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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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wieder an zu lachen.
    Ich nahm einen Schluck Milch, nachdem ich sicherheitshalber mit meinem Ärmel den Flaschenhals abgerieben hatte. Nicht etwa, weil ich mich vor Lion ekelte, sondern weil die Flasche an sich einen schmuddeligen Eindruck machte.
    Die Milch schmeckte himmlisch! Erstaunlich gut, dickflüssig und irgendwie... irgendwie wie etwas längst Verschollenes, aber im Traum Präsentes.
    »Na also!«, rief der Fahrer aus. »Habt ihr den Unterschied geschmeckt? Die ist nicht aus Erdöl und Sägespänen, die ist von der Kuh.«
    Ich schluckte erschrocken, aber erstaunlicherweise ekelte ich mich nicht. Es klappte sowieso alles gut. Wir hatten uns umsonst verrückt gemacht, die Menschen auf Neu-Kuweit waren völlig normal, kein bisschen schlechter als die auf dem Avalon. Oder gehörte der Fahrer vielleicht nicht zu den Zombies? Ich schaute aus den Augenwinkeln auf seine Stirn – sein Neuroshunt war moderner als meiner, ein ›Jamamoto-Profi‹ mit Funkaufsatz. Dann ist es unwahrscheinlich.
    »In der Stadt setze ich euch schon am Stadtrand ab«, sagte der Fahrer entschuldigend. »Ich darf mit diesem Nilpferd von einem Auto nicht auf die Hauptstraßen, nur in die Fabrik und in die Garage.«
    »Wir steigen noch vor der Stadt aus«, erwiderte Lion, »neben dem Motel, in der Nähe des Kosmodroms. Dort ist Papa... arbeitet mein Papa. Und die Milch hat hervorragend geschmeckt. Danke!«
    Der Fahrer nickte und sagte unerwartet nachdrücklich: »Danke musst du nicht mir sagen, mein Junge!«
    »Danke der Herrscherin!«, antwortete Lion sofort mit einer veränderten Stimme. »Aber Dank auch an Sie, Onkelchen.«
    »Oje, sie haben das Imperium ganz nach unten gewirtschaftet«, seufzte der Fahrer. »Wir essen Synthetik, haben unseren Stolz verloren, wissen nichts mehr von der Liebe. Wenn es Inej nicht geben würde...«
    Er veränderte sich kein bisschen bei diesen Worten. Er blieb derselbe gutmütige und noble Mensch, der gern fremde Jungs mitnahm und sie sogar noch mit seinem duftenden Brot und der guten Milch bewirtete. Aber in meinen Ohren schienen Alarmglocken zu läuten. Auch Lion sah konzentriert und unruhig aus.
    »Was glauben Sie, Onkelchen, wird das Imperium gegen uns kämpfen?«, wollte Lion wissen.
    Beim Fahrer traten die Backenmuskeln hervor.
    »Es sieht ganz danach aus«, sagte er leicht dahin. »Macht ihr euch aber darüber keine Gedanken, Jungs. Ihr müsst lernen.«
    »Wir lernen ja«, erwiderte Lion zustimmend. »Aber wir sorgen uns um die Herrscherin. Wenn es nötig ist, sind wir bereit zum Kampf!«
    Der Fahrer hielt das Lenkrad mit einer Hand und streichelte Lion mit der anderen über den Kopf.
    »Ach, ihr Jungs...«, sagte er mit trauriger Stimme. »Was denkt sich nur der Imperator? Warum lässt er uns nicht einfach in Ruhe leben? Habt ihr davon gehört? Von der Schießerei?«
    »War das, als... eine Samum abgefeuert wurde?«, fragte ich frech, weil ich mich an den Bericht Semetzkis erinnerte.
    Der Fahrer nickte: »Mit einer Samum... Das muss man sich mal vorstellen... Jedes Kind weiß das... Meine Tochter ist in diese Schule gegangen.«
    Lions Augen sahen aus wie ein alter Neuroshunt – rund und groß. Ich erstarrte ebenfalls. Hatten etwa »Die Schrecklichen« so schlecht gezielt, dass sie eine Schule gesprengt hatten? Mit Kindern?
    »Jetzt lernen sie zu Hause«, fuhr der Fahrer währenddessen fort. »Dank der Herrscherin, dass der Beschuss in der Nacht stattfand... Ist eure Schule nicht zerbombt worden?«
    »Das ist sie«, erwiderte Lion überraschend.
    Der Kraftfahrer nickte: »Zehn Schulen! Dass sie sich nicht schämen, diese Ungeheuer. Was wird es das nächste Mal sein? Ob sie vielleicht ein Krankenhaus in die Luft jagen oder das Vieh vergiften? Gestern kam eine Gesandtschaft an...«
    Er verstummte.
    »Ja und?«, wollte ich wissen. »Wir haben nichts davon gehört.«
    Der Fahrer holte tief Luft: »Tja, was soll man dazu sagen... Während die Herrscherin mit dem Botschafter verhandelte, gingen seine Bodyguards in die Stadt. Und dort wurde einer gefasst, wie er Bakterien ins Trinkwasserreservoir schüttete!«
    »Was?«, wunderte ich mich.
    »Ein Anschlag wurde vorbereitet, mein Junge!« Das Gesicht der Fahrers war erneut angespannt. »Dieser Mörder, der Attentäter, war ein Phag und kein Bodyguard. Er wollte unsere Wasserleitungen mit Beulenpest infizieren. Damit die gesamte Hauptstadt entvölkert wird. Frauen, Kinder und Alte.«
    »Ist er gefasst worden?«, fragte ich und vor meinen Augen erschien das

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