Das Schiff aus Stein
Arbeiter Stempel mit dünnen Goldfolien, die ins heiße Glas einsanken und dann mit einer weiteren Schicht Glas bedeckt wurden. An anderen Scheiben standen Männer, die das Glas in langen, verschiedenfarbigen Fäden um Tonkörper wickelten, sodass mehrfarbig gemusterte Vasen und Krüge entstanden.
»Sie töpfern das Glas«, sagte Anselm. »Das ist wirklich irre!«
»Ja, und das geht, weil heißes Glas formbar ist.« Bent sah sich die Handgriffe der Arbeiter genau an. »Toll, so was möchte ich auch gerne mal machen. Heute gibt es das nicht mehr!« Er blickte sich nach Amilcar um, der zu einem der Arbeiter getreten war und mit ihm sprach.
Rufus bemerkte, dass er diesem etwas zeigte. Der junge Glasmacher wies auf ein Gefäß, das in einer Reihe mit anderen auf dem Boden stand. Der Arbeiter antwortete und der Junge hörte ihm aufmerksam zu. Dann schüttelte er den Kopf, nahm das Gefäß und winkte den Arbeiter in eine Ecke. Plötzlich wurde Rufus klar, was Amilcar tun wollte.
Es war die einzige Ecke des Hofes, in die ein Sonnenstrahl fiel. Amilcar hob das Glasgefäß und hielt es in das helle Sonnenlicht. Dabei drehte und wendete er das Glas.
Rufus lief hinzu und stellte sich hinter die beiden. Das Licht fiel auf das Gefäß, und dieses leuchtete in einem bleichen und verwaschenen Rot auf. Amilcar schüttelte den Kopf.
»Was tust du da?«, fragte der Arbeiter.
»Ich prüfe das Glas«, antwortete Amilcar. »So, wie mein Vater es mir gezeigt hat. Der Bruder des Glases ist das Licht. Es zeigt seine Stärken und Schwächen. Und es zeigt seine ganze Schönheit. Aber dieses Rot hier ist zu schwach, Yhar.«
»Ich habe das Kupfer zerstoßen und geröstet, wie du gesagt hast«, erklärte der Arbeiter.
Amilcar überlegte. »Dann hat die Schmelze zu wenig Luft gehabt. Du musst darauf achten, Yhar, dass die Luft den ganzen Tag über in den Ofen gefächelt wird. Wenn nicht genug Luft an das heiße Glas weht, färbt das Kupfer nicht so tief rot, wie es soll. Diese Farbe hier hat nicht ihre volle Kraft entwickelt.«
»Ja, Herr«, antwortete der Angesprochene. »Es ist wahr, was dein Onkel sagt. Du weißt alles über Glas. Wie dein Vater. Du bist der erste Glasmacher dieser Stadt.«
»Ich habe immer nur gut zugehört und alles viele Male selbst getan. Mehr braucht es nicht, um gutes Glas machen zu können. Und das kannst du auch, Yhar. Wenn du weiter so arbeitest, wirst du ein genauso guter Glasmacher werden. Und mit dieser Kunst kannst du dir eines Tages die Freiheit erkaufen.«
Der Arbeiter senkte den Kopf. »Ja, Herr, ich werde dir gehorchen!«
»Nein, Yhar«, fuhr Amilcar ihn an. »Du musst nicht mir gehorchen, sondern es selbst wollen und tun! Du weißt, bei uns dürfen auch die Frauen eigene Geschäfte führen, meinst du also, ein befreiter Mann dürfe das nicht?«
Der Arbeiter murmelte: »Aber ich bin ein Sklave.«
»Du kannst frei sein!«, sagte Amilcar bestimmt. »Du kannst dir die Freiheit erarbeiten und erkaufen. Vergiss das nie. Mach gutes Glas und du wirst wieder frei sein.«
Der Sklave schwieg. Dann fragte er plötzlich: »Stimmt es, dass du das Geheimnis deines Vaters kennst?«
Über Amilcars Gesicht lief ein Schatten. »Wie kommst du darauf, Yhar?«
Der Sklave legte die Hände zusammen. »Ein Grieche war hier und hat nach dir gefragt und wollte das wissen.«
»Ein Grieche?«
Yhar nickte. »Ja! Der, der deinem Onkel den schlechten Glasbarren gebracht hat.«
»Zu ihm muss ich heute«, erwiderte Amilcar.
»Und, kennst du das Geheimnis?«
Amilcar lächelte schmal. »Es war ein Traum, Yhar, kein Geheimnis. Niemand kann das Glas so fein machen, wie mein Vater es sich erträumt hat. Träume sind keine Geheimnisse, es sind Wünsche! Und mein Vater ist ihnen sein Leben lang gefolgt. Aber wo ist er nun?! Am Grund des Meeres.«
Yhar lächelte dunkel. »Vielleicht träumt er dort noch immer, Herr. Sind es nicht die Götter, die uns die Träume senden, um uns voranzuführen?«
»Ach, Yhar!« Amilcar stieß die Luft aus. »Hör zu, du weißt jetzt, wie man rotes Glas richtig macht. Prüfe von nun an das Glas, wie ich es dir gezeigt habe. Halte es gegen das Licht.«
Der Sklave neigte den Kopf. »Ja, Herr, das werde ich tun.«
Amilcar drückte ihm das Gefäß in die Hand und wandte sich ab. »Ich gehe jetzt zum Hafen. Sag das meinem Onkel, falls er dich fragt, wo ich bin.«
Yhar nickte. Dann fragte er: »In welchem Hafen liegt das Schiff des Griechen?«
»Im Sidonischen. Und jetzt kümmere dich um das
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