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Das scharze Decameron

Das scharze Decameron

Titel: Das scharze Decameron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Frobenius
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töricht, daß er sich zweifellos selbst beseitigen wird.« Der Kaffeewirt sagte nichts. Er rannte hinaus. Er schlug sich vor die Stirn und brüllte vor Zorn. Er nahm ein Beil und schlug auf einen Holzblock ein, bis er in ganz kleine Splitter gehackt war. Dann nahm er das Beil, trug es zum Schmied und sagte auf dem Weg immer vor sich hin: »Ist das nicht ein sehr schönes Erlebnis? Ist das nicht ein sehr schönes Erlebnis? Ist das nicht ein sehr schönes Erlebnis? – Und der Mann ist so töricht, daß er sich sicherlich selbst beseitigen wird.« – Beim Schmied angekommen, gab er den Auftrag, das Beil sehr scharf zu schmieden und zu schärfen. Er blieb daneben hocken und sah der Arbeit zu. Dabei sagte er immer vor sich hin: »Ein sehr schönes Erlebnis. Ein sehr schönes Erlebnis. Ein sehr schönes Erlebnis!« Er ging nach Hause und verrichtete zu Hause seine Arbeit. Er sagte aber immer vor sich hin: »Ein sehr schönes Erlebnis! Ein sehr schönes Erlebnis! Ein sehr schönes Erlebnis!«
    Als es Abend war, ging der Bursche wieder hinüber zu dem Hause der klugen Tochter des Agellid, öffnete, schloß hinter sich die sieben Türen und suchte die Frau in ihrer Kammer auf. Die Frau fragte: »Wie geht es meinem Manne?« Der Bursche sagte: »Ich habe ihm alles erzählt, was sich vorige Nacht hier ereignet hat, ohne ihm zu sagen, daß ich weiß, daß er dein Mann ist. Er ist nun schon so weit, daß nur noch ein Tag nötig ist, ihn selbst der Sache ein Ende bereiten zu lassen.« Die Frau sagte: »Wie willst du der Sache ein Ende machen?« Der Bursche sagte: »Ich habe dabei nichts zu wollen. Das wird der Mann ganz allein tun. Er ist von der Art der Fliegen, die sich selbst totstechen, wenn ihr Zorn so groß wird.«
    Die Frau sagte: »Er wird heute das ganze Haus nach dir absuchen. Ich weiß aber ein gutes Versteck. Setze dich nachher, wenn er kommt, in den großen Brutkasten der Tauben und halte in jeder Hand eine Taube an den Beinen fest. Wenn er den Deckel hochhebt, läßt du die Tauben fliegen, dann wird er sicher sagen, daß, wenn heute schon jemand den Kasten geöffnet hätte, keine Tauben mehr darin sein können, und wird ihn wieder schließen. – Nun komm aber noch zu mir und plaudere mit mir.«
    Der Bursche unterhielt sich mit der jungen Frau bis in vorgeschrittener Nacht. Endlich hörten sie, daß der Kaffeewirt draußen den Schlüssel in das Schlüsselloch der äußersten Tür steckte. Dann gab die junge Frau dem Burschen die beiden Tauben in die Hand und hieß ihn in die Taubenbrutkiste steigen, die sie über ihm schloß. Die junge Frau streckte sich auf dem Lager aus. Der Kaffeewirt trat mit dem Beil in der Hand herein. Er ging sogleich auf die große Truhe zu und zertrümmerte sie mit einem Schlage. Er zerschlug die großen Urnen. Er schlug gegen die Wand. Er schlug auf den Boden. Er zerschlug die Axt. Er ging überall umher und suchte nach dem Burschen. Dabei sagte er immer vor sich hin: »Ein sehr schönes Erlebnis! Ein sehr schönes Erlebnis! Ein sehr schönes Erlebnis!« Er sagte: »Vielleicht ist er in der Taubennistkiste versteckt.« Er ging darauf zu. Er öffnete den Deckel. Die beiden Tauben flogen heraus und ihm ins Gesicht. Er ließ den Deckel fallen und sagte: »Wenn er dahineingekrochen wäre, hätten jetzt keine Tauben mehr herausfliegen können! Ein sehr schönen Erlebnis. Ein sehr schönes Erlebnis. Ein sehr schönes Erlebnis.« Er ging überall umher und fand den Burschen nirgends. Er warf sich zuletzt auf sein Lager und schlief ein. Am anderen Morgen erhob er sich und ging hinüber in seine Kaffeewirtschaft. Als es gegen Mittag war, kam auch der Bursche. Der Kaffeewirt begrüßte ihn und fragte ihn: »Warst du wieder bei der klugen und schönen Frau, der Tochter des Agellid?« Der Bursche sagte: »Gewiß war ich dort. Ich komme doch eben von dort.« Der Kaffeewirt fragte: »War denn der Gatte der Frau auch wieder da?« Der Bursche sagte: »Natürlich war er auch wieder da. Er lief mit einem Beil umher und zerschlug erst die Truhe, in der ich in der Nacht vorher gelegen hatte, dann zerhieb er alles, was ihm in den Weg kam, bis das Beil am Boden zerschlagen war. Dabei sagte er immer vor sich hin: ›Ein sehr schönes Erlebnis! Ein sehr schönes Erlebnis! Ein sehr schönes Erlebnis! ‹« Der Kaffeewirt sagte: »Wo warst du denn versteckt?« Der Bursche sagte: »Ich war im Taubenbrutkasten versteckt und hatte in jeder Hand eine Taube. Als der Mann den Deckel der Kiste öffnete, ließ ich ihm die

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