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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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richtige Rot. Die neue Glasschmelze wird einen halben Mond dauern. Ich lege sie in deine Hände, Yhar.«
    Der Sklave verbeugte sich und Amilcar machte sich auf den Weg.
    Rufus wandte sich um, um dem jungen Glasmacher zu folgen. Doch kaum war dieser in den schmalen Durchgang zur Straße eingetreten, veränderte sich die Flut.
    Die Lehrlinge standen am Hafen auf einer Kaimauer, an die donnernd hohe Wellen schlugen. Ein heftiger Wind war aufgekommen. Der Himmel über ihnen war jetzt grau und dichte, schwarze Wolken zogen darüber.
    Oliver zeigte auf Amilcar, der ein ganzes Stück entfernt an Bord eines Schiffes stand und mit einem drahtig wirkenden, nicht allzu großen Mann redete. Im nächsten Augenblick prasselte ein so heftiger Regen nieder, dass Amilcar hinter den dicken Tropfen nahezu unsichtbar wurde
    »Was ist denn jetzt los?«, brüllte No. »Wo kommt denn auf einmal das Unwetter her?«
    »Es ist später am Tag und das Wetter hat umgeschlagen«, rief Rufus. »Kommt, wir müssen sofort auf das Schiff! Wenn wir Amilcar aus den Augen verlieren, verlieren wir vielleicht auch die Flut!«
    So schnell er konnte, rannte er auf das Schiff zu. Die anderen folgten ihm. Doch der böige Wind, der jetzt über das Hafengelände strich, fegte die Stände um, die auf dem großen Platz dahinter aufgebaut waren, und die Händler und Marktbesucher versuchten Schutz vor dem Regen zu finden. Alle riefen und rannten wild durcheinander. Dazu peitschte der Wind das Wasser auf und die Schiffe im Hafen schwankten und rollten. Dann donnerte es über den Köpfen der Lehrlinge und im nächsten Augenblick nahm der Regen noch einmal an Stärke zu und raubte ihnen die Sicht.
    Irritiert blieb Rufus stehen und versuchte seine Augen mit der Hand zu beschirmen. Vor sich sah er einen Kanal, der vom Hafen aus quer durch die Stadt verlief.
    »Rufus!«, hörte er No rufen. »Wo bist du? Wo seid ihr? Bent? Ich kann überhaupt nichts mehr sehen …«
    Rufus fuhr herum. Der Regenschauer war jetzt so heftig, dass die Sicht auf einen Meter oder weniger begrenzt war. Auch er sah keinen der anderen mehr, geschweige denn Amilcar oder das Schiff, auf dem er gewesen war.
    Im selben Moment zog sich die Flut zurück und die Lehrlinge standen in Meister Otomos Haus.
    »Oh, nein!«, rief Filine, deren dünnes Haar ihr triefend in die Stirn hing. Aber ihre grünen Augen blitzten. »Wir waren zu langsam, wir haben die Flut verloren!«
    Doch Oliver schüttelte den Kopf. Dann schrieb er schnell auf seinen Block: Diesmal haben wir keinen Fehler gemacht. Die Flut hat sich einfach zurückgezogen, weil man nichts mehr erkennen konnte. Aber ich glaube, ich habe etwas gehört, was uns weiterhelfen wird.
    »Und was soll das sein?« Filine sah ihn resigniert an. »Das ist das dritte Mal, dass diese Flut mittendrin aufhört.«
    »Er hat recht, keine Sorge!«, rief Rufus und lächelte Oliver zu. »Ich habe es auch gehört, ich weiß, was er meint! Der Sklave in der Glasmacherei hat Amilcar doch gefragt, zu welchem Hafen er geht. Wir sind also in einer Inselstadt mit zwei oder mehr Häfen. Und solche Städte dürfte es nicht allzu viele gegeben haben. Habt ihr den Kanal gesehen, der vom Hafen in die Stadt führte? Das muss eine Verbindung durch die Stadt zu dem anderen Hafen gewesen sein. Und das macht die Anlage noch einzigartiger.«
    Die übrigen Lehrlinge sahen Rufus nachdenklich an.
    »Das klingt logisch«, meinte Filine schließlich. »Und du hast recht. Amilcar hat den Hafen Sidonischen Hafen genannt. Aber was bedeutet das? Das Wort habe ich noch nie gehört.«
    »Dann lasst es uns rausfinden!«, schlug No vor.
    Rufus spürte, wie das Geheimnis der Flut die Lehrlinge wieder ergriff. Zusammen liefen sie zu den Büchern, die sie aus der Bibliothek mitgebracht hatten, und machten sich an die Arbeit.
    Und diesmal lag Rufus richtig. Nach nicht einmal einer Stunde hatten sie einiges über Städte und Häfen erfahren. Schließlich war es Oliver, der in einem dicken Band auf eine handgezeichnete Karte tippte.
    Die Stadt mit den zwei Häfen, von denen einer der Sidonische Hafen und der andere der Ägyptische Hafen genannt worden war und die wirklich durch einen Kanal durch die Stadt verbunden gewesen waren, hieß Tyros. Es war eine phönizische Stadt auf einer Insel, die vor der Küste Kanaans im Meer lag.
    Rufus betrachtete die Zeichnung. »Da, seht ihr?! Der Sidonische Hafen liegt im Norden, und er heißt so, weil er nach Sidon weist, einer anderen phönizischen Stadt, etwa 40

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