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Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)

Titel: Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Green
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oder so was. Eine hässliche Mischung aus Wut und Enttäuschung stieg in mir hoch. Ich wusste nicht mal, was es für ein Gefühl war, nur, dass es eine Menge davon war, und am liebsten hätte ich Augustus Waters eine geknallt und außerdem statt meiner Lunge eine Lunge gehabt, die nicht so scheiße war. Ich stand mit den Spitzen meiner Converse-Turnschuhe direkt am Bordstein, die Sauerstoffflasche auf ihrem Karren wie eine Eisenkugel am Bein, und dann, genau in dem Moment, als Mom vorfuhr, spürte ich, wie eine Hand nach meiner Hand griff.
    Ich riss mich los, doch ich drehte mich um.
    »Sie bringen einen nur um, wenn man sie anzündet«, erklärte er, als Mom vor uns hielt. »Aber ich habe mir noch nie eine angezündet. Es ist eine Metapher, verstehst du: Du steckst dir das tödliche Ding zwischen die Zähne, aber du gibst ihm nicht die Kraft zu töten.«
    »Eine Metapher«, sagte ich argwöhnisch. Mom saß geduldig im Wagen.
    »Eine Metapher«, wiederholte er.
    »Du suchst dir deine schlechten Angewohnheiten wegen ihrer metaphorischen Tiefe aus …«, sagte ich.
    »O ja.« Er lächelte. Das große, alberne, echte Lächeln. »Ich bin ein großer Verfechter von Metaphern, Hazel Grace.«
    Ich wandte mich zum Auto. Klopfte an die Scheibe. Mom ließ das Fenster herunter. »Ich sehe mir mit Augustus Waters einen Film an«, sagte ich. »Bitte nimm die nächsten paar Folgen von ANTM für mich auf.«

KAPITEL ZWEI
     
    Augustus Waters war ein grauenhafter Autofahrer. Egal ob er anhielt oder losfuhr, alles passierte mit einem unglaublichen RUCK. Wenn er bremste, wurde ich jedes Mal in den Gurt seines Toyota SUV geschleudert, und wenn er Gas gab, flog jedes Mal mein Kopf zurück. Ich hätte Grund gehabt, nervös zu sein – immerhin saß ich im Wagen eines fremden Jungen auf dem Weg zu ihm nach Hause, und mir war deutlich bewusst, dass ich mich mit meiner blöden Lunge nur schlecht gegen ungewollte Annäherungsversuche verteidigen können würde –, aber er war ein so verblüffend schlechter Autofahrer, dass ich an nichts anderes denken konnte.
    Wir verbrachten ungefähr einen Kilometer in ruckelndem Schweigen, bevor Augustus sagte: »Ich bin dreimal durch die Fahrprüfung gefallen.«
    »Was du nicht sagst.«
    Er nickte lachend. »Mit dem guten alten Holzbein spüre ich keinen Druck, aber ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, mit links zu fahren. Also trete ich zu meiner vierten Fahrprüfung an, und es läuft ungefähr so wie jetzt.« Einen halben Kilometer vor uns schaltete die Ampel auf Rot. Augustus trat in die Bremse, und ich wurde in die dreieckige Umarmung des Gurts geworfen. »Tut mir leid. Ich schwöre, ich versuche ganz sanft zu fahren. Jedenfalls war ich am Ende der vierten Prüfung überzeugt, dass ich wieder durchgefallen bin, als der Prüfer sagt: ›Ihr Fahrstil ist unangenehm, aber er verstößt nicht im engeren Sinn gegen die Verkehrsregeln.‹«
    »Ich weiß nicht, ob ich seine Meinung teile«, sagte ich. »Ich schätze, das war ein Krebs-Bonus.« Krebs-Bonusse sind die kleinen Vergünstigungen, die krebskranke Kinder bekommen und gesunde Kinder nicht: von Stars signierte Basketbälle, Freibriefe für zu spät abgegebene Hausaufgaben, unverdiente Führerscheine und vieles mehr.
    »Ja«, sagte er. Die Ampel wurde grün. Ich hielt mich fest. Augustus trat aufs Gas.
    »Du weißt, dass es für Leute, die ihre Beine nicht benutzen können, Handgasvorrichtungen gibt, oder?«, erklärte ich.
    »Ja«, sagte er. »Irgendwann vielleicht.« Er seufzte auf eine Art, als hätte er Zweifel, ob es ein Irgendwann gebe. Ich wusste, dass bei Knochenkrebs gute Heilungschancen bestanden, aber man konnte nie wissen.
    Es gab eine Reihe von Formulierungen, nach jemandes ungefährer Lebenserwartung zu fragen, ohne direkt zu fragen . Ich versuchte es mit dem Klassiker: »Und, gehst du zur Schule?« Denn meistens nahmen einen die Eltern irgendwann von der Schule, wenn sie damit rechneten, dass du ins Gras beißt.
    »Ja«, sagte er. »North Central. Aber ich bin sitzen geblieben, ich bin jetzt in der Zehnten. Und du?«
    Ich überlegte kurz, ob ich lügen sollte. Auf wandelnde Leichen steht schließlich keiner. Doch am Ende sagte ich die Wahrheit: »Nein, meine Eltern haben mich vor drei Jahren rausgenommen.«
    » Vor drei Jahren ?«, fragte er verblüfft.
    Ich schilderte Augustus die groben Umrisse meines Krebswunders: Mit dreizehn die Diagnose Schilddrüsenkrebs, Stadium IV. (Ich erzählte ihm nicht, dass die Diagnose genau

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