Das Schicksal ist ein mieser Verräter (German Edition)
berührten und ich nur noch seine Augen sah, sah ich nicht, dass er krank war. Wir küssten uns eine Weile, und dann lagen wir einfach nur zusammen da und lauschten dem gleichnamigen Album von The Hectic Glow, und irgendwann schliefen wir ein, ein Haufen verhedderter Schläuche und Körper.
Später wachten wir auf und stapelten eine Armada von Kissen vor dem Bett auf, damit wir uns bequem an die Bettkante lehnen und Modern Warfare spielen konnten: Preis der Morgenröte. Ich war natürlich wahnsinnig schlecht in dem Spiel, aber meine Fehler waren gut für ihn: Sie machten es ihm leichter, in Schönheit zu sterben, sich in die Schussbahn der Scharfschützen zu werfen, um sich für mich zu opfern oder den Wachmann zu erschießen, der sonst mich erschossen hätte. Wie er meine Rettung genoss. Er rief: »Heute wirst du meine Freundin nicht mehr töten, internationaler Terrorist ungeklärter Nationalität.«
Kurz dachte ich darüber nach, ob ich einen Erstickungsanfall vortäuschen sollte, damit er bei mir das Heimlich-Manöver anwenden konnte. Vielleicht würde er damit die Angst verlieren, dass weder sein Leben noch sein Tod einem hehren Zweck gedient hätte. Aber dann kam mir der Gedanke, dass er vielleicht körperlich nicht mehr in der Lage war, das Heimlich-Manöver anzuwenden, und ich würde alles zugeben müssen, die List und die darauf folgende gegenseitige Demütigung.
Es ist verdammt schwer, die Würde zu wahren, wenn die aufgehende Sonne zu hell in deinem schwindenden Blick ist, und daran dachte ich, als wir in den Ruinen einer Stadt, die nicht existierte, die Bösen jagten.
Irgendwann kam sein Vater herunter und trug Gus wieder nach oben, und im Flur beugte ich mich unter der Ermutigung Freunde sind für immer zu ihm, um ihm einen Gutenachtkuss zu geben. Ich ging nach Hause, aß mit meinen Eltern zu Abend und ließ Gus mit seinen essen (und das Essen wieder auskotzen).
Nach ein bisschen Fernsehen ging ich schlafen.
Am nächsten Morgen wachte ich auf.
Gegen Mittag ging ich wieder zu ihm rüber.
KAPITEL SIEBZEHN
Eines Morgens, einen Monat nach unserer Rückkehr aus Amsterdam, fuhr ich rüber zu ihm. Seine Eltern sagten mir, dass er noch schlief, also ging ich runter, klopfte laut an seine Tür und fragte: »Gus?«
Ich fand ihn, eine Sprache seiner eigenen Schöpfung murmelnd. Er hatte ins Bett gepinkelt. Es war schrecklich. Ich konnte nicht mal richtig hinsehen. Ich rief nach seinen Eltern, und sie kamen gleich runter, und ich ging hoch, während sie ihn sauber machten.
Als ich zurückkam, wachte er langsam von den Medikamenten auf, um dem schmerzerfüllten Tag entgegenzutreten. Ich arrangierte die Kissen so, dass wir auf der nackten, lakenlosen Matratze Modern Warfare spielen konnten, aber er war so müde und daneben, dass er beim Spielen fast so schlecht war wie ich und wir keine fünf Minuten durchhielten, ohne beide draufzugehen. Nicht mal tolle Heldentode, sondern einfach nur fahrlässige.
Ich sagte nicht viel. Fast wollte ich, dass er meine Anwesenheit vergaß, schätze ich, und ich hoffte, er erinnerte sich nicht, dass ich den Jungen, den ich liebte, faselnd in seiner eigenen Pisse gefunden hatte. Die ganze Zeit hoffte ich, er würde sich plötzlich zu mir umdrehen und sagen: »Oh, Hazel Grace. Wie bist du denn hier gelandet?«
Doch leider erinnerte er sich. »Mit jeder Minute, die vergeht, wächst meine Wertschätzung für den Ausdruck tief beschämt «, sagte er schließlich.
»Ich habe auch schon mal ins Bett gemacht, glaub mir, Gus. Ist nichts dabei.«
»Früher«, sagte er, und dann holte er scharf Luft, »hast du mich Augustus genannt.«
»Weißt du«, sagte er irgendwann, »ich weiß, dass es kindisch ist, aber ich habe mir immer vorgestellt, in allen Zeitungen würde ein Nachruf auf mich erscheinen, dass ich eine Geschichte hätte, die es wert ist, erzählt zu werden. Ich hatte immer diesen heimlichen Verdacht, dass ich was Besonderes wäre.«
»Das bist du«, sagte ich.
»Du weißt schon, was ich meine«, sagte er.
Ich wusste genau, was er meinte. Nur teilte ich seine Meinung nicht. »Mir ist völlig egal, ob in der New York Times ein Nachruf auf mich steht. Ich will nur, dass du einen für mich schreibst«, sagte ich. »Du sagst, weil die Welt nichts von dir weiß, bist du nichts Besonderes, aber damit beleidigst du mich. Ich weiß von dir.«
»Ich glaube nicht, dass ich einen Nachruf auf dich schreiben kann«, sagte er anstatt einer Entschuldigung.
Ich war
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