Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
Väter noch nicht.
»Ich bin Hazel«, sagte ich.
»Gus hat eine Freundin« , rief einer der Jungs.
»Ich weiß, dass Gus eine Freundin hat«, erklärte ich.
»Sie hat Busen«, sagte der andere.
»Ach, wirklich?«
»Warum hast du das da?«, fragte der erste und zeigte auf den Sauerstoffwagen.
»Es hilft mir beim Atmen«, sagte ich. »Ist Gus wach?«
»Nein, er schläft.«
»Er stirbt«, sagte der andere.
»Er stirbt«, bestätigte der dritte, plötzlich ganz ernst. Es war einen Moment still, und ich wusste nicht, was ich sagen sollte, aber dann trat der eine den anderen, und sie liefen wieder los, jagten einander und stolperten übereinander in ein Gedrängel, das sich zur Küche bewegte.
Ich ging weiter ins Wohnzimmer zu Gus’ Eltern und lernte seine Schwager Mark und Dave kennen.
Ich kannte seine Halbschwestern kaum, doch sie umarmten mich trotzdem. Linda saß auf der Bettkante und redete mit der gleichen Stimme auf den schlafenden Gus ein, mit der man einem Kleinkind sagen würde, wie süß es war: »Gussy Gussy, unser kleiner Gussy Gussy.« Unser Gussy? Hatten sie ihn erworben?
»Wie geht’s, Augustus?«, sagte ich in dem Versuch, angemessenes Benehmen vorzumachen.
»Unser wunderschöner Gussy«, sagte Linda und beugte sich über ihn. Ich fragte mich, ob er wirklich schlief oder ob er einfach nur auf die Schmerzpumpe gedrückt hatte, um dem Angriff der wohlmeinenden Schwestern zu entkommen.
Irgendwann wachte er auf, und das Erste, was er sagte, war: »Hazel«, was mich zugegebenermaßen glücklich machte, als würde ich vielleicht auch zur Familie gehören. »Draußen«, sagte er leise. »Können wir rausgehen?«
Und so gingen wir raus, indem seine Mutter den Rollstuhl schob und Schwestern und Schwager und Vater und Neffen und ich hinterherkamen. Es war ein bewölkter Tag, still und schwül, da der Sommer im Anzug war. Gus trug ein langärmeliges dunkelblaues T-Shirt und eine Fleecehose. Aus irgendeinem Grund war ihm ständig kalt. Er wollte ein Glas Wasser, und sein Vater ging rein, um es zu holen.
Marina versuchte, Gus in ein Gespräch zu verwickeln, indem sie sich neben ihn kniete und sagte: »Du hast schon immer so schöne Augen gehabt.« Er nickte kaum merklich.
Einer der Ehemänner legte ihm den Arm um die Schulter und fragte: »Na, wie fühlt sich die frische Luft an?« Gus zuckte die Schultern.
»Brauchst du Medikamente?«, fragte seine Mutter und schloss sich dem Kreis der Knienden an. Ich trat einen Schritt zurück und sah zu, wie die Neffen durch ein Blumenbeet trampelten. Sofort hatten sie ein Spiel angefangen, bei dem man sich gegenseitig auf den Boden werfen musste.
»Kinder!«, rief Linda unentschlossen. »Ich wünsche mir für sie«, sagte sie dann, wieder an Gus gewandt, »dass sie, wenn sie älter werden, auch so nachdenkliche, intelligente Männer werden wie du.«
Ich widerstand der Versuchung, laut zu würgen. »So schlau ist er gar nicht«, sagte ich zu Linda.
»Sie hat recht. Nur weil die meisten blendend aussehenden Leute dumm sind, übertreffe ich die Erwartungen.«
»Eben. Er ist einfach nur ein scharfer Typ«, sagte ich.
»Was einen irgendwie blenden kann«, sagte er.
»Unser Freund Isaac ist sogar blind davon geworden«, sagte ich.
»Schreckliche Tragödie. Aber was kann ich gegen meine fatale Schönheit tun?«
»Nichts.«
»Was für eine Last, dieses herrliche Gesicht.«
»Von deinem Körper ganz zu schweigen.«
»Ach, hör bloß auf. Wenn ich erst von meinem sexy Körper anfange. Du willst mich echt nicht nackt sehen, Dave. Mich nackt zu sehen hat Hazel Grace tatsächlich den Atem geraubt«, sagte er und zeigte auf die Sauerstoffflasche.
»Okay, das reicht«, sagte Gus’ Vater, doch dann legte er aus heiterem Himmel den Arm um mich und küsste mir die Schläfe und flüsterte: »Ich danke Gott jeden Tag für dich, Kleine.«
Das war der letzte gute Tag mit Gus bis zum Letzten Guten Tag .
KAPITEL ZWANZIG
Eine der nicht ganz so blöden Konventionen des Krebskind-Genres ist die Tradition des Letzten Guten Tags, wenn dem Krebsopfer einige unerwartete Stunden gegönnt sind, wo es scheint, als wäre der unaufhaltsame Niedergang kurzfristig zum Stillstand gekommen, und der Schmerz eine Weile lang erträglich ist. Das Problem ist natürlich, dass du nie wissen kannst, ob es dein letzter guter Tag oder dein Letzter Guter Tag ist. In dem Moment ist es einfach nur ein guter Tag.
Ich hatte mir einen Tag Augustus-frei genommen, weil es mir selbst nicht so
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