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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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die Tochter des Försters?«, erkundigte sich Lion. »Oder ein Girlscout? Aber wir jagen nicht und haben doch überhaupt nichts Verbotenes gemacht...«
    »Bleib stehen, wo du bist!«, schrie das Mädchen. Sie bewegte ihren Kopf, als ob sie ihre Haare nach hinten werfen wollte, doch ihre Frisur war ganz kurz, fast wie bei einem Jungen. Sie hatte sicherlich erst vor Kurzem die Haare geschnitten und sich noch nicht daran gewöhnt. »Wie heißt ihr? Woher kommt ihr? Was macht ihr hier?«
    »Dir werde ich überhaupt nicht antworten!«, empörte sich Lion. »Dumme Pute! Nimm dein Spielzeug weg!«
    Ein kurzer Armbrustpfeil pfiff an seinem Ohr vorbei. Bevor wir richtig zu uns kamen, legte das Mädchen einen neuen Pfeil in die Armbrust ein und spannte sie wieder.
    »Schrei nicht herum. Wie heißt ihr?«
    »Er heißt Lion, ich heiße Tikkirej«, erwiderte ich schnell. Lion verstummte und hörte auf, die Fronten zu klären. »Können wir vielleicht herauskommen? Das Wasser ist kalt.«
    »Kommt raus«, erlaubte das Mädchen und trat einen Schritt zurück.
    »Dreh dich um«, bat ich. »Es ist uns peinlich.«
    Das Mädchen spottete jedoch lediglich: »Tut nicht so als ob, ihr seid nicht nackt, kommt jetzt raus.«
    Mit der Fußspitze warf sie unsere Kleidung näher zum Wasser.
    Wir gingen zum Ufer und fühlten uns wie totale Idioten, halbnackt vor einem Mädchen mit einer Armbrust zu stehen, das einen verhört! Und dazu noch so genau zielen kann...
    »Wir werden ja sehen...«, murmelte Lion undeutlich, aber drohend, als er seine Jeans nahm. Aus dem Gleichgewicht gebracht hob er seine Augen zu unserem Quälgeist. »Was ist, sollen wir uns nass anziehen? Komm, dreh dich um, hab Verständnis!«
    »Ich kann mich schon umdrehen«, lächelte das Mädchen zuckersüß, »aber schämt ihr euch nicht vor den anderen?«
    »Vor welchen anderen?« Lion drehte den Kopf.
    Das Mädchen pfiff laut durch zwei Finger und im selben Augenblick erschienen die »anderen« aus den Sträuchern!
    Mindestens ein Dutzend Mädchen! Was heißt hier ein Dutzend – es waren zwei Dutzend. Die Jüngste vielleicht zehn, die Älteste vierzehn Jahre alt. Alle waren in Khaki gekleidet und mit grüner Farbe beschmiert. Alle waren mit einer Armbrust bewaffnet. Sie sahen uns schadenfroh und ohne jedes Mitgefühl an.
    Lion zog schweigend seine Jeans über die nasse Unterhose und nahm seine Jacke.

Kapitel 2
    Wir gingen zu dritt. Das Mädchen lief voran, wir folgten. Die anderen Amazonen verschwanden wieder im Wald, nur ab und zu, wenn ich meinen Kopf bewegte, konnte ich eine leichte Bewegung sehen.
    »Wie heißt du?«, fragte ich nach etwa fünf Minuten, als mir klar war, dass das Mädchen kein Gespräch mit uns anfangen würde. »Es ist doch unpraktisch ohne Namen!«
    »Natascha«, antwortete das Mädchen.
    »Wo gehen wir hin?«
    »Das wirst du schon sehen!«
    Lion und ich schauten uns an. Da war nichts zu machen!
    Ich fuhr mit der Hand am Gürtel entlang. Um das Schlangenschwert herauszureißen, benötigte ich einige Sekunden... Und dann? Ich würde das Mädchen entwaffnen, obwohl es mir unangenehm wäre, sie außer Gefecht zu setzen. Und die anderen? Wenn die uns dann aus allen Richtungen mit ihren Armbrüsten beschießen würden? Ich bin ja kein Phag, der die Bolzen im Flug abfangen könnte!
    »Hör mal, was habt ihr eigentlich gegen uns?«, wollte ich wissen. »Wem haben wir denn etwas getan? Darf man hier etwa nicht baden? Oder ist das Privatbesitz? Das wussten wir nicht, wir haben uns ganz einfach verirrt!«
    »Schon seit einiger Zeit«, nuschelte Lion.
    »Schon seit langem?«, zeigte Natascha plötzlich Interesse.
    »Seit über einem Monat!«
    »Ihr lügt. In eurer Hütte hat niemand auch nur ein einziges Mal übernachtet, ihr habt sie gerade erst gebaut... Und das eher schlecht als recht!«
    Das »eher schlecht als recht« traf mich sehr, ich zeigte es aber nicht. »Früher waren wir an einem anderen See. Aber dort gab es keine Fische mehr und die Nüsse hatten wir auch alle abgeerntet. Deshalb haben wir beschlossen umzuziehen.«
    »Wieso? Wie, ihr habt es nicht geschafft in einem Monat wieder in die Zivilisation zu kommen? Dafür muss man ja besonders blöd sein!«
    »Wir haben Angst...«, murmelte ich.
    »Wie bitte?«, Natascha stoppte und schaute uns an.
    »Wisst ihr das denn nicht selbst?«, erwiderte Lion aggressiv. »Seid ihr denn total verblödet? Mit den Leuten hier ist irgendetwas passiert! Sie sind alle eingeschlafen! Bestimmt ist der Planet angegriffen

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