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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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Straße. Dann ging er durch die anderen Türen zu seiner Frau hinein und verließ das Haus am anderen Morgen, nachdem er die Türen wohl verschlossen hatte.
    Der Bursche ging aber nachts hin, suchte die Wachsschicht, die der Kaffeewirt weggeworfen hatte, auf und nahm sie mit nach Hause. Am Tage ging er zu einem Schmied und ließ sich nach dem Wachsabdruck des Kaffeewirts die Zapfen schmieden. Danach ging er in die Farmen vor dem Ort, schnitt sich ein gutes Stück Holz und schnitzte daraus nach dem selbstgenommenen Wachsabdruck das Schlüsselholz und setzte die Zapfen ein. Gegen Abend ging er zu dem Haus der klugen Tochter des Agellid, versuchte seinen Schlüssel und fand, daß er paßte.
    Der Bursche öffnete die sieben Türen und schloß sie. Der Bursche trat in die Kammer der Tochter des Agellid. Die Tochter des Agellid kam ihm entgegen und fragte: »Wie bist du hereingekommen?« Der Bursche sagte: »Alle Leute haben mir gesagt, daß du klug bist. Die Leute haben mir gesagt, daß du nur den empfängst, der den Schlüssel zu deinen Türen hat. Hier ist der Schlüssel.« Die junge Frau besah den Schlüssel und sagte: »Es ist nicht der Schlüssel meines Mannes.« Der Bursche sagte: »Den Schlüssel deines Mannes zu nehmen, wäre sehr einfach; man brauchte ihn nur totzuschlagen und ihm den Schlüssel wegzunehmen. Die Leute erzählten mir, du habest gesagt: Du wollest als Gatten den behalten, der klug ist. Also mußte ich mit der Herstellung eines eigenen Schlüssels den ersten Beweis meiner Klugheit erbringen.« Die Tochter des Agellid gab ihm den Schlüssel wieder und sagte: »Setze dich!« Der Bursche setzte sich.
    Der Bursche betrachtete die Tochter des Agellid. Sie war sehr schön und stark. Die Tochter des Agellid betrachtete den Burschen. Er war sehr schön und stark. Die Tochter des Agellid sagte: »Was willst du von mir?« Der Bursche sagte: »Erst will ich bei dir schlafen. Dann will ich sehen, ob es gut sein wird, wenn wir einander heiraten.« Die Tochter des Agellid sagte: »Mein Mann wird aber nachher kommen.« Der Bursche sagte: »Die Zeit bis dahin können wir nutzen. Wenn er kommt, rollst du mich in eine Matte ein und läßt mich eingerollt in der Ecke liegen. Ich werde in der Matte sehr gut schlafen, und er scheint mir, da er nicht merkte, wie ich das Schlüsselwachs eingedrückt habe, zu dumm zu sein, um auf mich zu achten.« Die Tochter des Agellid lachte. Der Bursche trat zu ihr und sagte: »Du bist schön.« Die Tochter des Agellid sagte: »Du bist schön und stark und klug.« Sie schliefen beieinander. Die Tochter des Agellid sagte: »Beweise mir deine Klugheit. O, wärest du doch so klug, wie ich es wünschte. Wärest du doch der klügste und tapferste aller Menschen!« – Der Bursche lachte. Die Tochter des Agellid lachte.
    Sie schliefen beieinander, bis der Mann der Tochter des Agellid die Türen öffnete. Da ließ der Bursche sich in die Matte wickeln und in die Ecke rollen. Dort schlief er sogleich ein. Der Kaffeewirt kam herein und wollte sich neben seine Frau legen. Die Tochter des Agellid sagte: »Du schläfst heute nicht bei mir. Du wirst in diesen Tagen deine ganze Klugheit nötig haben, und da darfst du dich nicht schwächen. Vergiß nicht die Bedingungen, unter denen ich dich zum Manne genommen habe.« Der Kaffeewirt sagte: »Ich verstehe dich nicht.« Dann ging er auf sein Lager und streckte sich aus. Als es Morgen war, erhob er sich und verließ ärgerlich sein Haus. Als er in seinem Kaffeehaus angekommen war, sagte er ärgerlich: »Was mag meine Frau nur wollen? Was mag meine Frau nur meinen? Wozu soll ich denn meine ganze Klugheit notwendig haben?«
    Einige Zeit, nachdem der Kaffeewirt das Haus verlassen hatte, erwachte der Bursche, steckte seinen Kopf ein wenig zur Matte heraus, sah, daß das Lager des Ehemannes verlassen und die Tochter des Agellid allein war, rollte sich aus seiner Matte aus und kam hervor. Die Tochter des Agellid sagte: »Hast du meinen Mann gesehen?« Der Bursche sagte: »Nein, dazu hatte ich keine Zeit. Ich habe geschlafen.« Die Tochter des Agellid sagte: »Komm und plaudere mit mir!« Sie sagte dem Burschen aber nicht, wer ihr Gatte war.
    Der Bursche kam erst gegen Mittag in sein Kaffeehaus zurück. Der Kaffeewirt war gewöhnt, daß der Bursche stets da war. Der Kaffeewirt fragte: »Was hast du heute nacht gemacht? Du hast in dieser Nacht nicht dein Lager berührt und kamst erst gegen Mittag nach Hause. Du warst sicherlich bei einem schönen Mädchen!«

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