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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Die Bewohner verbanden mit den bis an die Helmspitzen gerüsteten Zwergen nichts als Leid und Verlust. Die Menschen der kleinen Stadt Hangenturm, auf die sich der Tross zubewegte, bildeten da keine Ausnahme.
    Der Name der Einheit leitete sich keinesfalls von einem romantischen, sondern von einem einfachen Umstand ab: Was immer sie begehrten, mussten sie erhalten, ohne Wenn und Aber.
    Die Alarmglocke des Wachturms wurde geschlagen, um die Einwohner zu warnen, und Bürgermeister Enslin Rötha eilte mitsamt den Oberen zum Haupttor, um die Schwadron zu empfangen. Die Nachricht von der Ankunft hatte ihn während seines Mittagsschlafs überrascht, deswegen verbarg er seine unordentlich angelegte Kleidung unter dem geschlossenen Mantel aus grob gekämmter Schafwolle. Er legte wenig Wert auf Gehabe.
    »Sie sind doch viel zu früh«, murmelte er und stellte sich vor das geschlossene Tor, um zu warten, bis die Ratsmitglieder versammelt waren.
    Auf sein Winken hin wurde der Wagen mit den Zehntabgaben herbeigerollt und hinter ihm positioniert. Zum einen sahen die Zwerge auf den ersten Blick, dass sie ihre Steuern bekommen sollten, zum anderen verhinderte dies auf unauffällige Weise, dass die Schwadron so ohne Weiteres in die Stadt einreiten konnte.
    Rötha schwitzte, obwohl es sehr kalt war. Die Winter hatten in den letzten Zyklen mehr an Kälte gewonnen. Er sah es als Zeichen dafür, wie schlecht es den Leuten des Geborgenen Landes ging. Wobei Hangenturm es als Protektorat des Zwergenstammes der Dritten noch gut getroffen hatte. Die Gebiete in Gauragar, in denen die Albae selbst herrschten oder die Regentschaft an machtgierige Menschen abgegeben hatten, waren weitaus schlimmer dran wenn man den Nachrichten Glauben schenken durfte. Rötha hatte keinen Grund zum Zweifeln. Jede grausame Einzelheit entsprach sicherlich der Wirklichkeit.
    An seiner Seite erschien Ratsfrau Tilda Küferstein, mit der ihn eine herzliche Freundschaft verband. Sie war groß wie er, die blonden Haare sahen unter ihrer Kappe hervor, und die grünen Augen wirkten besorgt. So besorgt wie seine. »Sie sind viel zu früh«, sagte sie mit einem Nicken in seine Richtung. Sie gürtete ihren Mantel aus weißem Bärenfell und stellte den Kragen auf.
    »Meine Worte«, gab Rötha zurück und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Es war Angst, reine Angst, die ihm das Wasser aus den Poren jagte. Ein Wunder, dass es an der Luft nicht zu Eis gefror.
    Küfersteins Gesicht wurde noch besorgter. »Wir haben uns doch nichts zuschulden kommen lassen?«
    Rötha schüttelte den braunen Schopf. »Nein. Seit ich Bürgermeister bin, erfüllen wir die Bestimmungen, die uns die Dritten auferlegt haben. Bis ins Kleinste.« Er hob den Arm, und das Tor wurde von den Wachen aufgeschoben. Kühler Wind wehte herein, fuhr durch die Schlitze in ihren Mänteln und brachte die Männer und Frauen zum Frösteln. Die Torflügel gaben ihnen den Blick frei. Die Schwadron der Dritten befand sich höchstens einhundert Schritt von ihnen entfernt. Und sie wurden an diesem Umlauf begleitet.
    »Albae!«, entfuhr es Küferstein erschrocken. Die schwarzen Rüstungen der drei hochgewachsenen Reiter fielen umgeben vom reinen, weißen Schnee noch mehr auf. Jedes Mal, wenn der Huf eines Nachtmahrs auf den Boden traf, tanzten Flämmchen, und das Weiß verpuffte zischend.
    Der Alb ganz links außen hielt eine lange Lanze in der Hand, an deren Ende ein Wimpel mit einer einzigen, merkwürdigen Rune im Wind flatterte. Das blutrote Zeichen machte Küferstein Angst, ohne dass sie wusste, wieso. Ein stoffgewordenes Grausen.
    »Denkt Ihr, der Alarm wurde zum Spaß gegeben?« Rötha biss sich auf die Unterlippe. Die Anspannung machte ihn der Frau gegenüber ungerechterweise patzig. »Verzeiht...« Sie lächelte ihm zu. Ein schwaches, unsicheres Lächeln. »Es sei Euch verziehen, Bürgermeister.« Küferstein verfolgte, wie die restlichen sieben Ratsmitglieder Aufstellung nahmen und darauf achteten, hinter ihnen zu stehen. »Ich habe meinen letzten Alb vor...«, sie rechnete nach, »ich denke, vierzehn Zyklen zu Gesicht bekommen. Das war, als sie uns einen neuen Schwadronführer vorstellten.«
    »Den Grund würde ich mir noch gefallen lassen«, grummelte Rötha und versuchte, den Dritten zu erkennen, der vorneweg ritt. »Ich fürchte aber, das ist nicht der Anlass des Besuchs«, meinte er nervös. »Ihr Anführer ist nach wie vor Hargorin Todbringer.« Die Gesichter der Albae sagten ihm nichts; sie waren hübsch,

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