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Das Schicksal der Zwerge

Das Schicksal der Zwerge

Titel: Das Schicksal der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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gehorchten ihm nicht. Der Alb stand hinter ihm, ohne ein Geräusch verursacht zu haben, und nur die Götter wussten, wo sich die anderen beiden befanden.
    Hargorin wischte sein Beil an der Kleidung der Toten sauber. »Wenn ihr darauf besteht, Tirigon«, sagte er leichthin und überkreuzte die Arme vor der Brust. »Er wird wissen wollen, weswegen ich der Rätin das Leben nahm. Da ich es auf Eure Anweisung hin tat, erklärt Ihr es ihm.«
    »Schuldig war sie«, drang es geflüstert an Röthas rechtes Ohr, und er meinte zu hören, dass es ein neuer Sprecher war. »Küferstein machte gemeinsame Sache mit einer verurteilten Mörderin und Aufrührerin. Nicht zuletzt gar war sie verwandt mit ihr. Welch Torheit!«
    »Wenn auch die Verwandtschaft sehr entfernt reichte«, sprach ein Alb neben seinem linken Ohr, und der Bürgermeister war sich sicher, dass es der dritte war. »Wusstet du das nicht, schwacher Mensch?« Rötha krächzte ein Nein und starrte auf Küfersteins Kopf. Ein Augenlid hing halb herab, der letzte Blick der Toten schien ihm zu gelten. Vorsichtig scharrte er Schnee darüber, er ertrug den Anblick der ermordeten Freundin nicht.
    Hargorin brummte die Erlaubnis an die Versammelten, ihre Häupter heben zu dürfen. »Ich sehe, dass der Zehnt bereitsteht. Das ist gut. Wir haben von Hangenturm auch nichts anderes erwartet.« Er steckte das Beil in die Rückenhalterung und gab ein Zeichen; fünf Zwerge stiegen daraufhin von ihren Ponys, schlossen zu ihm auf und begleiteten ihn zum Wagen. Rasch schauten sie in die Truhen und Säcke, in denen Münzen und Goldbarren verstaut lagen.
    Rötha schaffte es endlich, die Körperbeherrschung zurückzuerlangen, und er wandte sich um. Die Albae standen im Torbogen beisammen und unterhielten sich leise. Er sah, dass es sich um zwei Männer und eine Frau handelte, deren Alter er unmöglich schätzen konnte. Wären sie Menschen gewesen, hätte er ihnen nicht mehr als siebzehn Zyklen gegeben, doch sie waren mit Sicherheit wesentlich reifer.
    Auffällig war die Gleichheit ihrer Gesichter. Der Bürgermeister vermutete, dass es sich um Geschwister handelte. Die Rüstung nahm der Albin jegliche weiblichen Attribute, und gleichzeitig lenkte sie die Aufmerksamkeit auf die betörend anmutigen, ebenmäßigen Züge. Ein männlicher Gegner konnte sich von einem Augenaufschlag ablenken lassen und den Tod durch ihre Waffen empfangen.
    Die Albae trugen lange, schlanke Schwerter auf dem Rücken. Rötha fielen die massiven Parierstangen auf, die weit nach rechts und links herausragten und geschliffen schimmerten; Dolche mit doppelten Klingen waren an den Oberschenkelpanzerungen befestigt. Die Rüstungen waren bei allen dreien entlang der Wirbelsäule mit einem zusätzlich schützenden Eisengrat versehen worden. Etwas oberhalb des Steißbeins erkannte er bei einem der Männer handtellergroße Eisenscheiben, die Frau hatte sie an den Metallschienen ihrer Oberarme angebracht. Wurfgeschosse?
    Die Albin löste sich aus der Gruppe und kam mit einem bezaubernden Lächeln auf ihn zu, das ihn jede Gefahr vergessen ließ bis er die schwarzen Augenhöhlen sah. All die Bewunderung für die Schönheit wandelte sich in Furcht.
    »Firüsha bin ich«, stellte sie sich mit einer melodiösen, leisen Stimme vor und blieb stehen. Rötha verneigte sich erneut vor ihr, als sei sie eine Königin. Nahm man es genau, war sie nichts anderes für ihn. Sie entschied über Leben und Tod. Über Gedeih und Verderben der Stadt. »Eine Aufgabe gilt es zu erfüllen. Nicht gegen Hangenturm und nicht gegen seine Bewohner ist sie gerichtet, und doch gelte: Sollte sich jemand uns in den Weg stellen, mag er tapfer oder töricht sein, wird die Stadt den morgigen Tag nicht mehr erleben.« Firüsha hatte die Freundlichkeit in ihren Worten nicht verloren. »Wir möchten zur Familie der Ratsherrin gebracht werden, und zwar so schnell wie möglich. Von dir, schwacher Mann.«
    Rötha schluckte und würgte den Speichel hinab. Seine Kehle schien enger als ein Nadelöhr geworden zu sein. »Was ...«
    »Nein, Bürgermeister. Nicht was«, unterbrach sie ihn liebenswürdig und legte ihm den behandschuhten Zeigefinger gegen die Lippen. »Wo. Führe uns. Hargorin und seine Leute schaffen den Zehnten weg.« Sie zog ihm die Kappe ab und strich durch sein Haar. »Fürchte mich nur, wenn du dich nicht an meine Anweisungen hältst.«
    Hargorin hatte sich nach alter Gewohnheit auf den Bock des Wagens geschwungen und lenkte ihn zum Tor. Einer der Albae

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