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Das Schlangenmaul

Titel: Das Schlangenmaul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Fauser
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Kraken kannst du nicht anstinken als jungscher Tintenfisch. Aber du wolltest ja sowieso nach Berlin, das ist ja das Eldorado für Abstauber, und du hattest ja einen Namen, einen alten Bekannten der Familie Scheunemann, einen, der inzwischen hier fast ganz nach oben geklettert ist – Harald F. Myslisch. Ja, wo hat der Mann nicht seine Finger drin, und alle schmutzig. Und dazu noch Stammkunde in den Spezialistenpuffs, ein Bombenticket für jeden cleveren Erpresser. Allererstes Sahnehäubchen, Malzan, das muß man dir lassen – ein Näschen hast du für dieses Gewerbe. Erst die alte Betsy, nur um mal ins Geschäft zu kommen, damit die Scheine schon mal anfangen zu wachsen, die dumme Nuß fällt doch auf jeden Blondschopf herein, der ihr endlich die große Liebe bietet und 50 % Beteiligung an der Kneipe in Banyuls. Tut mir richtig leid für Betsy, ich hätte ihr die Rente in der Sonne gegönnt. Aber dann hast du ja den richtigen Dreh gefunden, den Berlin-Dreh, Kult, Kommunikation, Kunst, als du die verrückte Schlangentante aufgetan hast, Schlangen, damit läßt sich eine Menge machen. Harald F. Myslisch im Pavillon der Lüste – wann soll die ganz groß Sache mit ihm steigen, Malzan? Morgen, hab ich das richtig verstanden? Und wer soll ihm denn diesmal geopfert werden? Nach der Asiaten-Hure kann es ja nur noch aufwärts gehn, was? Ist jetzt die Prinzessin dran, Shiva, die Hohepriesterin? Und was darf Harald denn mit ihr machen, ich meine, Wiederholungen langweilen, nichts ist tödlicher als ein Remake, das in die Hose geht, hab ich recht, Prinz Malzan? Und was wird Harald euch bringen? Die ganze KKK? Das große Asylantengeschäft? Das Weltmonopol für Königskobras? Curry und Ketchup? Die Neuen Medien? Pavillon der Lüste im Werbeblock, und dann der Dauerbrenner: »Das Reich der Mythen‹, mit Prinzessin Shiva und Frau Gewaltlosigkeit? Oder doch am Ende nur: Näher, meine erste Million, zu dir?«
    »Das Mädchen kann nicht mehr lange«, sagte Malzan. Auch er war schon heiser.
    »Dann geht ihr es so wie mir«, sagte ich. »Ich kann auch nicht mehr lange. Mir reicht es bis oben hin, Malzan, mit diesem stinkenden Brei, den du aufgerührt hast. Ich werde das Mädchen jetzt nach Hause bringen, und morgen bekommt die Kripo die Tonbänder.«
    »Tonbänder?«
    Ich zeigte ihm das Gerät. »Ich dachte, das wüßtest du. Hat mir Jade geliehen.«
    Ich steckte es wieder in die Tasche. Das Mädchen war nach vorn gesunken, und die Schlange richtete sich immer höher auf.
    »Wer hat Nuchali gekillt, Malzan?«
    »Paß auf, Shiva!«
    »Den Namen, Malzan.«
    In diesem Augenblick drückte jemand einen spitzen Gegenstand oberhalb der Gürtels in meinen Rücken, und der, der die heiserste Stimme von uns allen hatte, flüsterte: »Wirf die Knarre weg, Harder. Die Serie ist zu Ende.«

36
    Ich ließ mich fallen und stieß im Fallen dem Zwerg die Beine weg, und der Schuß aus der Walther, der sich dabei löste, war ungefähr so laut wie die Trompete von Jericho, aber der Schrei, den ich dann hörte, hätte einen Toten wecken können.
    Malzan hatte nach der Waffe gegriffen, die ich in Richtung der Schlange geworfen hatte.
    Mit geschwollenem Schild pendelte die Kobra, zu majestätischer Größe aufgerichtet.
    Malzan lag am Boden und starrte auf seine Hand.
    Die Kobra hatte zugebissen.
    »Ein tödlicher Fehler«, flüsterte ich. »Oder wolltest du mich umbringen, Malzan?«
    Das Mädchen riß sich die Maske vom Gesicht.
    »Paß auf, Shiva!« schrie Albin, der, das Messer in der ausgestreckten Hand, über den Teppich auf die Kobra zurobbte. Und auf die Kanone.
    Dann sah ich, daß noch etwas in Bewegung war außer dem Zwerg und der Schlange – der Schuß hatte einen Kandelaber getroffen, der an die Wand unter dem Fenster gekippt war. Die Flammen der Kerzen züngelten schon im Vorhang. Aber ein bißchen Feuer war nichts, was Albin beunruhigte. Seine ganze Sorge galt der Schlange.
    Und nicht Malzan.
    »Mach«, flüsterte Malzan. »Mach sie tot, Albin.«
    Albin dachte nicht daran. Er griff in sein Jackett, und etwas Dunkles flitzte über den Teppich. Die Kobra duckte sich, nahm Witterung auf.
    Ich warf mich im gleichen Augenblick neben Albin, als Indra die relative Sicherheit ihres Korbs mit der relativen Aussicht auf ein besseres Nachtmahl als Aal natur vertauschte, und als ich aufblickte, starrte ich in den Lauf der Walther. Die Kanone war sehr groß in der Hand des Mädchens, und die Hand zitterte, aber auf die Entfernung von einem Meter hätte

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