Das Schiff der Hoffnung
es, als sei sie jetzt, leuchtend in sattem Rotgold, das wahre ›Schiff der Hoffnung‹, ein Traumboot zum ewigen Leben, das durch ein violettes Meer schwimmt zu einer Küste, die kein Sterben mehr kennt.
Während Erika, noch immer die Schwerkranke spielend, mit einer Trage des Schiffes von zwei Matrosen an Bord gebracht wurde und Marion wie eine rührend besorgte Krankenschwester nebenherlief, überwachte Haußmann das Verladen seines Wagens auf das Oberdeck der ›Budva‹ und nahm es klaglos in Kauf, daß zwei Haken des Kranes einen großen Kratzer in den Lack der linken Tür zogen. Dann schwebte der Wagen an Bord, und Haußmann stieg in fast übermütiger Laune über die Gangway auf das Schiff.
»Der Bordarzt ist bereits bei Ihrer Frau«, sagte der I. Offizier der ›Budva‹ zu Karl, als er die Fahrkarten kontrolliert und die Pässe an sich genommen hatte. Haußmann bekam sie erst nach der Landung beim Zoll in Dubrovnik wieder. Es war also ausgeschlossen, ohne Papiere an Land zu kommen.
Haußmann sah den I. Offizier, der ein hartes Deutsch sprach, verblüfft an.
»Sie haben einen Arzt? Hier, auf diesem Schiff?«
»Seit wir bei denn Überfahrten der letzten Zeit ein paar Todesfälle hatten, war das notwendig. Kabine 17 und 18, mein Herr. Erster-Klasse-Deck.«
»Oh! Das gibt es hier auch?«
Der I. Offizier ließ Haußmann wortlos stehen. Alle Verachtung lag darin. Die Deutschen mit ihrer großen Fresse, sollte das heißen. Anstatt daß sie froh sind, überhaupt mitzukönnen …
Haußmann suchte über drei Decks hindurch die Kabinen 17 und 18, bis er sie endlich im Anschluß an die Kommandobrücke fand. Der Arzt war schon wieder gegangen. Marion saß am Bett Erikas und lächelte Haußmann wie um Verzeihung bittend zu. Erika schlief, mit tiefen seufzenden Atemzügen.
»Er hat ihr gleich eine Spritze gegeben«, sagte Marion, als sich Haußmann erschrocken über seine Frau beugte. »Morphium, glaube ich. Was sollte ich machen? Der Arzt versteht kein Wort Deutsch. Und als deine Frau aufspringen wollte, hat er sie zurück aufs Bett gedrückt und schwupp, hatte sie die Spritze weg. Sie ist sofort eingeschlafen. Er muß ihr eine starke Dosis injiziert haben.«
»Das kann ja heiter werden.« Haußmann setzte sich neben die betäubte Erika auf die Bettkante und zog sich den Schlips vom Hals. »Wo ist der Kerl jetzt?«
»Nebenan. Bei dem Engländer. Ich glaube, der stirbt, bevor wir Dubrovnik erreicht haben. Ich konnte vorhin einen Augenblick in die Kabine sehen: Der Mann sieht wirklich wie ein Gerippe aus. Da hilft doch auch kein HTS mehr.«
»Der Glaube vermag viel.« Haußmann trat an das runde Bullauge. Durch das Glas schimmerte das alte Bari. Der jetzt dunkle Abendhimmel über der Stadt war fahl und streifig. Der Widerschein tausender Lampen. »Was wären wir alle, wenn wir die Hoffnung nicht mehr hätten«, sagte Karl leise.
»Das stimmt«, antwortete Marion Gronau. Und ihr Unterton bewies die Doppeldeutigkeit ihrer Worte.
Pünktlich um 23 Uhr gellte die Sirene der ›MS Budva‹. Der Kran rollte vom Kai, die Gangway wurde eingezogen, die Leinen wurden losgeworfen.
Ein Zittern rann durch den Schiffsleib, die alten Dieselmotoren begannen zu stampfen, das Schiff schlingerte etwas in der Dünung, die Schrauben wirbelten das Wasser auf; es war, als ächzte ein alter Mann unter einer schweren Last, die er noch wegtragen mußte. Dann löste sich die ›MS Budva‹ von der Mole und glitt in die Nacht hinaus, auf das finstere Meer, entlang der den Hafen abgrenzenden, langen Außenmole, die flach aus der Adria ragte.
Haußmann stand oben an Deck neben seinem vertäuten Wagen und blickte zur langsam entschwindenden, hellerleuchteten, flimmernden Küste zurück. Marion hockte neben ihm auf einem Seilknäuel und rauchte nervös.
»Das ist aus Rimini geworden«, sagte sie, als Bari nur noch ein heller Strich war.
»Ich wünschte, es hätte Rimini nie gegeben!« Haußmann wandte sich abrupt ab und ging unter Deck.
Das Abendessen auf dem Oberdeck der weißen Jacht war vorzüglich wie immer. Ein livrierter Steward servierte. Claudia erhielt eine besondere Diät, und statt des schweren Weines schimmerte in ihrem Glas ein dunkelroter Traubensaft. Das Schiff machte langsame Fahrt, während sie aßen, und Hellberg konnte nicht mehr feststellen, ob sie sich vom Land entfernten, ihm entgegenfuhren oder parallel mit ihm waren.
Umberto Saluzzo war bester Laune.
Er erzählte Witze. Schwanke aus seinem Leben, die ebenso
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