Das scharze Decameron
Der Bursche sagte: »Nein, ich war nicht bei einem schönen Mädchen. Ich war bei einer schönen Frau. Ich habe dir doch gesagt, daß ich das, was ich brauche, immer von klugen Frauen erhalte, und du hast doch gesagt, daß die Tochter des Agellid, die dies Haus da drüben bewohnt, klug ist. Da habe ich denn eben sogleich die gestrige Nacht bei der klugen Frau zugebracht.« Der Kaffeewirt sagte: »So hast du da drüben bei der klugen Frau geschlafen?« Der Bursche sagte: »Natürlich!« Der Kaffeewirt sagte: »Wie bist du denn hineingekommen?« Der Bursche sagte: »Du hattest mir doch gesagt, daß die kluge Frau nur den empfängt, der den Schlüssel hat. Da habe ich mir von dem Mann der Frau eben einen Abdruck in Wachs machen lassen, indem ich Wachs in das Schlüsselloch steckte, das der Mann, der ein wahrer Esel sein muß, denn auch abdrückte und auf die Straße legte. Ich habe mir nach dem Wachsabdruck den Schlüssel gemacht. Ich bin hierauf gestern abend an das Haus gegangen, habe die sieben Türen aufgemacht und habe dann bei der Frau geschlafen. Es ist eine sehr schöne und kluge Frau. Als der Ehemann kam, habe ich mich von der Frau in die Fußmatte wickeln und in die Ecke rollen lassen. Als der Mann endlich heute morgen seine Frau verließ, bin ich aufgewacht, habe mit der Frau noch eine Zeitlang geplaudert und bin dann wieder hierher zurückgekehrt. Du hast ganz recht, es ist eine sehr kluge und sehr schöne Frau. Ich wiederhole dir aber, daß der Mann in Wahrheit ein Esel sein muß.« Der Kaffeewirt sagte: »So hat die kluge Frau dir nicht gesagt, wer ihr Mann ist?« Der Bursche sagte: »Nein, das hat sie nicht gesagt. Weshalb sollte sie mir das auch sagen?« Der Kaffeewirt sagte: »So hast du auch die kluge Frau nicht gefragt, wer ihr Gatte ist?« Der Bursche sagte: »Nein, wie soll ich dazu kommen, danach zu fragen? Es wäre der klugen Frau doch nur unangenehm gewesen, mit mir über den dummen Gatten zu reden, und mich geht er doch gar nichts an.« Der Kaffeewirt sagte: »Was sagst du? Der Mann der Frau, mit der du schläfst, geht dich nichts an?« Der Bursche sagte: »Nein, der geht mich nichts an. Das ist Sache der Frau. Der Mann wird es schon früh genug merken, wenn ich seine Frau heirate.« Der Kaffeewirt sagte: »Was sagst du? Du willst diese Frau heiraten?« Der Bursche sagte: »Ich denke, ja. Ich habe mich aber noch nicht fest entschlossen.« Der Kaffeewirt sagte: »So wirst du diese Nacht wieder zu der klugen Frau gehen, um mit ihr zu schlafen?« Der Bursche sagte: »Natürlich werde ich gehen.« Der Kaffeewirt sagte: »Versäume es ja nicht, heute nacht wieder zu der Tochter des Agellid zu gehen. Die Gelegenheit, bei einer so klugen und schönen Frau zu schlafen, ist sehr selten.« Der Bursche sagte: »Da hast du sehr recht. Ich danke dir jedenfalls dafür, daß du mich auf sie aufmerksam gemacht hast.« Der Kaffeewirt ging hinaus, schlug sich vor den Kopf. Dann ging er in seine Kammer, nahm einen Säbel hervor und schliff ihn. Er schliff den Säbel und sagte dabei immer vor sich hin: »Der Mann muß in Wahrheit ein Esel sein! Der Mann muß in Wahrheit ein Esel sein! Der Mann muß in Wahrheit ein Esel sein! Warte, Bursche, heute nacht werde ich dich treffen, und dann wird der wahre Esel dich lehren, seine Frau zu heiraten.«
Als es gegen Abend war, ging der Bursche hinüber zum Haus der klugen Tochter des Agellid. Er verschloß die sieben Türen wieder hinter sich und suchte die kluge Frau auf. Die Frau fragte ihn: »Hast du jemand erzählt, daß du vorige Nacht bei mir geschlafen hast?« Der Bursche sagte: »Ja, ich habe es dem erzählt, der es am schnellsten zu Ohren deines Mannes bringen wird, damit der möglichst bald beginnt, sich mit mir zu messen.« Die Frau sagte: »Wem hast du es denn erzählt?« Der Bursche sagte: »Ich habe es meinem Freund, dem törichten Kaffeewirt, erzählt.« Die Frau sagte: »Wem hast du es erzählt?« Der Bursche sagte: »Meinem Freund, dem Kaffeewirt. Wer sollte mir sonst bequemer gekommen sein?« Die kluge Frau lachte, sie lachte und lachte. Der Bursche sah sie an und sagte: »Dann ist also der Kaffeewirt dein Mann? Das ist bedauerlich.« Die Frau lachte und sagte dann: »Weshalb ist es denn bedauerlich?« Der Bursche sagte: »Weil ich es lieber mit einem Klügeren aufgenommen hätte.« Die Frau sagte: »Komm, setze dich zu mir.« Der Bursche blieb bei der klugen und schönen Frau, bis draußen der Kaffeewirt den Schlüssel in das Schlüsselloch der äußersten
Weitere Kostenlose Bücher