Das scharze Decameron
seinem Richterspruch fügen. Jetzt bleibe aber noch bei uns.«
Am anderen Morgen kam der Agellid von seiner Reise zurück. Die beiden Mädchen versteckten sich im Viehstall, und der Agellid kam alsbald in seine Kammer. Der Bursche suchte den Agellid in seiner Kammer auf und sagte: »Während deiner Abwesenheit waren der Pferdebesitzer und der Kornhändler wieder hier und haben in einer schwierigen Streitfrage eine Entscheidung verlangt. Sie hatten wieder miteinander gewettet.
Der Pferdehändler sollte sein Pferd an eine bestimmte Stelle stellen, und der Kornhändler wollte zwei Kübel voll Korn, einen zur Rechten und einen zur Linken des Pferdekopfes hinstellen. Das Pferd sollte so vom Morgen bis zum Mittag stehen. Der Pferdebesitzer verpflichtete sich, dem Kornhändler fünfzig Goldstücke zu zahlen, wenn das Pferd das Korn in den beiden Kübeln vor Mittag anrühre. Der Kornhändler verpflichtete sich, dem Pferdebesitzer fünfzig Goldstücke zu zahlen, wenn das Pferd, nachdem es einmal hingestellt war, bis zum Mittag das Korn nicht fresse. Die Wette sagte beiden zu. Der Pferdebesitzer band das Pferd mit einem Strick an der bezeichneten Stelle fest. Der Kornhändler stellte rechts und links von dem Kopfe des Pferdes je einen Kübel mit Korn hin. Das Pferd stand lange so da und rührte das Korn nicht an. Als es nahe bis Mittag war, schlich der Kornhändler aber hin und schnitt heimlich den Strick, an dem das Pferd angebunden war, durch. Das Pferd lief nun frei umher. Es sprang auf den einen Kübel mit Korn und fraß ihn leer, und es sprang auf den anderen Kübel und fraß ihn leer, gerade, als es Mittag war. Nun verlangte der Kornhändler fünfzig Goldstücke, weil das Pferd das Korn nicht nur berührt, sondern auch aufgefressen hatte, und der Pferdebesitzer verlangte fünfzig Goldstücke, weil der Kornhändler den Strick heimlich durchgeschnitten und so die Sache verwirrt hatte.« Der Agellid sagte: »Sage mir, wie du die Sache als mein Stellvertreter entschieden hast!« Der Bursche sagte: »Ich habe gesagt, der Kornhändler hatte nicht das Recht, noch kurz vor Mittag, nachdem das Pferd so lange, ohne das Korn zu berühren, dagestanden hatte, die Schnur durchzuschneiden. Denn der Pferdebesitzer hatte sein Tier gelehrt, derart still zu verharren, solange es am Kopfe angebunden war. Indem der Kornhändler die Schnur durchschnitt, raubte er dem Pferdehändler den Einfluß auf sein Pferd und nahm dem Pferd den Verstand. Deshalb hat der Kornhändler dem Pferdebesitzer die fünfzig Goldstücke zu zahlen.« Der Agellid sagte: »Du hast sehr klug entschieden. Ich hätte nicht besser entscheiden können. Ich freue mich darüber, daß du mich während meiner Abwesenheit so gut vertrittst.«
Als es Abend war, kamen die beiden schönen Töchter des Agellid in die Kammer des Burschen, lachten leise und sagten leise: »Hier sind die fünfzig Goldstücke. Wir danken dir. Wir wollen noch etwas bei dir bleiben.«
Nach einiger Zeit waren die beiden schönen Mädchen des Agellid schwanger. Trotzdem hörten sie nicht auf, den Burschen zu besuchen. Der Bursche sagte eines Tages bei sich: »Diese Übung will ich nun beenden. Sie nimmt mir zuviel Kraft. Die Speise ist sehr gut für einen Klugen, aber ehrlich ist sie nicht. An dieser Sache habe ich gelernt, daß die besten Sachen zwar für die Klugen sind, daß sie aber auf die Zeit doch nur bekommen, wenn sie zu einem rechtlichen Genuß führen. Ich habe nicht vor, mir hier den Magen zu verderben.«
Der Bursche packte eines Nachts, nachdem die beiden schönen Mädchen des Agellid ihn über die Gebühr lang in Anspruch genommen hatten, seine Sachen und ging, ohne Abschied zu nehmen, von dannen.
3 Die Frau des Kaffeewirts – Meisterschaft
Der Bursche wanderte hinfort und kam weit hinein in das Land. Er fragte überall nach der Art der Menschen und nach der Art der Frauen. Als er in eine andere Gegend kam, hörte er von der Tochter eines Agellid, die besonders schön und klug sein sollte. Alle Leute, die von ihr sprachen, erzählten, daß ihr Vater ihr ein eigenes Haus geschenkt habe, in welchem sie wohne. Sie erzählten, daß dieses Mädchen außerordentlich klug sei und zugesagt habe, sie wolle es an Klugheit mit allen Männern aufnehmen. Die Leute erzählten, dies Mädchen habe sich bereit erklärt, irgendeinen Mann zu heiraten, sie wolle ihn aber nur behalten, wenn er ihr an Klugheit überlegen sei. Die Leute erzählten nicht, daß das Mädchen inzwischen einen Kaffeewirt zum
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