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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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erstanden werden.« Er verneigte sich und bekam einen donnernden Applaus für das wortreiche Hüten der Anwärter, was er mit Grinsen und weiteren übertriebenen Verbeugungen quittierte.
    Rodario der Siebte stand verloren mit seiner getrockneten Blume neben der Holztreppe und betrachtete die verschrumpelte Blüte niedergeschlagen. Deswegen bemerkte er nicht, dass die Menschen vor dem Aufgang murrend auseinandergingen und vor dem Trupp Orks zurückwichen, der sich den Weg über den Marktplatz bahnte; zwanzig von ihnen umstellten die Bühne, vier betraten sie.
    Wer noch immer die Geschichten von den Orks kannte, wie sie im Geborgenen Land einst umgingen, wunderte sich beim Anblick dieser Exemplare. Das lag vor allem daran, dass sie aus dem Westen des Jenseitigen Landes stammten, hieß es, und schon immer Anhänger von Lohasbrand waren.
    An ihrem eindrucksvollen Wuchs, der hässlichen Gestalt und grünlichen bis schwarzen Hautfarbe hatte sich nichts geändert, doch sie stanken bei Weitem nicht mehr wie früher. Sie pflegten ihre Waffen besser als in den alten Zyklen, und laute Herumschreierei und sinnloses Gegrunze gab es nicht mehr. Sie handelten klug und überlegt das machte diejenigen Scheusale, die dem Drachen folgten, umso gefährlicher. Klirrend stapften sie über die Dielen, ihr Hauptmann baute sich vor dem Unerreichbaren auf. Mit Entsetzen sah Coira, dass er in der linken Faust einen der Zettel hielt.
    »Verflucht«, sagte Loytan neben ihr leise. »Beinahe wäre Eure List geglückt.« Er legte seine Hand an den Schwertgriff, mit der anderen packte er sie. »Kommt. Wir gehen.« Coira wollte sich zuerst wehren. »Ich ...«
    »Ihr habt für den Mann gelogen«, raunte er ihr zu. »Was denktIhr, was der Lohasbrander mit Euch macht, wenn es herauskommt? Auf so eine Gelegenheit wartet der Drache doch nur!«
    Sie wurde bleich und stand vorsichtig von ihrem Platz auf, Loytan tat es ihr nach und ging hinter ihr, um ihr den Rücken zu schützen.
    Der Anführer der Lohasbrander hatte sich erhoben und sah zur Bühne. »Was soll das, Pashbar?«
    Der Ork hob die Faust mit dem Schrieb. »Eine Schmähschrift aus der Hand des Verbrechers, der sich selbst Poet der Freiheit nennt.« Er zog ruckartig sein gezacktes, blankes Schwert und legte es an die Kehle des Unerreichbaren. »Es kam von diesem Mann. Alle haben es gesehen.«
    »Was?« Der Lohasbrander sah über die Schulter nach Coira und bemerkte, dass sie verschwunden war. »Daher weht der Wind!« Er riss sein Schwert aus der Scheide. »Nehmt den Mimen fest und bringt ihn zum Gefängnis. Und sucht nach der Tochter der Königin! Sie hat ihn zu schützen versucht.«
    »Aber ...« Sein Kumpan zur Rechten wirkte unschlüssig. »Sie ist eine Maga, sagt man, wie ihre Mutter, und ich ...«
    »Es ist mir gleich, was sie ist«, schrie er erbost. »Fangt sie! Und wenn sie sich nicht fangen lassen will, tötet sie. Ihre Flucht ist mir Beweis genug, dass sie mit dem Verbrecher unter einer Decke steckt.« Er rannte von der Tribüne und scheuchte seine Begleiter durch die Menge.
    Der Unerreichbare wagte es nicht, sich zu bewegen. Die scharfe Klinge lag zu dicht an seiner Kehle, und so war er gezwungen, sich festnehmen zu lassen. Die Arme wurden ihm von zwei Orks auf dem Rücken verschnürt, während ihr Hauptmann vor ihm stehen blieb und ihn genau beobachtete.
    »Du warst es also, der unsere Männer hinterrücks ermordete«, grollte Pashbar und entblößte sein raubtierhaftes Gebiss. »Ich werde Wielgar bitten, dich bei lebendigem Leib essen zu dürfen, damit ich dich bei jedem Schnitt und bei jedem Biss schreien höre.«
    Der Unerreichbare lächelte kein bisschen eingeschüchtert und ließ sich erhobenen Hauptes von den Scheusalen abführen.
    Es war furchtbar still auf dem Marktplatz geworden.
    Als der Unerreichbare an Rodario dem Siebten vorbeiging, drehte er den Kopf und sagte ernst: »Haltung, mein Freund. Darauf kommt es an, ganz egal, was du tust. Vergiss das nicht, wenndu nächsten Zyklus wieder antrittst. Dann vermagst du es zu schaffen.« Pashbar stieß ihm ins Kreuz, und er marschierte weiter.
    Niemand konnte sich daran erinnern, dass an einem einzigen Umlauf gleich zwei Anwärter aus dem Wettbewerb ausgeschieden waren.
    Schon gar nicht unter solchen Bedingungen.

II
    Das Geborgene Land, Protektorat Nordwest-Idoslän, 6491. Sonnenzyklus, Winter.
    Die Schwadron schwarzer Ponys war bekannt in Idosläns Nordwesten, und ihre einhundertfünfzig Reiter waren es noch viel mehr: Begehrer.

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