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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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wirklich um ihn stand. Sein Gesicht war fahl und wächsern, umrahmt von wirren Haaren. Doch es war noch immer Kitts Gesicht, das ich so gut kannte. Spröder Bartwuchs verdeckte die Lippen eines Cupido, und obwohl seine Wangen eingesunken waren, wirkte er auf mich immer noch irgendwie hübsch.
    Dann veränderte sich mein Blickwinkel. Es waren seine Augen, die mich ängstigten. Ich beugte mich über ihn, und mein Antlitz war so klar wie der Tag. Einst hatte er es hübsch genannt. Seine Augen rollten und blinzelten noch immer ohne ein Zeichen des Erkennens. Der arme Kitt! Ich hätte mich gar nicht verkleiden müssen, denn er war erblindet.
     
    Es war eine schreckliche Aufgabe, meinem Mann von Kitt zu erzählen, als er an jenem Abend von dem Bankett zurückkehrte, das er beaufsichtigt hatte. Es war schon zwei Stunden nach Mitternacht, als Renzo sich entkleidete und ich ihm von dem tragischen Fall des Bruders meiner einstigen Herrin erzählte. Sein Mund verhärtete sich, und er verfiel in verbissenes Schweigen. Schließlich klatschte er sich Wasser ins müde Gesicht und setzte sich erschöpft auf die Bettkante.
    «Versuchst du, mich zu beschämen?», zischte er mit kaum verhohlener Wut. «Eine Florentiner Ehefrau würde niemals allein in das Haus eines anderen Mannes gehen.»
    Das stimmte. Italienische Frauen trugen schwer an einem Joch altmodischer Regeln. Ich versicherte, wie leid mir das tue, und gab vor, das nicht gewusst zu haben. Ich habe es doch nur gut gemeint, beteuerte ich.
    «Es war ein Akt der Nächstenliebe», schob ich hinterher. «Er ist in dieser Stadt ein Fremder, der von Beutelschneidern angegriffen wurde und inzwischen sein Augenlicht verloren hat.»
    Renzo seufzte. «Er wird Holzalkohol getrunken haben, und deshalb ist er erblindet. Er hätte es besser wissen müssen.» Aber als ich die Arme um seinen Hals legen wollte, entzog er sich mir. «Und das hättest du auch», flüsterte er verletzt. Plötzlich wusste ich nicht, wohin mit meinen Händen. Seit langem waren sie stets auf Renzos breiten Schultern willkommen gewesen.
    «Also, dann sag schon», sagte er. Seine Stimme klang eisig. «Wann war dieser Mann dein Liebhaber?»
    Ich schloss die Augen und erlaubte mir, einen Moment lang die Dankbarkeit auszukosten, die mich überflutete. Gott sei Dank konnte ich ihm die Wahrheit sagen! Ich blickte tief in Renzos Augen und erklärte: «Er war nie mein Liebhaber. Denk doch mal nach. Du weißt, dass ich die Wahrheit sage.»
    Er grunzte zustimmend und nickte. Er ähnelte mit diesem finsteren Blick frappierend unserem Sohn Giacomo, als wollte er sich bei der Welt über ihre Ungerechtigkeit beschweren.
    «Es gibt Hospize. Wenn du ihn dorthin schickst, bist du deiner christlichen Pflicht zur Genüge nachgekommen.»
    Das stimmte. Doch allein die Vorstellung, wie der arme Kitt einsam in einem fremden Hospiz starb – das konnte ich nicht ertragen.
    «Nein. Er muss herkommen. Wir haben Platz genug. Und Gott stehe mir bei, aber er wird nicht ewig unser Gast sein.»
    «Warum in Gottes Namen willst du das dann tun?»
    Ich verstand mich selbst nicht mehr. Eine eiskalte Leidenschaft trieb mich dazu, die jeden Widerspruch im Keim erstickte.
    «Schuldgefühle», sagte ich und musste den Blick abwenden.
    «In Florenz sagen wir immer, ‹Schuldgefühle sind wie ein hübsches Mädchen, das keiner haben will›. In deinem Fall ist es vielleicht eher ein attraktiver Mann. Vergiss ihn. Du bist nicht die erste Frau, die ihre Vergangenheit verleugnet.»
    «Ich habe aber vielleicht keine andere Chance», sagte ich, und meine Stimme brach. «Er ist blind. Er liegt im Sterben. Wir haben ihn nach Italien geführt, und das war sein Untergang. Für mich jedoch war diese Reise ein Segen, denn ich hatte so viel Glück. Ich bekam unsere Kinder, und vor allem bekam ich dich, Renzo.» Ich ließ meinen Kopf gegen seine Schulter sinken. «Lass es mich ihm ein wenig zurückzahlen», wisperte ich.
    So saßen wir dicht aneinandergeschmiegt, jeder in seine Gedanken versunken. Langsam wurde mir kalt, und schließlich dämmerte ein neuer Tag herauf. Als ich mein Gesicht an die Schulter meines Mannes drückte, sah ich wieder Carinna tot vor mir auf dem weißen Bett liegen. Ihre blanken Augen waren so leblos wie Glasmurmeln. All mein Streben nach Erfolg und Glück glich dagegen dünnen Schleiern, mit denen ich den Schrecken ihres zerschnittenen Körpers aus meinem Gedächtnis verbannen wollte. Endlich streichelte Renzo mein Haar.
    «Komm mit ins

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