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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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gerettet«, begann ich. »Obwohl er das gar nicht hätte tun sollen. Sag mir, wenn deinem Großvater ein Unglück zustieße, würdest du ihn retten?«
    »Er ist doch mein Opa...«
    »Na und? Dafür ist er alt und invalide. Du bist viel wertvoller für die Gesellschaft, warum solltest du wegen des Großvaters ein Risiko eingehen und dir Sorgen machen?«
    »Aber ich mache mir keine Sorgen um ihn!«
    »Ach! Aber heute Morgen hast du angerufen, um Neuigkeiten zu erfahren.«
    Natascha verstummte. Dann sagte sie: »Aber das ist doch nicht richtig. Dass ich mir um Opa Sorgen mache und du dir um Stasj.«
    »Weißt du, ich glaube, gerade das ist richtig«, erwiderte ich.
    Natascha nahm meine Hand und meinte: »Du bist ziemlich eigenartig, Tikkirej. Sei nicht beleidigt. Manchmal scheint mir, dass du lediglich ein dummer und feiger Junge bist, der zufällig mit gefährlichen Dingen in Berührung gekommen ist. Und dann wieder denke ich, dass du im Gegenteil viel klüger und mutiger bist als wir alle zusammen.«
    »Und was glaubst du jetzt?«, erkundigte ich mich neugierig.
    »Dass uns kalt ist und wir uns erkälten werden!« Natascha sprang auf und zog mich von der Bank. »Komm! Lion denkt bestimmt schon sonst was!« Lion wunderte sich über gar nichts. Im Gemeinschaftsschlafsaal konnten wir uns natürlich nicht unterhalten, deshalb weckte ich ihn in der Nacht und wir gingen zu den Sanitäranlagen. Das ist so eine Mischung aus Dusche und Toilette – ein riesiger Raum, in dem sich an einer Wand die Toilettenboxen, an der zweiten die Waschbecken und an der dritten die Duschköpfe aufreihten. Mir war unklar, warum alles zusammen installiert war, ganz wie auf einem alten Kriegsschiff. Frühmorgens gab es hier ein fürchterliches Gedränge.
    Schnell überprüfte ich die Kabinen, niemand war hier. Wir gingen zum Fenster und ich berichtete Lion vom Besuch Ellis und von unserer Aufgabe.
    »Das habe ich mir gedacht«, äußerte Lion sofort. »Noch auf dem Avalon.«
    »Was hast du dir gedacht?«
    »Warum wohl haben uns die Phagen nach Neu-Kuweit geschickt? Das ist teuer und überhaupt... welchen Nutzen versprechen sie sich von uns?«
    »Aber sie haben uns hierhergeschickt.«
    »Eben deswegen haben sie uns hergeschickt. Wir sind austauschbare Agenten.«
    »Wie das?«, erkundigte ich mich vorsichtig.
    »Ich habe im Traum davon erfahren. Ein austauschbarer Agent ist ein normaler Mensch, der ein wenig vorbereitet wird und einen besonders gefährlichen Auftrag erhält. Einen, von dem man nicht zurückkehrt. Die Phagen wussten, dass jemand daran glauben muss... genau dafür sind wir da.«
    Lion war sehr ernst. Er saß auf dem Fensterbrett und hielt seinen Vortrag, ich stand vor ihm und hörte zu.
    »Warum gerade wir? Wieso?«
    »Ha! Das versteht doch jedes Kind! Wir sind von hier, aus Neu-Kuweit! Niemand kann auf die Idee kommen, dass wir Agenten des Imperiums wären. Es gibt keine Beweise.«
    »Die Peitsche«, widersprach ich unsicher.
    »Wohl kaum... vielleicht hast du sie von Stasj genommen.«
    »Stasj hätte es nicht zugelassen, dass wir in den sicheren Tod geschickt werden«, konstatierte ich. »Niemals!«
    Lion zuckte mit den Schultern:
    »Vielleicht. Aber woher willst du wissen, dass er die ganze Wahrheit kannte? Er ist ein Phag. Das ist strenger als Armee oder Polizei. Das bedeutet nicht einfach Disziplin, sein Gehirn ist darauf ausgerichtet, dass er verpflichtet ist, Befehlen zu gehorchen. Sogar wenn Stasj etwas Verdächtiges bemerkt hätte, was hätte es geändert?«
    Ich erinnerte mich daran, wie sich Stasj von uns verabschiedet hatte. Traurigkeit überwältigte mich.
    Er hatte wirklich etwas geahnt. Es passte ihm nicht, dass wir nach Neu-Kuweit geschickt wurden. Es gefiel ihm nicht, aber er konnte mit dem Rat der Phagen nicht darüber diskutieren.
    »Was sollen wir denn nun machen?«, fragte ich. Lion hatte wirklich alles äußerst schlüssig dargelegt.
    »Den Auftrag ausführen«, meinte Lion.
    »Aber...«
    »Was können wir denn anderes machen?« Lion lachte auf. »Sollten wir uns hier verstecken? Sie finden uns so oder so. Oder die Raumflotte beginnt mit der Bombardierung des Planeten und Schluss... Da ist es schon besser, den Auftrag zu erfüllen. Dann haben wir zumindest eine winzige Chance. Und um gleichzeitig gegen Inej und gegen die Phagen anzutreten, muss man schon ein kompletter Idiot sein!« Er dachte nach und ergänzte bedauernd: »Was mussten wir auch unmittelbar auf den Köpfen der Mädchen landen! Wir könnten immer

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