öffnete. Als er den Schlüssel wieder herauszog, fand er, daß sich eine Wachsschicht in die Zacken gedrückt hatte. Der Kaffeewirt sagte: »Wie kommt denn das Wachs in meine Tasche und an meinen Schlüssel?« Er dachte aber nicht weiter darüber nach, sondern zog die Wachsschicht vom Schlüssel und warf sie auf die

Weitere Kostenlose Bücher