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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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ich.
    «Spar dir den Atem, Biddy», fauchte meine Herrin und lief zur Tür. «Pars, hol den Kutscher. Ich will jetzt los.»
    Also musste ich mich noch in den schicken Sachen zurück in die Kutsche quetschen. Schon waren wir unterwegs und rollten schwarze Straßen entlang. Nur die Kutschenlampe leuchtete uns den Weg.
    Es war drei Uhr früh, als wir die Villa erreichten, und ich verlor vor Müdigkeit fast das Bewusstsein. Das Erste, was wir sahen, war ein eisernes Tor, so hoch wie ein Haus. Es kreischte wie eine gequälte Katze, als die Torflügel auseinandergeschoben wurden. Vor uns lag eine lange Einfahrt, die zu beiden Seiten von schwarzen, umnebelten Bäumen gesäumt wurde. Die trockenen Äste beugten sich wie zwei Reihen Klatschbasen säuselnd über uns. Ich schaute aus dem Fenster und wäre fast aus meiner Haut gefahren, als ich meinte, einen fahlen Körper über den Rasen kriechen zu sehen. Aber als die Kutschlampe die Gestalt beschien, erkannte ich, dass es nur eine Statue war. Ein hässlicher, pockennarbiger Beobachter, der bald schon wieder in der Nacht verschwand.
    Nach dem, was ich erkennen konnte, war das Haus sehr groß, die Vorderseite sehr schlicht und blass im Mondlicht. Die Fensterläden waren verschlossen. Und schon wurden wir auf den Kies vor dem Haus geworfen, und die Lampe wurde von der Kutsche genommen. Ziemlich lange kämpfte Mr. Pars mit dem Schlüssel und verfluchte das rostige Schloss. Schließlich bezwang er die Tür, sie öffnete sich und ließ uns alle ein.
    Auf den ersten Blick mochte ich diesen Ort überhaupt nicht. Waren wir hierfür diesen weiten Weg gekommen? Kerzen wurden gefunden, und langsam ging uns auf, wie heruntergekommen die Villa tatsächlich war. Da gab es ein eisiges Empfangszimmer, ein muffiges Speisezimmer, eine Eingangshalle. Die Küche war eine mächtige Enttäuschung. Es gab eine Feuerstelle und einen wackligen Ofen, aber keinen von den neumodischen Kohlebrennern, an die ich mich in Frankreich so schnell gewöhnt hatte. Außerdem hatte sich hier Ungeziefer eingenistet. Schon bald spürte ich das weiche Krabbeln einer Kakerlake, die an meinem Strumpf hochkroch. Dieses ganze stinkende Loch musste ordentlich geschrubbt und gesäubert werden, ehe ich auch nur daran denken konnte, dort zu kochen. Ich kramte in der Speisekammer und fand dort nur zwei Pfannen. Beide waren schwarz von ranzigem Fett.
    Dann war nichts weiter zu tun, außer die Sachen auszuladen und den Kutscher zu entlassen. Wir schliefen fast im Stehen ein. Ich war immer noch unglücklich, selbst dann, als ich eine kleine, sehr hübsche Kammer über dem Küchengarten bezog, mit weiß getünchten Wänden und schmuddeliger Spitzengardine vor dem Fenster. Ich schlief schlecht. Wachte jede Stunde auf und erschrak vor den Schatten, die von den gestapelten Truhen und den Möbeln geworfen wurden. Wie konnte Carinna nur diesen unheiligen Ort wählen, um hier ihr Kind zur Welt zu bringen?, fragte ich mich verwirrt.
     
    Am nächsten Morgen sah alles viel strahlender aus, aber auch viel schmutziger. Es stank ziemlich arg, und meine gute Nase verriet mir, dass das von dem Dreck kam, der in den Brettern steckte. Ich fand im Küchenhof eine saubere Wasserpumpe und brachte ein Feuer in Gang, damit wir wenigstens heißen Tee bekamen. Nachdem ich ein paar altbackene Brötchen serviert hatte, ließen Mr. Loveday und ich uns vom Kutscher nach Ombrosa bringen, einem merkwürdigen Ort, erbaut aus alten, grauen Steinen. Um dorthin zu gelangen, mussten wir einer langen weißen Straße bis zu einer alten Kirche mit eingestürztem Kirchturm folgen. Von dort ging es einen gepflasterten Weg hinauf in die Berge.
    Auf der Hügelkuppe befand sich ein derart altes Tor, dass die Steinmetzarbeiten mit der Zeit fast ausgewaschen waren. Dahinter erstreckte sich ein Labyrinth aus Gassen, die von geschlossenen Fensterläden und alten, halb verrotteten Türen gesäumt wurden. Das Dorf machte auf mich einen mächtig stillen Eindruck. Ich fühlte mich beobachtet. Natürlich waren wir Fremde, und es gab wegen Mr. Lovedays dunklem Gesicht keine Hoffnung, unbemerkt zu bleiben, denn er wurde von allen angestarrt. Als wir schließlich auf einem kopfsteingepflasterten Platz in der Mitte des Dorfs einen Markt fanden, war dieser besser, als ich befürchtet hatte. Ich erinnerte mich wieder an die feinen Gerichte, die dieser aufgeblasene Signor Renzo gekocht hatte. Nein, entschied ich dann, ich würde bei der italienischen Hitze nicht stundenlang über

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