Das Schicksal des Highlanders
ertragen, dich auch noch zu verlieren. Du bist wie eine Tochter für mich.«
Gerührt umarmte Maldie die zierliche alte Frau. Sie mochte sie von ganzem Herzen und freute sich, dass ihre Zuneigung erwidert wurde. Es war nur traurig, dass sie mit Eleanor schon nach so kurzer Zeit etwas verband, was sie bei ihrer eigenen Mutter nie gespürt hatte. Der Unterschied lag wohl darin, dass Eleanor so freundlich war. Sie kümmerte sich um die Menschen, selbst um zerlumpte junge Frauen, die mit wenig mehr als ihren Kleidern auf dem Leib vor ihrer Tür auftauchten.
Margaret Kirkcaldy hatte sich eigentlich um niemanden gekümmert, nicht einmal um ihre Tochter. Diese Erkenntnis schmerzte, doch Maldie zwang sich, ihr nicht auszuweichen. Wenn ihre Mutter Gefühle gehabt hatte, dann für die diversen Männer in ihrem Leben. Doch die hatten sie alle schäbig behandelt. Maldie war nicht einmal mehr sicher, ob die Tränen ihrer Mutter, wenn sie wieder einmal einen herzlosen Mann liebte, tatsächlich echter Trauer entsprungen waren. Das Einzige, worauf Margaret stets erpicht gewesen war und was ihr echtes Vergnügen bereitet hatte, war die Aufmerksamkeit gewesen, die ihr diese Männer geschenkt hatten, ihre Schmeicheleien und Geschenke.
Maldies Mutter hatte immer verbittert gewirkt. Den Samen hatte zweifellos Beaton gepflanzt. Im Lauf der Jahre, während ihre Gesundheit und ihre Schönheit schwanden, waren aus den schmeichelnden Liebhabern Männer geworden, die es einfach in den Lenden juckte und die ein paar Münzen in der Tasche hatten. Margarets Verbitterung war gewachsen, bis sie sie vollständig ausgefüllt hatte. Plötzlich fragte sich Maldie, ob es bei dem Auftrag, Beaton zu ermorden, wirklich um die Rache für geraubte Ehre ging oder vielleicht doch nur um verletzte Eitelkeit.
Wie immer verscheuchte sie diese Gedanken hastig, küsste Eleanor auf die Wange und ging zu Bett. Man konnte ihrer Mutter sicher manches, was passiert war, nachdem Beaton sie verlassen hatte, zum Vorwurf machen, aber dennoch war es Beaton gewesen, der Margaret auf den Pfad der Selbsterniedrigung und Verwahrlosung gebracht hatte. Wenn dieser Schuft Margaret nicht von ihrer Familie weggelockt hätte, wäre sie wahrscheinlich mit einem Laird vermählt worden. Vielleicht wäre sie im heiligen Bund der Ehe nicht besonders glücklich geworden, doch ihre Kinder wären ehelich zur Welt gekommen und sie hätte nicht ihren Körper verkaufen müssen, nur um sich und ihre Tochter durchzubringen.
Liebend gern hätte Maldie Eleanor alles erzählt. Sie sehnte sich nach einem Menschen, mit den sie reden und alles besprechen konnte, angefangen bei ihren wachsenden Zweifeln, warum ihre Mutter ihr diesen Vergeltungsauftrag erteilt hatte, bis hin zu ihren Sorgen um den jungen Eric. Maldie wusste, dass Eleanor ihr mitfühlend und verständnisvoll zuhören würde, doch sie widerstand der Versuchung. Wenn etwas schieflief, wenn Beaton sie bei dem Versuch, Eric zu befreien, oder bei der Erfüllung des Schwurs, den sie ihrer Mutter geleistet hatte, erwischte, sollte Eleanor aufrichtig versichern können, nichts davon gewusst zu haben.
Obwohl ihr vor Müdigkeit jeder Knochen im Leib wehtat, fand Maldie nur schwer in den Schlaf. Der kommende Tag würde bestimmt sehr wichtig werden. Sie hatte das vage Gefühl, dass sie an diesem Tag würde handeln müssen. Sie wusste nur nicht, ob sie schon gegen Beaton aktiv werden würde oder für Eric, aber vielleicht würde sich das eine aus dem anderen ergeben. Kurz bevor ihr endlich die Augen zufielen, dachte sie noch, wie schön es wäre, wenn die Vorahnung, die sie so sicher sein ließ, dass morgen etwas passieren würde, auch einen Hinweis lieferte, ob sie mit einem süßen Sieg oder einer bitteren Niederlage rechnen konnte.
15
In der großen Küche von Dubhlinn war es heiß, und die Luft war geschwängert vom Geruch kochenden Essens und ungewaschener Körper. Maldie wischte ihrem kleinen Patienten den Schweiß von der Stirn und runzelte die Augenbrauen. Sie hatte erwartet, dass es dem Jungen schon viel besser gehen würde. Der kleine Thomas war zwar nicht schwer krank, aber in der schlechten Küchenluft würde es bestimmt länger dauern, bis es ihm wirklich besser ging. Maldie hatte ja bereits beschlossen, Mary und Thomas aus Gründen der Sicherheit zu Eleanor zu schicken, und diese hatte sich gern bereit erklärt, die beiden aufzunehmen. Jetzt konnte sie ihnen ohne Vorwand anraten, um der Gesundheit des Kleinen willen dorthin zu
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