Das Schicksal des Highlanders
weitere Beachtung. Der erste Mann war derjenige, der sie wirklich interessierte; schon seinen Worten hatte sie entnommen, dass es sich um Beaton handeln musste.
Die Beschreibung, die ihre Mutter ihr von ihrem Verführer gegeben hatte, war so gut wie nutzlos. Das erkannte Maldie, sobald der Mann vor ihr stand. Margaret hatte ihn natürlich so im Gedächtnis behalten, wie er vor zwanzig Jahren ausgesehen hatte. Nun aber war er nicht nur vom Alter gezeichnet, sondern vor allem von einer grauenhaften Hautkrankheit. Seine Haut, auf der sich offene Wunden mit Krusten und eitrigen Geschwüren abwechselten, war so straff gespannt, dass sie glänzte. Die strahlend blauen Augen, von denen Maldies Mutter behauptet hatte, sie hätten ihr Herz im Sturm erobert, waren von tiefen roten Falten umrahmt und trieften. Von dem dichten braunen Haar, von dem sie wehmütig geschwärmt hatte, waren nur noch ein paar Büschel schmutzig grauer Strähnen übrig geblieben, die wirr vom Schädel abstanden.
Nur Beatons Figur war noch so, wie Maldies Mutter sie beschrieben hatte. Sie ließ auf Stärke und Gewandtheit schließen. Was immer die Haut des Mannes verunstaltete, hatte seinem Körper nicht weiter geschadet, obwohl es ihm manchmal wahrscheinlich große Schmerzen bereitete und schwächte, wenn es seinen Höhepunkt erreichte. In solchen Momenten war sein Körper dann wahrscheinlich auch verrenkt, wie Eleanor behauptet hatte. Außerdem konnte Eleanor auch recht gehabt haben mit ihrer Behauptung, dass Beaton von innen heraus verfaulen und das Böse in ihm sich auf seinem Körper zeigen würde, sodass alle, die einen Blick auf ihn warfen, sahen, wie schrecklich dieser Mann war. Maldie wünschte nur, jetzt keinen Blick auf ihn werfen zu müssen, nicht jetzt, wo sie so kurz davor stand, Eric zu helfen.
»Ich habe gehört, dass ein junger Bursche dort drunten ein wenig Disziplin nötig gehabt hatte«, erwiderte sie. Sie versuchte, ihre Stimme ruhig und freundlich klingen zu lassen und die Wut und den Hass nicht zu zeigen, die in ihr rumorten. »Dabei kann so einer ein paar kleinere Verletzungen davontragen, und ich dachte mir, ich sollte einmal nachsehen, ob er nicht ein wenig Salbe brauchen könnte.«
»Wie freundlich.« Er beugte sich näher vor zu ihr und runzelte die Stirn. »Wer bist du überhaupt?«
»Maldie Kirkcaldy.« Sie hielt den Atem an, als er sprach, denn der Gestank seiner faulen Zähne war nahezu unerträglich.
»Was hast du hier zu suchen?«
»Ich bin eine Heilerin, mein Laird. Wie die Minnesänger ziehe ich umher und verrichte meine Arbeit. Die Sänger erfreuen mit ihrer Musik das Ohr und sorgenvolle Gemüter, ich lindere mit meinen Salben den Schmerz von allerlei Gebrechen.«
»Das Gewinsel fahrender Sänger hat mir nie besonders gut gefallen. Kirkcaldy? Der Name kommt mir irgendwie bekannt vor. Woher kommst du?«
Maldie versteifte sich vor Wut. Der Mann erinnerte sich nicht einmal an den Clannamen der Frau, die er verführt und verlassen hatte! Margaret hatte ihn nie vergessen, doch Beaton hatte sie wahrscheinlich in dem Moment vergessen, als sie ihm ein Mädchen geboren hatte.
»Kirkcaldy aus Dundee«, sagte sie zornig, da sie ihre Wut nicht mehr kontrollieren konnte. Beatons Begleiter beobachtete sie mit einem schrägen Blick.
Vielleicht kannte dieser Mann ihren Namen. Offenbar handelte es sich um Beatons rechte Hand, und wenn er das schon länger war, erinnerte er sich wahrscheinlich besser an Beatons Vergangenheit als Beaton selbst; denn schließlich musste er wissen, wer die Feinde seines Lairds waren. Manchmal konnte eine Person, die völlig nebensächlich erschien, zum tödlichsten Feind werden. Maldie fiel ein, dass ihre Mutter auch von einem dürren, langgesichtigen Mann gesprochen hatte, der nie von Beatons Seite gewichen war, und der begleitete den Laird auch heute noch.
Und auf ihn würde sie besonders gut aufpassen müssen, dachte sie, während sie darum kämpfte, dass ihre Wut ihr nicht alle Vorsicht und Vernunft raubte. Die Gelegenheit, Eric zu sehen, hatte sie wahrscheinlich zumindest für diesen Tag verspielt. Jetzt galt es erst einmal, lebendig und ohne allzu viel Aufsehen aus dem großen Saal zu verschwinden. Die misstrauische Miene von Beatons Begleiter sagte ihr allerdings, dass es dafür wohl zu spät war. Und ihre blinde Wut sagte ihr, dass sie sich gehörig anstrengen musste, um nicht etwas zu tun, was sie geradewegs in den Tod führte.
»Ich war doch schon mal in Dundee, oder, Calum?«,
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