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Das Schiff aus Stein

Das Schiff aus Stein

Titel: Das Schiff aus Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Boris Pfeiffer
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einem Fenster des gegenüberliegenden Hauses auf der anderen Seite des Flutkanals stand Coralia und winkte.
    »Hey, Rufus, da bist du ja. Ich habe dich so vermisst!«
    »Äh, wieso?«, murmelte Rufus.
    »Was hast du gesagt?«, rief Coralia und lächelte breit. Sie trug die dunkelblaue chinesische Seidenrobe mit dem Muster aus goldenen Drachenköpfen und Wellen, von der Lucy erzählt hatte, und sah mit ihrer schwarzen Mähne darüber hinreißend aus.
    »Und, wie ist die Flut? Kommst du gut voran? Wenn ich nicht gerade so viel zu tun hätte, würde ich ja wirklich gerne mitmachen. Danke für die Einladung, das war total nett von dir. Ich bin nur kurz gekommen, um dir Bescheid zu sagen, dass ich es leider nicht schaffe! Aber ich finde das so süß!«
    »Wie bitte? Du hast sie in unsere Flut eingeladen?« Filine trat hinter Rufus und sah ebenfalls aus dem Fenster. »Wie hast du das denn gemacht? Hast du Meister Spitznagel beauftragt, es ihr zu sagen, oder was? Und wie kommst du überhaupt darauf, das zu tun, ohne uns zu fragen?«
    »Aber das habe ich überhaupt nicht!«, sagte Rufus tonlos.
    »Was hast du gesagt?«, rief Coralia wieder und lachte plötzlich laut auf. »Ach, da ist ja auch Filine! Na, habt ihr inzwischen rausbekommen, in welcher Inselstadt ihr seid? Eure Flut klingt so aufregend! Ich wäre wirklich sehr gerne dabei.«
    Entgeistert sah Filine Rufus an. »Und woher weiß sie das alles, Rufus? Das muss sie ja wohl von dir wissen!«
    Rufus schüttelte heftig den Kopf. »Coralia …!«, rief er laut. Am liebsten hätte er gebrüllt, dass er genau wusste, dass Bent und Anselm hinter ihm herspionierten und sie von ihnen eine Nachricht per Brieftaube bekommen hatte. Aber dann wurde ihm gerade noch klar, dass er damit alles verraten hätte. Deswegen beherrschte er sich und rief stattdessen nur: »Ich habe dich aber nicht eingeladen!«
    Coralia winkte ihm wieder zu. »Nicht? Aber als du mir gestern Nachmittag am Fenster erzählt hast, dass du die Flut verpatzt hast – da hatte ich den Eindruck, du hättest mich gerne zur Unterstützung dabei!«
    Sie sah nun sehr betroffen aus. »Du bist wirklich ganz anders, wenn wir nur zu zweit sind. Als ob du zwei verschiedene Gesichter hättest. Immer wenn du mit Filine und No zusammen bist, verhältst du dich plötzlich, als würdest du mich überhaupt nicht mehr kennen. Das finde ich nicht sehr schön, Rufus! Dabei hat es uns doch immer solchen Spaß gemacht, zusammen zu forschen.«
    Vor Entsetzen bekam Rufus kein Wort mehr heraus. Was zog sie hier bloß für ein Theater ab?
    Coralia machte jetzt einen völlig niedergeschlagenen Eindruck. Und plötzlich wandte sie sich mit zuckenden Schultern um.
    »Okay, ich habe verstanden. Du schämst dich wegen mir. Nur, weil ich euch einmal ein bisschen an der Nase rumführen wollte. Aber das machen wir hier doch immer mit den Frischlingen! Jedem, der neu an der Akademie ist, spielen wir so einen Streich. Aber gut, Rufus, dann sehen wir uns eben erst nach eurer Flut wieder, wenn du jetzt nicht mit mir sprechen willst.« Sie winkte noch einmal wortlos und verschwand dann vom Fenster.
    Rufus stieß langsam die Luft aus. »Mann«, stöhnte er. »Das gibt es ja wohl nicht.«
    »Ach nein?«, meinte Filine schnippisch. »Dann hat Coralia sich das wohl alles ausgedacht?! Dafür wusste sie aber ziemlich gut Bescheid. Und du warst gestern der Einzige, der so lange alleine war und mit ihr hätte sprechen können. Oliver und ich saßen nämlich in der Küche und haben gelesen. Und No war oben bei Anselm und Bent. Was soll das also bedeuten?«
    Rufus zuckte zusammen. Wie konnte Filine nur so etwas von ihm denken? Er riss sich zusammen. Tja, aus ihrer Sicht klang das absolut logisch. Wichtiger aber war wohl die Frage, was Coralia wirklich von ihm wollte. Warum tauchte sie hier auf und veranstaltete dieses Theater?
    Und plötzlich wurde es Rufus klar. Was Coralia da sagte, galt überhaupt nicht ihm. Das sagte sie nur, damit seine Freunde sich von ihm abwandten. Wenn Filine nämlich glaubte, er würde mit Coralia gemeinsame Sache machen, würde sie ihm nicht mehr vertrauen. Und dann hoffte Coralia wohl, dass er sich auf ihre Seite schlagen würde. Sie war wirklich raffiniert.
    »Filine …«, begann Rufus. »Das ist alles nicht so, wie du denkst.«
    »Ach, so? Was denke ich denn?«
    »Das Falsche!«, sagte Rufus. »Ich bin doch nicht mit Coralia befreundet. Im Gegenteil, sie will mich doch nur –«
    Doch ehe er weitersprechen konnte, kamen No, Bent,

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