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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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worden! Wir sind sofort weggelaufen, wir waren die Einzigen, die nicht eingeschlafen sind...«
    »Und ihr wart so erschrocken, dass ihr einen ganzen Monat über nichts herausgekriegt habt?«, rief Natascha. »Und lebt seitdem im Wald?«
    Lion und ich verstummten. Wenn wir auch nur so taten, als ob, es war trotzdem peinlich.
    »Jüngelchen...«, sagte Natascha verächtlich. »Es wird zu Recht behauptet, dass man von einem einzigen Mädchen mehr erwarten kann als von einem Dutzend Jungen.«
    »Und wer sagt so etwas?«, ereiferte sich Lion.
    Natascha schnaubte. »Tja... Das sagt jemand, der sich damit auskennt.«
    »Man könnte annehmen, dass ihr nicht erschrocken wart?«, wollte Lion wissen. »Ihr versteckt euch hier wohl nicht, spielt Partisanen und kämpft gegen Inej?«
    Nataschas Augen schauten böse und zeigten ihren Verdacht.
    »Gegen Inej? Und woher wisst ihr, dass es Inej ist? Wenn ihr doch angeblich sofort weggelaufen seid?«
    Ich konnte mich mit Mühe und Not beherrschen, Lion nicht eine runterzuhauen.
    Er verbesserte sich aber selbstbewusst: »Zuerst sind wir mit dem Auto gefahren. Dort gab es einen Fernsehapparat, wir haben gesehen, wie der Sultan eine Rede hielt. Er sprach davon, dass wir uns Inej anschließen. Das ist sicherlich irgendeine Waffe. Alle haben eine Gehirnwäsche erhalten, sind jetzt wie Zombies, und bei uns hat es offensichtlich nicht funktioniert...«
    »Wir werden ja sehen, ob ihr Zombies seid oder nicht...«, Natascha winkte ab. »Geht voran.«
    Und so liefen wir noch zwei Stunden, kamen an einem Dutzend winziger Seen vorbei, kämpften uns durch sumpfiges Gelände (hier kamen auch die anderen Mädchen näher heran und bemühten sich bei uns zu bleiben), bis wir endlich das hügelige Bergvorland erreichten.
    Auf den Anhöhen standen dichte Büsche, die Hänge waren kahl, dort wuchs kaum Gras. Natascha sah sich vorsichtig um, so, als ob sie einen Hinterhalt erwarten würde. Es war jedoch niemand zu sehen, lediglich die Vögel lärmten auf den Bäumen. Jeden Abend flogen die Meisen aus dem Wald zum Charitonow-Rücken.
    »Habt ihr Angst?«, giftete ich. Natascha schaute mich verächtlich an und zischte durch ihre Zähne:
    »Ich bin vorsichtig... Maria!«
    Eines der Mädchen lief zu ihr.
    »Wann öffnet sich ein Fenster?«, erkundigte sich Natascha.
    Maria warf uns einen kurzen Blick zu und holte aus ihrer Jackentasche einen Pocket-PC. Sie schaute auf den Bildschirm: »In siebzehn Minuten gibt es ein Fenster für vier Minuten...«
    »Das reicht nicht.«
    »In zweiundvierzig Minuten öffnet sich ein Fenster für neun Minuten.«
    »Das geht.«
    Natascha schaute mich an:
    »Könnt ihr rennen?«
    »Ähm... Na klar!«
    »In vierzig Minuten verschwinden über uns die Satelliten für visuelle Aufklärung«, erklärte Natascha. »Die Satelliten für Energiekontrolle können uns nicht orten.«
    Deshalb verwendeten sie also diese primitiven Waffen! Ich nickte.
    »In neun Minuten müssen wir es bis dort hoch schaffen...« Natascha zeigte auf eine Hecke, die den nächsten Hügel umgrenzte. »Wenn ihr zurückbleibt, erschieße ich euch! Ehrenwort!«
    Ich glaubte ihr.
    Lion auch. Das war ganz und gar nicht einfach!
    Warum hatte ich nur gedacht, dass wir mit Leichtigkeit die Hecke erreichen würden? Ich konnte immer gut rennen, und in neun Minuten kann man sonst wohin laufen. Ich hatte nur nicht berücksichtigt, dass man den Hang hinaufmusste.
    Steine, unscheinbare kleine Sträucher, Löcher – all das kam uns wie bestellt unter die Füße. Gleich am Anfang fielen Lion und ich zurück. Und die Mädchen überholten uns allesamt! Woher nahmen sie nur diese Energie?
    Lediglich Natascha und noch ein anderes Mädchen hielten sich hinter unserem Rücken, die Armbrust schussbereit. Und sie fluchten dermaßen, dass man sie auf einem anständigen Planeten sofort in eine geschlossene Anstalt zur Besserung und Umerziehung gesteckt hätte. Obwohl Lion und ich unsere letzten Reserven mobilisierten, war es in erster Linie peinlich, schwächer als die Mädchen zu sein. Und jetzt drohten sie uns auch noch an, einen Pfeil »an die Stelle, wo es am meisten stört« zu jagen, wenn wir auch nur stolperten.
    Wir schafften es.
    Wir schafften es, nachdem alle Mädchen mit Ausnahme unserer Begleitung, schon die Hecke erreicht und die Armbrust auf uns gerichtet hatten. Wir schnappten nach Luft, konnten unsere Beine kaum noch heben und fielen unter die Bäume. Die erbarmungslosen Wächterinnen, die nicht einmal schnell atmeten,

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