Das Schicksal der Zwerge
war. Auf seiner bisherigen Reise hatte er ihn kein einziges Mal mit einer Landkarte hantieren sehen. Sein Wissen musste enormer sein, als er es erahnt hatte. »Ich schlage vor, dass wir uns schleunigst aufmachen, bevor die Viecher schlüpfen.«
»Morgen. Sobald die Sonne aufgegangen ist«, sagte Tungdil und erhob sich. »Ich möchte mich ausruhen. Königin Balyndis, sei so freundlich und lass mich zu meiner Unterkunft bringen. Und morgen möchte ich ausgeruhte Ponys und Proviant für meine Gruppe haben. Richte das bitte ein.«
Sie bedeutete einem der Zwerge, welche sie bedient hatten, den Herrscher aller Stämme zu geleiten, und gleich darauf war Tungdil aus dem Thronsaal verschwunden. Er hatte nicht einmal mehr gegrüßt.
Slin und die Vierten zogen sich ebenfalls zurück, sodass Ingrimmsch mit Balyndis und ihrem Sohn allein war.
Schweigend aßen sie weiter und vermieden es bei allen Gesprächen über die Schwarze Schlucht oder die Bedrohungen im Geborgenen Land über Tungdil zu sprechen. Dann bat die Königin Balyndar, den Raum zu verlassen, um sich mit dem alten Freund unter vier Augen zu besprechen.Ingrimmsch ahnte, was auf ihn zukam, und nahm einen hastigen Schluck Bier. Weil er es leid war, den Gelehrten immer wieder gegenüber anderen verteidigen zu müssen, eröffnete er die Unterhaltung. »Es mag sein, dass ich mich täusche, Balyndis, doch gibt es eine Ähnlichkeit zwischen deinem Sohn und Tungdil?«
Es war ihm durchaus bewusst, dass die Frage unverschämt und anmaßend, zugleich auch noch beleidigend war. Immerhin unterstellte er ihr, dass sie ihrem einstigen Gemahl, Gläimbar Scharfklinge aus dem Clan der Eisendrücker und König der Fünften, einen Sohn untergeschoben hatte, der nicht der seine war.
Doch Balyndis nahm seine Worte mit Fassung, beinahe erleichtert, dass er es angesprochen hatte. »Es ist sehr offenkundig, nicht wahr?«, antwortete sie leise. »Es war ein Fehler, Balyndar zum Treffen ins Braune Gebirge zu senden. Sämtliche Clanoberhäupter haben ihn und seinen leiblichen Vater nebeneinander stehen sehen und können sich wohl einen Reim darauf machen.«
»Wird es denn Auswirkungen auf deine Regentschaft haben?«
Sie verneinte. »Niemand macht mir mehr den Thron streitig, seitdem Geroin Bleiband am Fieber gestorben ist. Er war der Bruder von Syndalis Bleiband, der zweiten Gattin des Königs, die wegen mir verstoßen worden ist. Geroin und einige seines Clans haben mir das niemals verziehen. Ich herrsche gut, und wenn der Kordrion erst einmal vertrieben ist, wird der Stamm der Fünften erblühen.« Balyndis musste husten und schlucken.
»Ich habe vergessen, dass du auch erkrankt bist!« Ingrimmsch sah sie bestürzt an. »Es wird sich bessern. Jetzt, wo wir wissen, was das Fieber und das Lungenleiden auslöst.«
»Wir haben den Schuldigen, aber nicht das Gegenmittel.« Ingrimmsch verdrängte die Erklärungen des Gelehrten, der vom sicheren Tod der Befallenen gesprochen hatte. »Aber wir finden sicherlich etwas dagegen«, beeilte er sich zu sagen. Trauer breitete sich in ihm aus. Reiß dich zusammen. Noch ist sie nicht tot.
Die Königin seufzte. »Glaimbar hatte es gewusst.«
»Was? Dass Balyndar nicht sein Sohn ist?«
»Ja. Er hat es mir niemals gesagt, doch seine Blicke verrieten ihn. Dass er sein Wissen nicht laut äußerte und Balyndar verstieß, darin lag seine Größe. Dafür habe ich ihn geliebt, von ganzem Herzen.« Sie lächelte angestrengt. »Er wird mir auf den Thron der Fünften folgen, Ingrimmsch. Das hat auch Glaimbar gewollt, weiler erkannte, was für ein wunderbarer Herrscher er einmal sein würde.« »Allerdings kommt er mit seinem leiblichen Vater nicht zurecht.« Ingrimmsch wischte sich ein paar Krümel aus dem Bart, den er aus Versehen über den Teller gezogen hatte. »Er ahnt, wen er vor sich hat? Ich meine, er ist nicht blind und müsste die Ähnlichkeit bemerkt haben.«
»Das mag der Grund für seine Ablehnung sein: Er will nicht der Sohn von Tungdil Goldhand sein, der für ihn ein Fremder ist. Glaimbar dagegen hat er bewundert. Von ihm lernte er Kämpfen, von mir das Schmieden. Tungdil kam in meinen Erzählungen nicht immer gut weg, wenn du verstehst, was ich meine. Nachdem er sich von mir mit einem Brief getrennt hatte, war ich sehr lange wütend und enttäuscht von ihm. Das Alter hat mich milder gemacht.« Sie schloss die Augen. »Doch als ich ihn vor mir sah, Ingrimmsch, stiegen die alten Gefühle empor.«
»Du bist dir demnach sicher, dass er Tungdil ist?« Er biss
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