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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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holen...«
    Wir versprachen ihm natürlich, uns anzustrengen. Er lobte uns dafür, glaubte jedoch kein Wort.
    Im ›Spross‹ versuchte niemand, uns eine »Begrüßung« zu organisieren, obwohl sich einige der Jungs sichtlich gerne prügelten. Es stellte sich aber heraus, dass die Hirnamputierten eine Schlägerei schon für etwas Unrichtiges, etwas Ungutes hielten. Im privilegierten College Pelach war das anders. Dort galt eine Schlägerei mit Neuankömmlingen als Norm, wie im Film. Wenn jedoch hier normale Rowdys eine Schlägerei anfingen, warfen sich alle Hirnamputierten gemeinsam auf sie. Mit glasigen Augen und einer derartigen Wut, als ob sie bereit wären, sich auf Leben und Tod zu schlagen.
    Vielleicht waren sie auch wirklich dazu bereit.
    Dafür gab es eine Menge Gemeinheiten, bei denen die Hirnamputierten nicht wussten, wie sie reagieren sollten. Zum Beispiel konnte man ein Spiel verlieren und deshalb für eine bestimmte Zeit der Diener des Gewinners werden. Die Diener hatten jeden beliebigen Wunsch ihres Herrn auszuführen: Einige liebten es, zum Beispiel, dass ihnen vor dem Schlaf die Fußsohlen gekitzelt oder interessante Geschichten erzählt wurden. Fast alle jüngeren und schwächeren Kinder waren Diener. Die Hirnamputierten selbst hatten keine Diener, mischten sich aber bei den anderen nicht ein.
    Uns versuchte man ebenfalls damit zu kommen. »Kommt, wir spielen...«
    Aber Natascha hatte uns vorgewarnt, was im Heim abging, und wir lehnten ab. Niemand beharrte auf diesem Wunsch – wir waren zu zweit, und uns war klar, dass die Hirnamputierten bei einer Schlägerei auf unserer Seite stehen würden.
    Also lernten wir, genauer, wir taten so, als ob wir lernen würden, denn alle Lernprogramme hier waren viel zu leicht, und versuchten uns von allem fernzuhalten. Wir wollten nicht auffallen. Wir warteten. Wir hatten einen ein- bis zweiwöchigen Aufenthalt im ›Spross‹ eingeplant, um danach woandershin zu gehen. Natascha meinte, dass es für uns das Beste wäre, in eine andere Stadt zu gehen.
    Der Aufenthalt hier war unproblematisch, obwohl das Essen nicht besonders war und wir uns langweilten. Dafür kümmerte sich niemand um uns. Die Erzieher verteilten Aufgaben und nahmen die Resultate der Tests entgegen, der Wächter schritt manchmal faul durch das Gelände, meistens saß er in seinem Zimmerchen oder war in der Turnhalle. Der Psychologe kam überhaupt nicht aus seinem Kabinett heraus, schaute sich dort irgendwelche virtuellen Serien über den Shunt an, und wenn sich jemand an ihn wandte, schien er so unglücklich, als ob er dazu gezwungen wäre, im Steinbruch zu arbeiten.
    Nur dass es hier so furchtbar langweilig war...
    Am Abend des dritten Tages wäre ich vor Langeweile am liebsten die Wände hochgegangen. Lion ging in die Turnhalle, um etwas an den Fitnessgeräten zu machen, und ich saß im Klassenraum und spielte Tetris. Ich hätte lieber Schach oder etwas Anspruchsvolleres gespielt, aber vielleicht wurden die Computer kontrolliert? Dann hätte ich verraten, dass ich gar kein so großer Dummkopf bin, wie ich es eigentlich sein müsste. Tetris dagegen erfordert lediglich Konzentration und dreidimensionales Denken, Tetris kann man auch gut spielen, wenn im Kopf völlige Leere herrscht.
    Der Klassenraum war für zwanzig Schüler groß. Die Wände waren mit Graffiti beschmiert, aber darauf achtete hier niemand. An der Decke leuchteten billige »Sonnenlampen«, die ganz wie die Erdsonne scheinen und deshalb die Stimmung aufhellen sollten. Aber wenn draußen dunkle Nacht war, machten diese Lampen nur noch depressiver. Besonders, wenn im Klassenraum niemand weiter war.
    Lediglich am Nachbartisch saß Herbert vor seinem Computer, ein dicker und sommersprossiger Junge, ein oder zwei Jahre älter als ich.
    Herbert gehörte zu den Hirnamputierten und war bestrebt, so gut wie nur möglich zu lernen. Aber durch diesen Eifer wurde es für ihn nur noch schlechter – er hätte mit den einfachsten Aufgaben beginnen müssen, versuchte jedoch das, was seinem Alter entsprach. Ich schaute kurz auf seinen Bildschirm und bemerkte, dass er durchaus nicht dumm war. Er war nur niemals richtig zur Schule gegangen. Sein Vater war ein Trapper, der seltene und teure Tiere in der Wildnis fing. Herbert hätte am besten bei seinem Vater bleiben sollen, wozu brauchte er denn Trigonometrie und Physik? Aber als Herbert nach der Invasion wieder aufwachte, strebte er selbst in die Schule. So versuchte er gerade, die Funktionsweise

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