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Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Das Schatzbuch der Köchin (German Edition)

Titel: Das Schatzbuch der Köchin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martine Bailey
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einem Feuer stehen und etwas so verkohlen lassen, wie es ja angeblich alle englischen Köche taten. Ich wollte mich an der italienischen Kost versuchen und kaufte daher würzige Bologneser Würste, rosige, papierdünn geschnittene Schinkenscheiben, ein hartes Weißbrot und kalkweißen Käse. Ich kaufte außerdem alle Zutaten für einen Makkeroniauflauf, bei dessen Zubereitung ich in einem Wirtshaus zugesehen hatte, ferner ein neues Gemüse, das
Bröckelli
hieß und sehr viel besser schmecken sollte als Kohl. Was den Wein betraf, sahen die angebotenen recht anständig aus und kosteten nur einen Penny pro Flasche.
    Aber zur Essenszeit erklärten mir sowohl meine Herrin als auch Mr. Pars, dass sie lieber allein speisen wollten. Dann befand Jesmire, sie wolle auch auf ihrem Zimmer essen. Frustriert schaute ich den großen Tisch im Speisezimmer an, den Mr. Loveday poliert hatte, bis man sich darin spiegeln konnte. Ich hatte mir angewöhnt, feine Speisen im kontinentalen Stil herzurichten, doch jetzt musste ich mich fragen, ob unsere Reisegesellschaft überhaupt noch einmal an einem Tisch sitzen würde.
    Eine Stunde später, als ich bei meiner Herrin das Geschirr holte, rannte Mr. Loveday wie ein Verrückter die Treppe hoch.
    «Lady Carinna, da kommt zu uns eine Kutsche mit sechs Pferden durch das Tor. Ich glaub, das der Contemensch.»
    Für einen Moment standen wir wie erstarrt und blickten uns entsetzt an. Dann betrat Jesmire das Gemach, stellte eine Schachtel in ihren Händen mit großem Getue ab und verkündete großspurig: «Ich wusste es! Man wird euch beiden draufkommen!»
    «Halt die Klappe! Ich kann so nicht nachdenken», kreischte meine Herrin, die aufrecht in ihrem Bett saß. Nach kurzem Überlegen fragte sie Mr. Loveday: «Kannst du ihn nicht an der Tür aufhalten?»
    Er blickte mich ängstlich an. «Was du denkst, Miss Biddy?»
    Alle sahen jetzt zu mir. «Mylady», setzte ich an. «Ich fürchte, er wird darauf bestehen, mich zu sehen.»
    «Du dummes Gör!», begehrte sie auf. «Hast du ihn etwa ermutigt?»
    «Das habe ich gar nicht!»
    «Pssst!», machte Mr. Loveday, der ans Fenster getreten war. «Er direkt hier drunter.»
    «Mir bleibt nicht genug Zeit, mich umzuziehen», blökte ich. Tatsächlich hatte ich mein erbärmlichstes Kleid an und darüber eine Schürze aus Sackleinen. Ich blickte meine Herrin an, und sie musterte mich ihrerseits. Ich glaube, wir kamen in diesem Moment auf dieselbe Idee.
    Sie hob die Decke an, hievte sich aus dem Bett und schlurfte zur Tür. «Rein da mit dir», sagte sie und zeigte auf das muffige Bett.
    «Und Jesmire?», fragte ich.
    «Jesmire kommt mit mir. Und hüte gefälligst deine Zunge. Loveday, du gehst zur Tür.» Dann wandte sie sich wieder an mich und kniff die Augen zusammen. «Du wirst ihn schnell los, verstanden?»
     
    Mir blieb gerade noch genug Zeit, um die Schürze abzulegen und mir einen Seidenmorgenrock über meine Dienstbotenkleider zu ziehen. Dann löste ich meine Haare, die ich fest unter meiner Haube aufgesteckt hatte, und legte mich steif wie eine Leiche zwischen die Federbetten.
    Im nächsten Augenblick hörte ich schon ein Klappern auf der Treppe, und der Conte stürmte in einer Wolke aus Satin und Spitze ins Schlafgemach.
    «Mein armes Mädchen. Was habe ich Euch gesagt? Habe ich Euch nicht geraten, bei mir zu bleiben? Dieses Haus ist eine Bruchbude.» Dann setzte er sich auf die Bettkante und grinste wie ein Idiot. «Ich habe ein Geschenk für Euch,
carissima

    Ich versuchte mich an einem Lächeln und nickte. «Ihr seid zu freundlich.»
    «Seht doch nur. Hier, am Fenster.» Er wollte mir aus dem Bett helfen.
    Ich schrak zurück und schob die Arme tief unter die Decken, um meine rosigen Brandnarben zu verdecken. Himmel, konnte er mich denn nicht in Ruhe lassen? «Carlo», sagte ich sittsam. «Mich plagt immer noch die Erschöpfung nach der Reise. Ich bin nicht mal angezogen.»
    «Nur ein kurzer Blick auf mein Geschenk, Liebste.» Er packte meinen Arm wie ein gieriger Blutegel. Aber es ging einfach nicht, denn wenn ich jetzt aufstand, hätte er unter der Seide meine schmutzigen Sachen gesehen. Ich zerbrach mir den Kopf, was meine Herrin in so einem Fall tun würde. Dann atmete ich tief durch. Es war an der Zeit, einen kleinen Anfall zu bekommen.
    «Wie könnt Ihr es wagen!», rief ich beleidigt. Der Kopf des armen Kerls fuhr herum. «Ich bin noch im Bett, Sir. Ihr habt wohl keine Manieren! Auf keinen Fall darf mich ein Gentleman so

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