Das Schicksal der Zwerge
aufrecht. »Erstaunlich, dass ihr der Nachtmahr gehorcht.« Loytan kratzte sich am Kinn. »Das wird Lohasbrand gar nicht freuen, wenn er hört, dass sich die Albae auf sein Gebiet gewagt haben.«
»Höre ich da eine gewisse Zufriedenheit?«, erwiderte Coira und sah ihren Vertrauten an. »Du meinst, aus dem Vorfall könnte man wieder die gute, alte Feindschaft des Drachen und der Albae aufleben lassen, wenn wir es richtig angehen?« Rodario kam die blonde Frau immer bekannter vor bis ihm einfiel, woher ihm die Züge vertraut waren. »Bei den Göttern! Das da vorn muss Mallenia sein!« Coira warf ihm einen Blick zu. »Mallenia? Die Freiheitskämpferin?«
Rodario nickte. Er hatte nicht mitbekommen, dass ihn die Prinzessin ansah, sondern starrte durch das Fernrohr zum Ufer. »Ja! Ich kenne sie von den Zeichnungen auf den Aushängen, die ich bei meinen Schauspielreisen durch Gauragar und Idoslän angeschlagen sah. Die Albae und die von ihnen eingesetzten Vasallen zahlen eine Menge Geld für ihren Kopf.«
»Anscheinend haben sie die Sache selbst in die Hand genommen«, merkte Loytan an. »Sie haben an Geschwindigkeit gewonnen. Es wird nicht mehr lange dauern, und sie haben sie eingeholt.«Rodario senkte das Fernrohr und machte einen Schritt auf Coira zu. »Prinzessin, auch wenn es uns scheinbar nichts angeht, aber ich bitte Euch: Steht Mallenia von Idoslän bei«, sprach er inständig. »Ich weiß, wie sehr das Volk sie verehrt und liebt. Wenn sie stirbt, wird der Kampf gegen die Besatzer im Osten des Geborgenen Landes gleichermaßen sterben!«
Coira hob die Augenbrauen.
Rodario verstand es als Aufforderung, noch mehr sagen zu müssen, um sie zu überzeugen. »Ich flehe Euch an: Greift ein! Ihr habt die Macht, sie vor den Albae zu retten und dem Volk von Idoslän die Hoffnung zu bewahren.« Er schluckte. »Ich würde es selbst tun, wenn ich Eure Kräfte besäße oder ein schnelles Boot mit genügend Männern, um mich dem Bösen in den Weg zu stellen.«
»Abgesehen davon wäre es nicht gut, wenn sich herumspräche, dass Mallenia in Weyurn vor Euren Augen gestorben ist. In Sichtweite des Palastes Eurer Mutter«, half ihm Loytan unerwartet. »Es könnten Schlüsse gezogen werden, dass wir den Albae geholfen hätten. Oder dass Mallenia zu uns wollte, um den Widerstand in Weyurn mit dem in Idoslän zu vereinen. So oder so: Wenn der Drache davon erfährt, wird er sich auf den Weg machen, um den Gerüchten nachzugehen.« Der Graf schwieg kurz. »Als er das letzte Mal hier auftauchte, gab es sehr viele Tote, wenn ich mich richtig an die Aufzeichnungen erinnere.«
Rodario mochte die Begründung des Mannes zwar nicht, weil sie auf der Angst um ihn selbst beruhte und es weniger um den Sieg des Guten ging, aber Beistand blieb Beistand. »Prinzessin, bitte!« Er kniete vor ihr nieder. »Ich stehe ewig in Eurer Schuld, wenn Ihr Mallenia rettet!«
Coira lächelte ihn an. Sie lächelte ihn mit einem ganz neuen, besonderen und bislang ungekannten Ausdruck in den Augen an und berührte ihn an der Schulter. »Steht auf, Rodario der Siebte. Ihr sollt nicht vor mir knien. Jemand mit Eurer edlen Gesinnung schon gar nicht.« Sie erklomm den Rand der Spundwand und sprang! Mit einem erschrockenen Ruf hastete Rodario nach vorn, um nach unten in die tobenden Wogen zu schauen und zu erkennen, was mit Coira geschah. Im nächsten Augenblick sah er sie. Sie schwebte mit unglaublicher Geschwindigkeit über die aufgepeitschten Wellen und hielt auf das Ufer zu. Ein blaues Leuchten umgab sie, türkisfarbene Blitze zuckten nach unten und trugen sie über das Wasser.
»Welch eine Frau«, brach es aus ihm bewundernd heraus, und er hörte das gehässige Lachen von Loytan.
»Das könnt Ihr Euch abschminken, Schauspieler. Darin ist Eure Zunft ja ohnehin bewandert«, sagte er und kam auf ihn zu. »Coira wird Euch von nun an etwas mehr bemerken, als sie es vorher getan hat, aber respektieren wird sie Euch nie. Ihr seid unter ihrer Würde.« Sein Ton wurde schärfer.
»Wenn man Euch so hört, könnte man annehmen, dass Ihr Absichten hegt, die Euch nicht mehr zustehen dürfen. Als Gemahl einer anderen«, gab Rodario schneidend zurück und richtete sich auf. »Um es frei zu sagen: Ich kann Euch nicht leiden, und mit dieser durchsichtigen Warnung habt Ihr es Euch erst recht bei mir verdorben.« Die Überheblichkeit verschwand aus den Zügen des Grafen. »Ich sehe, Ihr habt eine scharfe Zunge, wenn Ihr möchtet.«
»Sie würde Euch in hauchdünne Scheiben
Weitere Kostenlose Bücher