Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
Vom Netzwerk:
Stimmen.
»Wir haben sie«, flüsterte Ingrimmsch voller Vorfreude. »Oh, bitte, lass mich vorgehen, Gelehrter! Ich schaffe sie alle! In dem engen Gang wird mir keiner entkommen, und ich ...«
»Reiß dich zusammen«, zischte Tungdil.
»Gönne es ihm doch«, sagte Slin leise. »Und meinetwegen kann er ihn gern...« In dem Augenblick erklang der Schrei des Kordrion von draußen! Wind schoss durch den Tunnel, wirbelte Schnee hinein und ließ sie mitten im Gestöber verharren. Boindil erschauerte und stand für drei Lidschläge regungslos da, bis er wieder einen Gedanken fassen konnte. Er dachte sofort an die anderen aus ihrer Gruppe, die dem Scheusal auf der Ebene gegenüberstanden. »Vraccas sei mit ihnen!«, betete er. »Lass sie eine Zuflucht vor dem Viech gefunden haben. Wir brauchen doch jeden Mann, wenn wir dein Volk befreien wollen.« Er nahm die Wachspfropfen und wollte sie sich in die Ohren schieben, um danach zu den Gefährten zu stoßen und ihnen zu helfen, aber Tungdil lief bereits die Treppe hinab. Es blieb keine Zeit für Vorsichtsmaßnahmen oder Beistand. Die Brut hatte Vorrang.
Die Stufen waren alt, gelegentlich brachen Steinstückchen unter ihren Sohlen weg. Slin verlor das Gleichgewicht und wurde vom geistesgegenwärtigen Balyndar gestützt, sonst wäre er kopfüber hinabgepurzelt.»Sollten wir nicht zurück und den anderen beistehen?«, fragte der Fünfte. »Sie werden sterben ...«
»Und wir mit ihnen, wenn wir ohne Brut ins Freie treten«, unterbrach ihn Tungdil. »Außerdem riecht Ingrimmsch für den Kordrion wie der Mörder an seinen Nachkommen. Es würde niemandem nützen, wenn wir uns in den Kampf stürzten, außer den Feinden der Zwerge. Sie müssen sich selbst retten.«
Endlich erreichten sie den Boden, der Gang verbreiterte sich. Sie fächerten auseinander: Tungdil und Ingrimmsch in der ersten Reihe, Balyndar und Slin in der zweiten. »Er führt schnurstracks nach Osten«, merkte Ingrimmsch an. »Unsere Ahnen haben ihn sicherlich angelegt, weil sie wussten, dass die Höhenstraßen nicht immer passierbar sind.«
Tungdil blieb abrupt stehen, und Slin lief prompt auf.
Ein lautes, sehr tobsüchtiges Lachen brandete durch den Gang. »Da hetzen sie uns ihre besten Helden auf den Hals, als hätten sie noch Dutzende von ihnen zu Hause in der Schatzkammer stehen«, hörten sie eine tiefe Stimme. »Dieser Verlust wird die Zwergenwelt sehr treffen. Was werden die Stämme ohne ihre Berühmtheiten und Vorbilder an Tapferkeit anstellen? Freiwillig auswandern? Sich selbst umbringen?« Slin bückte sich und entzündete rasch zwei Fackeln, die er aus dem Rucksack nahm; eine hielt er selbst, die andere reichte er Balyndar.
»Komm aus der Dunkelheit, und ich klopfe dich und dein großes Maul weich und butterzart«, schrie Ingrimmsch wütend. »Bist du ein Feigling?«
»Nein. Ich bin jemand, der die Dunkelheit schätzt und sie als seinen Verbündeten ansieht«, gab der Sprecher zurück. »Wieso sollte ich ins Licht treten? Komm du doch zu mir!«
»Was ist mit deiner Kehle, dass du klingst wie ein Mädchen?«, rief Ingrimmsch. Er versuchte, den Unbekannten herauszufordern. »Hat dir ein Gugul die Männlichkeit abgebissen?« Bei ihm hätte diese Schmähung ausgereicht, um sich dem Kampf zu stellen.
»Weswegen folgt ihr uns? Sind die Zwerge zum Anbeter des Kordrion geworden und wollen ihm seinen Nachkommen zurückbringen?«
»Wir verlangen den Kokon, den ihr gestohlen habt«, antwortete Tungdil und bedeutete Boindil, der soeben zu einer weiteren Beleidigung ansetzte, zu schweigen.
Dabei ist mir gerade eine so schöne in den Sinn gekommen, ärgerte er sich. Ich werde eine Gelegenheit finden, sie loszuwerden.
»Zu spät!«, sprach die Finsternis. »Wir haben ihn, wir brauchen ihn, und wir geben ihn nicht mehr her.«
»Dann kommen wir und holen ihn uns!« Tungdil zog Blutdürster. »Ihr seid nur zehn Krieger. Und auch wenn ihr den Spuren nach zu unserem Volk gehört, werden wir euch deswegen nicht schonen.«
Es blieb still.
»Wir sind keine Zwerge«, sagte eine andere Stimme plötzlich hinter ihnen grabestief aus der Dunkelheit. »Nicht mehr.«
Wieso erkenne ich sie nicht? Boindil starrte in die Schwärze, bis er glaubte, einen Umriss ausmachen zu können. Wie aus dem Nichts erschien ein zwergengroßer Krieger vor ihnen, der die gleiche Rüstung trug wie der Zwergenhasser, der sich ihnen im Jenseitigen Gebirge entgegengestellt hatte. Der Gang schien ihn förmlich zu gebären; sein Helm war geschlossen, in der

Weitere Kostenlose Bücher