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Das Schlangenschwert

Das Schlangenschwert

Titel: Das Schlangenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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gäbe, auf den Stasj keine Antwort hatte. Und Stasj fing an, alles aufs Neue zu bedenken...
    »Stasj«, sagte ich, »wenn ich wirklich so schuldig bin, dann sollen sie mich ruhig bestrafen. Aber mich nicht zum Karijer zurückschicken, wäre das möglich?«
    »Ich habe dir mein Wort gegeben«, erwiderte Stasj. Er sah mich eindringlich an und ergänzte: »Du bist ein sehr verständiger Junge, Tikkirej. Wenn ich nicht an dich glauben würde, dann hätte ich beschlossen, dass du ein sehr gut ausgebildeter Agent wärst.«
    »Gibt es etwa Kinderagenten?«, wollte ich wissen.
    »Und ob!«, erwiderte Stasj. »Ich selbst arbeite seit meinem zehnten Lebensjahr.«
    »Ich bin aber kein Agent«, stellte ich für alle Fälle fest. »Ich bin Tikkirej vom Karijer.«
    »Ich habe doch gesagt, dass ich dir glaube«, antwortete Stasj sanft.
    Endlich hielt der Fahrstuhl und wir stiegen aus in einen großen und leeren Saal. In seinem Zentrum befand sich ein Wasserbecken mit Springbrunnen, das mit orangefarbenen Gräsern zugewachsen war. Die Springbrunnenfigur erwies sich als Mädchen mit einem Krug in den Händen, aus dem sich das Wasser ergoss. Die Bronzestatue war alt, voller Grünspan, mit Moos und Gräsern bedeckt.
    Ich setzte mich auf den Rand des Bassins und planschte mit meinen Händen im Wasser. Fische gab es nicht, obwohl mir das sehr gefallen hätte. Das Wasser an sich war trübe, als ob die Filter im Springbrunnen schlecht funktionieren würden.
    Stasj wies mit einer Geste auf die bequemen Sessel an der Wand unter den falschen Fenstern. Die Fenster zeigten den Blick auf die Stadt vom Dach eines Hochhauses aus, ich war aber trotzdem davon überzeugt, dass wir uns unter der Erde befanden.
    »Wartet hier, Kinder.«
    »Lange?«, fragte ich.
    »Wenn ich es wüsste, hätte ich konkretisiert, wie lange zu warten ist«, klärte uns Stasj auf. »Und geht nirgendwohin!«
    In der gegenüberliegenden Wand des Saals befand sich eine weitere Fahrstuhltür. Stasj holte den Fahrstuhl und verschwand.
    »Hier hätte man zumindest eine Bar einrichten können«, meinte Lion beleidigt. »Dann hätten wir uns mit einem Highball Mut antrinken können.«
    »Womit?«, äußerte ich mein Unverständnis.
    »Highball. Tja, das ist ein Getränk. Aus Gin Tonic oder Wodka mit Martini.«
    »Aha. Das hättest du wohl gern.«
    »Übrigens, ich mag Wodka mit Martini«, sagte Lion.
    Er machte es sich im Sessel bequem und legte seine Beine auf die Lehne. Er schaute auf das falsche Fenster, schnaufte verächtlich, fand den Schalter und löschte das Bild.
    »Das kommt aus den Träumen«, erriet ich.
    »Stimmt! Und in der Armee haben wir Wodka bekommen. An Feiertagen Whisky.«
    »Na, dann kannst du ja auch im Traum deinen Highball bestellen. Auf dem Avalon ist es nicht üblich, dass Jugendliche Alkohol trinken.«
    »Das macht nichts. Wenn ich nicht sofort auseinandergenommen werde, gehe ich in die Bar und betrinke mich«, meinte Lion.
    Endlich fiel bei mir der Groschen, dass er sich nur lustig machte.
    Sich einen Spaß mit mir erlaubte.
    Weil er selbst Angst hatte, mehr Angst als ich.
    »Und warum hast du gegen das Imperium gekämpft?«, wollte ich wissen. »Im Traum?«
    Lion wehrte ab, als ob er auf diese Frage vorbereitet wäre: »Weil das Imperium ein Überbleibsel überholter Entwicklungsstufen der Menschheit verkörpert. Die Konzentration der Macht in den Händen eines Menschen führt zu Stillstand und Stagnation, zu Misswirtschaft und sozialer Instabilität.«
    »Also wie, zum Stillstand oder zur Instabilität?«, entgegnete ich.
    »Zum Stillstand in der Entwicklung der Menschheit, aber zur Instabilität im sozialen Leben«, parierte Lion. »Für dich ein einfaches Beispiel:
    Als die Menschen auf die Außerirdischen trafen, hatten diese bereits die besten Stücke des Kosmos untereinander aufgeteilt und die Entwicklung des Imperiums stockte. Es war notwendig, sehr schlechte und lebensfeindliche Planeten wie deinen Karijer für die Menschen umzugestalten. Niemand machte auch nur den Versuch, die Fremden von den von ihnen besetzten Planeten zu vertreiben.«
    »Aber das bedeutet doch Krieg, Lion!«
    »Nicht zwingend. Krieg – das ist ein Extremfall der Lösung von Widersprüchen. Es ist immer möglich, ihn durch ökonomische, politische oder besondere Maßnahmen zu vermeiden.«
    »Denkst du wirklich so?« Ich setzte mich in den Nachbarsessel. Lion starrte mich eine Sekunde lang an, lächelte rätselhaft und sagte dann ernsthaft: »Ich denke gar nichts. So wurde es

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