Das Schicksal des Highlanders
sie hat sich trotzdem um all die vielen Zipperlein und Schmerzen gekümmert. Dadurch hatte ich mehr Zeit, mich um dich zu kümmern. Jetzt kommen alle zu mir gerannt.«
»Gibt es denn niemanden, der dir helfen könnte?«
»Nein, noch nicht. Eine der Frauen wirkt vielversprechend und interessiert, muss jedoch noch einiges lernen. Doch dann könnte sie sicher Grizels Nachfolge antreten.«
Nigel krümmte sich, sein steifes Bein tat weh, wenn er es bewegte. »Dauert es nicht Jahre, bis man eine gute Heilerin wird?«
»Wenn man schlau ist, kann man ziemlich schnell genügend Wissen sammeln, um die kleinen und weitverbreiteten Übel zu behandeln. Das hat Grizel ja auch getan, obwohl sie es nicht gerne gemacht hat. Die Frau, von der ich spreche, ist aufgeschlossen und freundlich – beides ging Grizel ab – und obendrein klug. Doch ihr müsst wahrscheinlich noch jemanden finden, der sie weiter ausbildet, denn sie braucht einen, der mehr Zeit hat als ich. Sie wird euch wenig nutzen, wenn sie ohne mich nicht weiterlernt. Eigentlich hört man nie auf zu lernen. Es gibt so viel Wissen, altes und neues, dass man ein Leben lang lernen kann.«
»Wann hast du denn vor, uns zu verlassen?«
»Wenn du gesund bist«, erwiderte sie und übersah es geflissentlich, dass er ob ihrer vagen Antwort das Gesicht verzog.
»Und was ist dein nächstes Ziel?« Er geriet ins Straucheln, und nur Maldies starker Griff hinderte ihn am Hinfallen.
»Meine Verwandten zu finden.«
Nigel fluchte. »Deine Antworten kommen prompt, aber sie sind so verschwommen.«
»Genauer kann ich es dir einfach nicht sagen. Ich werde gehen, wenn du gesund genug bist und meine Arbeit hier gemacht ist. Und dann werde ich weiter nach meinen Verwandten suchen.« Sie führte ihn zurück zum Bett. »Ich glaube, du solltest dich jetzt wieder etwas ausruhen.« Erleichtert stellte sie fest, dass er ihrer Aufforderung folgte.
Doch sobald er saß und sie ihm mit dem Laken den Schweiß von der Stirn gewischt hatte, murrte er: »Wir sind doch nur ein paar Mal auf und ab gegangen.«
»Stimmt, aber heute schon zum vierten Mal. Gestern haben wir unsere Runden nur drei Mal gedreht. Deine Beine beginnen schon zu zittern.« Sie goss ihm einen Becher süßen Apfelmost ein. »Das sagt mir, dass es wahrscheinlich noch zu früh ist, so oft zu üben. Das vierte Mal lassen wir einfach ein wenig langsamer angehen. Schließlich bringt es dir nichts, wenn du zwar vier Mal läufst, dabei aber so schwach wirst, dass der Nutzen der ersten drei Male zunichtegemacht wird.«
»Gut«, murmelte er zerknirscht, doch nachdem er ihre Einschätzung widerwillig akzeptiert hatte, lenkte er seine ganze Aufmerksamkeit auf sie. »Vielleicht erweist du mir dann wenigstens die Ehre, mir den wahren Grund zu nennen, warum du vorhin beim Hereinkommen so betrübt ausgesehen hast.«
Sie sah ihm in die Augen, wandte den Blick jedoch rasch wieder ab. »Das habe ich dir doch schon gesagt.«
»Nein, du hast mir gesagt, dass dich die Leute in Donncoill auf Trab halten, ihre Zipperlein zu heilen und ihnen Tränke für ihre vielen kleinen Leiden zu verabreichen. Das stimmt wahrscheinlich auch, aber es ist bestimmt nicht der Grund, warum du so beunruhigt gewirkt hast.« Er musste lächeln, als sie ihm einen bösen Blick zuwarf. »Macht Balfour dir etwa Probleme?«
Maldie musterte ihn einen Moment lang eingehend, dann sagte sie, sorgfältig ihre Worte wählend: »Vielleicht geht jetzt meine Eitelkeit mit mir durch, aber ich hätte mir nicht träumen lassen, dass du gerne etwas über mich und Balfour hören möchtest.«
Nigel zog die Brauen zusammen. »Das hat nichts mit Eitelkeit zu tun. Wir haben über meine Gefühle zu dir nicht gesprochen und werden es auch in Zukunft nicht tun. Doch ich glaube, dass die meisten Menschen in Donncoil wissen, wie es mir damit geht. Aber vielleicht freut es mich ja zu hören, dass du und mein Bruder glücklich sind, wenn ich schon sonst keine Freude habe.« Ein kurzes Grinsen huschte über sein Gesicht, dann wurde er wieder ernst. »Nein, ich glaube, es ist eher so, dass du mir leid tust, weil du so alleine bist. Mit wem kannst du schon reden? Außer mit Balfour natürlich. Du hattest weder Zeit noch Gelegenheit, hier Freundschaften zu schließen, und so wird es auch in den nächsten Monaten sein, zumindest so lange, bis Eric wieder daheim und Beaton tot ist. Jeder setzt doch all seine Kraft dafür ein, Beaton zu schlagen und Eric heil nach Donncoill zurückzubringen. Und du bist
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